Cadet Carter – Perceptions – Review
“Perceptions” von CADET CARTER ist eines dieser Alben, das man viel zu schnell falsch beurteilt. Das reizarme Artwork und ein kurzes Anspielen lassen vorschnell vermuten, dass es sich um Befindlichkeitsrock mit Schmalzpotential handeln könnte. Überraschenderweise verstecken sich auf dem zweiten Album der Münchner Band eine Menge Perlen. Der Albumtitel ist also ziemlich treffend gewählt. Abgesehen vom stabilen musikalischen Fundament, kann Sänger Nick wirklich jede Emotion vermitteln (“Windshield”, “End/Begin”) und hat ein hervorragendes Gespür für Dynamik. Vergleiche mit THE GASLIGHT ANTHEM oder NATHAN GRAY sind absolut zulässig.
Pop vs. Qualität
Das Besondere an CADET CARTER ist die Tatsache, dass sie im besten Sinne erwachsenen Rock machen. Gerade im kommerziellen Rock muss das nicht mit dem Verlust von Glaubwürdigkeit einhergehen. Die Kunst ist es, über Gefühle zu singen und weiche Emotionen zu vermitteln, ohne bei den HörerInnen Fremdscham oder Brechreiz auszulösen. Nach einem beruhigenden Intro, das es nicht nötig hat, brachial vorzugehen, zücken CADET CARTER schon den ersten Hit “Speed Of Sound”.
Beim Titel denkt man zwangsläufig an COLDPLAY, allerdings fühlen sich CADET CARTER dem Rock deutlich mehr verpflichtet. Die versprengten Klaviertupfen sind nur eines der vielen Kleinigkeiten, die den Song groß machen. Das folgende “Telescope” empfiehlt sich umgehend für die klassischen Radiostationen und trägt dazu bei, dass man der Band vorschnell in eine Schublade stecken will. Unterm Strich und ehrlich reflektiert, muss man eingestehen, dass dieser herrlich auffächernde Song inhaltlich und musikalisch auf ganzer Linie überzeugt. Gleiches gilt für “Run For Me” mit seinem beruhigend fluffigen Gitarren. Mainstreamtauglich hin oder her, gute Songs sind gute Songs.
Auf der Suche
Die Inhalte auf “Perceptions” sind stark verbindend, jeder kennt “A Bad Few Weeks” und viele sind oder waren (immer mal wieder) auf der Suche nach sich selbst (“Telescope”). Jeder musste schon etwas oder jemanden gehen lassen. Jeder sehnt sich nach der Liebe, hat sie schon gefunden oder verloren. Die Allgemeingültigkeit der Themen schmälert deren Brisanz aber nicht. CADET CARTER knüpfen an die Momente an, motivieren oder lassen uns einfach an ihren eigenen Geschichten teilhaben.
Und obwohl es genau andersrum ist, dass nämlich die HörerInnen eigentlich der Band zuhören, gewinnt man den Eindruck, dass “Perceptions” auch ein offenes Ohr für die HörerInnen hat. Diese Verbindung herzustellen, ist nicht einfach und kommt selten vor. Man kann nicht behaupten, dass “Perceptions” eine dröge Platte wäre, aber sie strahlt eine schon fast magische Ruhe aus, die sich umgehend überträgt.
Dauer: 46:47
Label: Uncle M Music
VÖ: 08.05.2020
Tracklist “Perceptions” von CADET CARTER
Perceptions
Speed of Sound
Telescope
A Bad Few Weeks
Hold Me Down
Windshields
End / Begin
On the Edge
Run for Me
Dead Hands
New Shores
We Haven’t Met
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