Aladin El Mafaalani Integrationsparadox (1)

Aladin El-Mafaalani – Das Integrationsparadox: Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt – Review

Der Soziologe Aladin El-Mafaalani hat sein Buch “Das Integrationsparadox: Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt” aktualisiert und erweitert. Erschreckend leicht verständlich erklärt er den LeserInnen die Ursachen für die wohl am lautesten geführte Debatte über die Integration, deren angebliches Scheitern zu allem Übel führt. Aladin El-Mafaalani stellt offensiv in Frage, was das Ziel von Integration ist und lässt das bisher in Aussicht gestellte Ergebnis von purer Einigkeit schon fast blauäugig erscheinen. Man rast motiviert durch die knapp 300 Seiten, weil er es schafft das Thema mit Optimus zu befüllen, ohne missionarisch zu sein.

Die Blickrichtung ändern

Man muss weder sonderlich politisch bewandert, noch geschichtlich gebildet sein, um “Das Integrationsparadox: Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt” von Aladin El-Mafaalani zu verstehen. Denn er konzentriert sich auf den Kern der Sache, nämlich die Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen. Kinderleichte Beispiel für das menschliche Verhalten oder das kritische Hinterfragen von unterschiedlichen Auslegungen und Begrifflichkeiten wie bspw. Fluchthelfer im Zusammenhang mit der DDR oder Schleuserbanden im Zusammenhang mit der Rettung über das Mittelmeer, heben so manchen Schleier, dessen Existenz einem bis dahin gar nicht bewusst war.

Aladin El-Mafaalani schafft es weder belehrend zu sein, noch zu suggerieren, dass er eine allgemeingültige Lösung hätte. Die gibt es nämlich nicht. Den Optimismus jubelt er den LeserInnen eher nebenbei unter. Er nimmt die Schärfe aus der Diskussion und man bekommt gar nicht den Eindruck, dass er für eine bestimmte Position argumentiert, sondern lediglich soziologische Fakten und einige hilfreiche Zahlen einbringt. Auch die Praxisbeispiel aus seiner Zeit als Lehrer, sind sehr erhellend.

Es ist bunt und laut am Tisch

Um wirklich alle abzuholen, benutzt er in “Das Integrationsparadox: Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt” die Tischmetapher. Der Tisch symbolisiert alle Güter und Privilegien, ein Sitzplatz dort ist kostbar und die Möglichkeit zur Mitgestaltung das größte Ziel. Aladin El-Mafaalani macht klar, dass immer mehr Menschen an diesem Tisch sitzen möchten und nach einem Stück Kuchen verlangen. Aber vor allem macht er auch klar, dass gerade im Vergleich zu bspw. den Sechzigerjahren auch deutlich mehr Menschen am Tisch sitzen und mitdiskutieren, was zu ebendiesen Konflikten führt.

Konstruktiver Beitrag

Erhöhte Teilhabe oder das Benennen von bisher unsichtbaren Gruppen wie den “alten, weißen Männern” bringen eben Feuer in die Diskussion. Dass die Gespräche überhaupt stattfinden, ist aber ein großer Gewinn. Und gerade auf die unterschiedlichen Verläufe von mehreren Einwanderergenerationen lässt sich diese Metapher sehr gut anwenden. Ein Buch, das viele Impulse setzt und mit Realismus die negative Tendenz aus dem Thema nimmt, ohne Tickets in Lilalauneland auszustellen. Wahrscheinlich das konstruktivste Buch zur Integration.

Seiten: 304
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-10: 3462054279
ISBN-13:  978-3462054279
VÖ: 05.11.2020 (Überarbeitete Neuausgabe)

Artikel, die Dir gefallen könnten:
Robert Habeck – Von hier an anders 
Sibylle Berg – Nerds retten die Welt. Gespräche mit denen, die es wissen
Dana Buchzik – Warum wir Familie und Freunde an radikale Ideologien verlieren – und wie wir sie zurückholen können
Martin Steinhagen – Rechter Terror: Der Mord an Walter Lübcke und die Strategie der Gewalt 
Alina Bronsky – Der Zopf meiner Großmutter
Christoph Amend – Wie geht’s Dir Deutschland?
Sascha Lobo – Realitätsschock: Zehn Lehren aus der Gegenwart
Danny Kringiel – Wie Hitler das Skateboard erfand
Esther Safran Foer – Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind
Rutger Bregman – Im Grunde gut
Patrisse Khan-Cullors – #BlackLivesMatter
Anja Rützel – Schlafende Hunde: Berühmte Menschen und ihre Haustiere
David Schalko – Schwere Knochen
Johan Harstad – Max, Mischa und die Tet-Offensive
Dirk Neubauer – Rettet die Demokratie! Eine überfällige Streitschrift
Sarah Kuttner – Kurt
Joachim Meyerhoff – Hamster im hinteren Stromgebiet
Linus Giese – Ich bin Linus: Wie ich der Mann wurde, der ich schon immer war
Thomas Hettche – Herzfaden: Roman der Augsburger Puppenkiste
Wendy Mitchell – Der Mensch, der ich einst war
Rachel Kushner – Ich bin ein Schicksal
Anne Stern – Fräulein Gold: Schatten und Licht (Band 1)
Anne Stern- Fräulein Gold: Scheunenkinder (Band 2)
Bettina Weiguny – Denn es ist unsere Zukunft
Nils Zeizinger – On Stage: Wie du jede Rede rockst – von der Präsentation zur Performance
Erik Marquardt – Europa schafft sich ab: Wie die Werte der EU verraten werden und was wir dagegen tun können
Ursula Weidenfeld – Die Kanzlerin, Porträt einer Epoche – Review – krachfink

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert