Lest die Review zu "Experience" von ATTAWALPA bei krachfink.de

Attawalpa – Experience – Review

Wenn der Sturm im Kopf plötzlich wie Watte klingt: Die vorrangige „Experience“, der zweiten Platte von ATTAWALPA, ist, dass man schlagartig runterkommt. Jeder einzelne Song des Briten Luis Felber ist maximal aufgepolstert und federt jegliche negativen Emotionen ab. Der perfekte musikalische Boxsack, um durch angespannte Zeiten zu kommen. Die Texte sind mitnichten mutwillig spaßig oder belehrend auf Entspannung getrimmt. Stattdessen dominiert der typisch britische schwarze Humor, der im dunkelsten Moment noch über Galgenhumor eine Funzel am Ende des Tunnels anzündet. Wer mit den leider mittlerweile aufgelösten RAKETKANON oder den Schwingungen von MAC DEMARCO etwas anfangen kann, wird mit „Experience“ eine gute Zeit haben.

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ATTAWALPA, Foto von Greta Ilieva

Zwischen Eskalation und Milchschaum

Der Stil von ATTAWALPA lässt sich auch eindeutig am Artwork von „Experience“ ablesen. Aber mit „Hilarious in Love“ stellt Felber auch ausdrücklich seine Britpop-Tauglichkeit unter Beweis und lässt einen entspannt startenden Beat in einem OASIS-würdigen Refrain eskalieren. Wobei „eskalieren“ eigentlich immer eine Spur zu hart ist für alles, was bei ATTAWALPA geschieht. Man fühlt sich beschützt, es geht ans Eingemachte, aber immer mit dem Gefühl, im schlimmsten Fall sanft in Milchschaum aufzuschlagen. Die Grenzen überschreitet ATTAWALPA nicht mit Gewalt – es sind eher Akzente wie ein ungewöhnliches Trommeln, eine urplötzlich durch die Wand krachende Synthiefläche oder ein ausgereifter Refrain, der unerwartet so groß aufblüht, dass er von RON SEXSMITH stammen könnte („Truth Love Trajectory“).

Tanz auf dem Vulkan

Dazwischen finden sich post-punkige Indiekracher wie „Anyway“, die auf den ersten Blick formelhaft wirken. Wer genau hinhört, wird die heimlich untergemengte Bitterkeit bemerken. Der Bass mäandert nach vorne und irgendwo zwischen ihm und dem eigentlich leichten Schlagzeug schimmert ein Hauch Melancholie. „I’m over it all anyway anyway, Yeah I’m dancing close to the flames“, so lautet die Catchphrase. Natürlich hat hier niemand irgendwas überstanden, aber den damit verbundenen Fatalismus können viele nachvollziehen.

Ein kleines Album mit großer Wirkung

„Experience“ von ATTAWALPA ist das beste Beispiel für ein kleines, großes Album. KEVIN DEVINE, ALIEN TANGO… es gibt zahlreiche solcher Künstler, die fernab von Mainstream-Mechanismen herrliche Alben für die Ewigkeit schreiben. Mit schiefem Britpop-Lächeln, melancholischem Synth und feinsinnigem Galgenhumor tanzt das Album genau dort, wo es brennt, nur eben mit Hausschuhen.

Dauer: 36:12
Label: Attawalpa Records
VÖ: 04.07.2025

Tracklist „Experience“ von ATTAWALPA
Alma
Atoms
Everything
No Limitations
Hilarious In Love
You Are You
Always The Girls
True Love Trajectory
Anyway
Observe Or Absorb

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