Lest die Review zu "Soft" von ALBRECHT SCHRADER bei krachfink.de

Albrecht Schrader – Soft – Review

“Soft” ist nicht das erste Album des Musikers ALBRECHT SCHRADER, aber das erste, das er komplett selbst produziert hat. Drei Jahre lang leitete er das Rundfunktanzorchester Ehrenfeld und der Hamburger produziert außerdem Musik für Theater, Film, Games, sowie andere Künstlerinnen und Künstler. Bleibt als einziges Wagnis wohl nur noch seine eigene Stimme oder eher sein Gesang. Mit beidem konfrontiert er uns, mit der Intimität und dem Antrieb eines Schlafliedes, im Opener “Kleine rote Zahl”. Mutig, kann man festhalten.

Das folgende “So Weird So Gut” ist ebenfalls stark reduziert, aber deutlich gelenkiger und lebendiger. Allerdings lebt es in erster Linie von der Paronomasie im Songtitel. Womit wir schon beim eigenen Bein wären, das ALBRECHT SCHRADER sich mit “Soft” immer wieder selbst stellt. Man weiß nicht wirklich, was ernst gemeint und was lediglich ernst gemacht ist und die unterschiedlichen Gangarten sind schwer nachvollziehbar, vor allem wenn man mit SCHRADER noch nicht vertraut ist.

Nicht Fisch, nicht Fleisch

Sobald ALBRECHT SCHRADER mit der Sanftheit eines MAC DEMARCOs und einer gehörigen Portion Liebe zum Achtzigerjahre-Synthiesound um die Ecke kommt, darauf aber seine spaßigen Texte packt, weiß man nicht mehr, worauf man den Fokus legen soll. Mal überzeugt das Eine, mal das Andere, so richtig zusammen passt es selten. Auf ein ewig ausfadendes und mehrfach wiederholtes “Frederike” auf Kopfstimme bieten sich (mir) eben nicht viele emotionale Anknüpfungspunkte.

Die auf leisen Füßen tanzende Pop-Hymne an den “Cardigan Of Love” verballhornt einen Hit der HOUSEMARTINS und bleibt tatsächlich lange im Ohr hängen. Damit erfüllt ALBRECHT SCHRADER also eine der Anforderungen, die man an das Genre Pop haben darf. Die popkulturelle Relevanz und eine gewisse Zugänglichkeit, die den Pop dann auch für viele leichter verdaubar machen, verweigert er bewusst.

Anstrengender Pop

Das durchgängige um den heißen Brei schlau reden und der Wechsel von einer Psychotherapie-Klavierballade (“Donnerstag 8-9”) zur Selbsterkenntnis über die digitale Abhängigkeit unserer Gesellschaft (“Du wunderst Dich über den Zeitpunkt”) und die damit verbundenen Absurdität, bis hin zur wirklich um die Ecke hinten links vergrabenen Feminismus-Pointe (“Für Dich bleibe ich ein Mann”) und dann wieder zurück zum bereits erwähnten Kleidungsstück, empfinde ich als anstrengend und zu verkopft.

Der mit zersplitterten Samples ins Finale schlitternden Song “Hey Adapter” erscheint mir in allen Bereichen noch mit Abstand am besten austariert. Trotz mehrfachem Hören von “Soft” bleibe ich bei der Annahme, dass ALBRECHT SCHRADER im überwiegenden Teil der Songs nicht gerade die für ihn passendste Tonart gewählt hat.

Pop, der eigentlich viel zu schlau ist, um Pop genannt zu werden. Tiefgründige Witze, beiläufig und clever vorgetragen. Scharfsinnige Alltagsbeobachtungen poetisch verpackt , intellektuelles Störsignal (“Kleine, rote Zahl”) oder unvergleichbarer Nerd-Pop vom Feinsten (“Jeden Tag ein Bißchen”), sowas werden die anderen Redaktionen über “Soft” schreiben und es wahrscheinlich auch so meinen. Mich erinnert das eher an das Grips-Theater oder an die QUIETSCH BEUS, in der gedrosselten Slow-Version, aber immerhin mit Studienabschluss.

Dauer: 39:32
Label: Krokant , Vetrieb über Indigo, digital über Zebralution
VÖ: 20.01.2023

Tracklist “Soft” von ALBRECHT SCHRADER
Kleine rote Zahl
So weird so gut
Für Dich bleibe ich ein Mann
Frederike
Cardigan of love
Kaktus und Büste
Du wunderst Dich über den Zeitpunkt
Jeden Tag ein Bißchen
Donnerstags  8-9
Hey Adapter

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