Betterov – Olympia – Review
Obwohl „Olympia“ das erste Album des Künstlers BETTEROV ist, raunt man sich in der Szene seinen Namen schon lange zu. Kein Wunder, denn der Thüringer ist eine auffällig guter Geschichtenerzähler, dessen Musik trotz aller Zugänglichkeit niemals handzahm oder gar beliebig ist. BETTEROV schnappt sich Fragmente aus Indie, Rock und Düster-Pop und inszeniert jeden einzelnen Song wie ein in sich geschlossenes Theaterstück, das genau dann nachhallt, wenn man meint, es schon vergessen zu haben.
Er ummantelt das vermeintliche Kleinklein mit einer schillernden Opulenz, die anfangs irritiert, unterm Strich aber schlichtweg angemessen ist. Um das Bild des Kräftemessens aus dem Albumtitel aufzugreifen: BETTEROV – benannt nach einem Statisten aus der dänischen Krimikomödie „Die Olsenbande“ – erläuft sich mit diesem Debüt einen gewaltigen Vorsprung.
Wo sind eigentlich die letzten Stunden hin?
„Olympia“ von BETTEROV befasst sich mit dem Freistrampeln, dem Erleben dieser Welt, dem Durchleben von dunklen Momenten und dem versöhnlichen Ausklang, hoffentlich belohnt mit Erfahrungen, mahnenden (emotionalen) Narben und der Gewissheit, dass man Dinge überstehen kann. Mit „Die Leute und ich“ nimmt er die Außenseiterposition ein, hadert mit dem grundsätzlichen Interesse an Menschen und dem ständigen Gefühl anders zu sein, nicht dazuzugehören (oder nicht dazugehören zu wollen).
Im Video dazu sieht man ihn als Teil eines Ruderteams, bekanntermaßen ein Sport, bei dem es essenziell wichtig ist, dass alle in die gleiche Richtung ziehen und im festgelegten Takt bleiben. Sein Talent als Schauspieler ist hier offensichtlich. Das zum Tanz auffordernde und mit Sicherheit nicht zufällig an BRUCE SPRINGSTEEN erinnernde „Dussmann“, wird größtenteils von der Geschichte selbst dirigiert. BETTEROV befasst sich mit dem Gedanken, was das alles bringt und vor allem wem? Wer vergibt die Wertigkeit und wer beendet sie? Wann ist dieser eine Moment und was ist, wenn man ihn verpasst?
Das Tischtuch ist dahin
Das Beste an „Olympia“ von BETTEROV ist der angenehme und stete Wechsel der Temperaturen. Der Gesang ist der rote Faden, so besonders, dass man ihn sofort und für immer zuordnen kann. Doch die einzelnen Kompositionen katapultieren uns mal schonungslos zu unseren dunkelsten Momenten („Urlaub im Abgrund“) und bieten sich im nächsten für die ganz großen Stadien und Wunderkerzen-Wohlfühl-Atmosphäre an („Berlin ist keine Stadt“). Trau, schau, wem! gilt allerdings für die komplette Platte.
Denn selbst wenn die Musik offensiv freundlich klingt, kommt BETTEROV mit einer Textzeile, die wie ein Stein im Magen liegenbleibt. Dabei jagt er nie dem Knalleffekt hinterher, alles wirkt aufrichtig und passt ineinander. BETTEROV will nicht rebellieren, seine Geschichten über das Scheitern sind echt, frei von Scham und Selbstdarstellung. Ist das Pop? Ja, aber Folksongs sind das nicht.
Dauer: 42:47
Label: Universal Music
VÖ: 14.10.2022
Tracklist „Olympia“ von BETTEROV
INTRO Eröffnungsfeier
Böller aus Polen
Schlaf Gut
Urlaub im Abgrund
In Meiner Straße
Olympia
Dussmann
Die Leute und Ich
Berlin Ist Keine Stadt
Ich Kann Mich Nicht Erinnern
Bring Mich Nach Hause
Bis Zum Ende
OUTRO Siegerehrung
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