All Aboard! - The Rules of Distraction - Frontcover

All Aboard! – The Rules Of Distraction – Review

Die deutsche Rockband ALL ABOARD! aus Mönchengladbach gehört mit ihrem Album “The Rules Of Distraction” zu den wenigen, für die in der Pandemie etwas Gutes passiert. Es ergab sich durch die zwangsweise Umgestaltung des Alltags, dass das Quartett endlich Zeit fand, ihre musikalische Leidenschaft intensiver auszuleben und ein Album zu veröffentlichen.

Alleine schon aus rein emotionalen Gründen, will man sich diesen Beweis von “music will always save you” anhören, oder? Dann merkt man schnell, dass das Album besonders handwerklich überzeugt. Es wird nichts in die Länge gezogen, alle Songs wirken wie ein einziger Gefühlstaumel und ALL ABOARD! zeigen sich nahbar und gleichzeitig unerreichbar in ihrer ganz bandeigenen Welt verhaftet.

ALL ABOARD!, 2021

Aufgerafft im Stillstand

Seltsamerweise, denn “The Rules Of Distraction” erstand ja während einer Art Stillstand, musizieren ALL ABOARD! mit auffälligem Druck und ziehen stetig nach vorne. Die Texte sind sehr kritisch und teilweise interessant inspiriert. Während “57 Walnut Street” eine kleine Verbeugung Richtung The Simpsons – wer liebt sie nicht? – enthält, ist “Mouth Of The Shark (All Aboard?)” von Gedichten von den Geflüchteten Abdel Wahab Latinos und Warsan Shire beeinflusst worden.

ALL ABOARD! berichten allerdings häufig auch aus der Ich-Perspektive und gerade vor dem Hintergrund der Albumentstehung, darf man hier schon eine latente Selbsttherapie attestieren. Besonders gelungen, ohne dem Gesang irgendwas ankreiden zu wollen, sind die instrumentalen Ausbrüche, die so massiv emotional aufgeladen sind, dass man freudige Schauer bekommen (“Like Lyrics”). Generell hat man mit “The Rules Of Distraction” so ein bisschen das Gefühl, heimlich zu beobachten und in Sphären vorzudringen, die einem eigentlich verwehrt bleiben. Lasst uns einfach das gehasste Wort “Authentizität” verwenden, is halt so.

Die Band hat eh schon gewonnen

Das tolle Artwork, in Anlehnung auf die Welt als Kirmes, haben David Leutert & Oliver Beeker gestaltet. Ein bisschen fühlt sich das Album von ALL ABOARD! auch wie ein Besuch auf einer überfüllten Kirmes an. Etwas beklemmend und beängstigend, aber in manchen Momenten so herrlich ungewöhnlich und frei wie selten. Zur Einordnung der Review kann man noch abschließend erwähnen, dass ich solche Musik eigentlich gar nicht mag. Häufig wirkt es für mich wie eine schlechte Kopie, wenn deutsche Bands den Gainesville-Sound imitieren möchten. Aber ALL ABOARD! machen das richtig gut, auch ohne peinlich übertrieben den Ami-Akzent nachmachen zu wollen. Dass sowas über das hervorragende, aber ohne Promille schwer auszusprechende Punk-Label Bakraufarfita Records kommt, ist ebenfalls ein Beweis der Qualität. Aber die Band hat eh schon gewonnen.

Dauer: 26:23
Label: Bakraufarfita Records
VÖ: 21.05.2021

Tracklist “The Rules Of Distraction” von ALL ABOARD!
Attraction
Perfect Stranger
Satisfiction
On & On
outh Of The Shark (All Aboard?)
Crossroads
57 Walnut Street
What Dying Feels Like
Like Lyrics
Footsteps
Why Pretend?
Distraction

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