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Alarmsignal – Ästhetik des Widerstands – Review

Über zwei Jahrzehnte machen ALARMSIGNAL aus Celle schon Punkmusik, nun gibt es mit “Ästhetik des Widerstands” ein neues Album. Widerstand ist eines der erwartbaren Kernthemen der Platten, ebenso wie die Position gegen Nazis, für Geflüchtete und der Wunsch nach Revolution. Doch eine der großen Stärken von ALARMSIGNAL war von jeher der unverkrampfte Umgang mit Wünschen, Träumen und auch Gefühlen.

Deshalb gibt es einen Song mit Torsun von EGOTRONIC über das “Tanzen”, einen mit Mel von SHIRLEY HOLMES über Zusammenhalt und mit “Endlich Elena” einen über Zwangsprostitution. Wer jetzt denkt, die sind “Zu weich für Punk”, liegt aber falsch. Zweifelsohne haben wir es mit dem bisher vielfältigesten Album der Band zu tun.

ALARMSIGNAL 2021, Foto von Andreas Langfeld

Euer Hass ist unser Motor

Schon im Opener “Huso-Level” nehmen ALARMSIGNAL ihren Ruf und – eben auch diverse Missverständnisse über sie als Personen und ihre Lebenspraxen – auf die Schippe. Zusammengekehrte Meinungen und Beleidigungen aus dem Netz bilden die Grundlagen für diesen Text, der ganz nebenbei auch die eigentliche Story zusammenfasst. Bier trinken, Verfassungsschutzbericht, immer gegen den Strom und einfach mal machen. Ein seltener Moment, denn normalerweise sprechen ALARMSIGNAL in ihren Songs weniger über sich.

Mit Gitarrist Borsti ist leider ein weiteres Gründungsmitglied ausgestiegen, trotzdem klingt die Band unverkennbar nach sich selbst. Mit “Revolutionary Action” gibt es dann den ersten, von insgesamt zwei, englischsprachigen Song auf “Ästhetik des Widerstands”. Ein Song, der so euphorisch und räudig vor die Füße gespuckt wirkt, dass man sich an der nicht perfekten Aussprache nicht stört, sondern eher den vereinenden Charakter wahrnimmt und sich gerne anschließt.

Wichtige Themen, respektvoll behandelt

ALARMSIGNAL haben von jeher nie mit Oho-Chören gegeizt, wirken dabei aber nie anbiedernd oder berechnend. Der Bass eröffnend knurrend den Song “Bring dich in Sicherheit”, der Fluchtgründe und das schnelle Vergessen von Dokumentationen der grausamen Umstände einer Flucht thematisiert. Im Refrain sind zwei Kapitäne der Iuventa10 zu hören. Der Erlös der Single wird komplett für Prozesskosten gespendet, denn ein Großteil der Crew wurde für ihre Rettung angeklagt.

Aufgenommen wurde “Ästhetik des Widerstands” von Michael Czernicki in den Rock Or Die Studios (ROGERS, KOPFECHO) in Düsseldorf. Der Sound pendelt sich genau da ein, wo die Stärken der Band liegen. Nicht gezwungen prollig und roh, aber auch nicht zu glatt und schon gar nicht auf Formatradio gedrückt.

Punk kann auch unpeinlich altern

ALARMSIGNAL mögen nicht mehr so witzig texten, wie noch vor einigen Jahren, was aber mit Sicherheit auch einer gewissen Ernüchterung liegt, die sich mit der Zeit breit macht. Im Verfassungsschutzbericht werden sie mit “Ästhetik des Widerstands” mit Sicherheit auch nicht landen. Aber die Relevanz ihrer Platten wurde dadurch nicht geschmälert, ebenso wenig wie die musikalische Leistung und den Druck, den sie in “161” aufbauen, aber ebenso gut in “Tanzen” unpeinlich ablaufen lassen können.

Ein gutes Album einer Band, die sich nie zu doll angebiedert hat und gleichzeitig über die Jahre nicht peinlich geworden ist. Mit “Auf alles (Was noch kommt)” klatschen ALARMSIGNAL nochmals für sich selbst, nach so langer Bandgeschichte, kann man das mal bringen.

Dauer: 34:14
Label: Aggressive Punk Produktionen / Edel / Kontor New Media
VÖ: 14.01.2021

Tracklist “Ästhetik des Widerstands” von ALARMSIGNAL
Huso-Level
Ich hoffe du findest was du suchst feat. Gunnar Schröder (Dritte Wahl)
Revolutionary Action
Alles ruiniert
Bring dich in Sicherheit feat. Dariush Beigui
Kein Mensch ist illegal
Zu weich für Punk
Kompass & Chauffeur feat. Mel Marker (Shirley Holmes)
Eigentlich Elena
161
Tanzen feat. Torsun Burkhardt (Egotronic)
Hoffnung
Auf alles (was noch kommt)

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