Christiane Falk, Cornelia Kuhnert – Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke – Review
Mit ihrem neuen Roman “Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke” eröffnen Christiane Franke und Cornelia Kuhnert die Ermittlerkarriere der Witwe Martha Frisch, startend am Ende der Fünfzigerjahre. Langsam aber sicher verzieht sich der Mief des Krieges in Deutschland, zaghafte Emanzipation und der Wunsch nach Freiheit machen sich breit, auch wenn die Traumata, Armut und Vetternwirtschaft noch die Gesellschaft dominieren und heimlich lenken.
Viele Verdächtige, viele Schicksale
Nachdem die Prostituierte Vera Malottke tot in ihrer Wohnung aufgefunden wird, wird die Polizistenwitwe und Betreiberin einer Heißmangelstube Martha Frisch in dem Buch “Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke” in die Ermittlungen involviert. Über ihren Neffen Hans Frisch, der ebenfalls im Polizeidienst beschäftigt ist, bleibt sie lose in Recherchen eingeweiht, beäugt das Vorgehen des opportunistischen Kommissars Onnen skeptisch. Und nachdem ein Unschuldiger zur Rechenschaft gezogen werden soll, greift sie couragiert ein und ermittelt auf eigene Faust, still und heimlich, mit.
Die Autorinnen Christiane Franke und Cornelia Kuhnert widmen jedes Kapitel einer anderen Person, die in den Fall mehr mehr oder weniger verwickelt ist. Trotz der vielen Verflechtungen, behält man gut den Überblick und es gelingt den beiden, fast allen eine nachvollziehbare Hintergrundgeschichte zu verpassen. Die Auflösung kommt dann aber überraschend und etwas holprig, wenn auch inhaltlich schlüssig, um die Ecke.
Geschichtsunterricht nebenbei
Der Fall selbst steht in “Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke” immer im Mittelpunkt, trotzdem zeichnen die Autorinnen nebenbei eine grobe Skizze von den Zuständen damals in Deutschland. Durch den unvermeidbaren Verlust der Männer im Krieg, lernten Frauen zwangsläufig alleine klarzukommen. Begriffe wie Gewohnheitstäter oder Ledigenheim waren damals üblich, ebenso wie die Tatsache, dass Frauen ohne Erlaubnis der Ehegatten nicht berufstätig sein durften, wenn sie z.B. aus dessen Sicht die ehelichen Pflichten nicht erfüllten. Auch die Folgen eines Aufenthaltes im Erziehungsheim kommen zur Sprache, aber auch eher harmlose, kulinarische und popkulturelle Details dieser Zeit. (Hierzu hat Ellen Sandberg mit “Die Schweigende” ein interessantes Buch geschrieben.)
Der Auftakt einer spannenden Reihe
Die Hobbyermittlerin Martha Frisch selbst, hat noch keinen detaillierten und festgezurrten Charakter, ihre Entwicklung für die nächsten Bände sind somit noch komplett offen. Der nächste Band der “Frisch ermittelt”-Reihe wurde aber bereits für das erste Quartal 2023 angekündigt und wird sich mit dem Fall Kaltwasser befassen. Die Mischung aus Krimi und Geschichte hält sich gut die Waage, liest sich leicht, ist nicht zu düster und nicht zu konstruiert.
Es bleibt abzuwarten, wie wild es mit Martha, dem Anwalt Hugo von Mühlbach, ihrer Nachbarin Traudel, ihrer Tochter Edda und den anderen eingeführten Personen noch weitergehen wird. “Frisch ermittelt: Der Fall Vera Malottke” von Falk und Kuhnert ist mit Sicherheit kein Krimi, der uns schlaflose Nächte bereitet oder wahnsinnig ausgefuchst und blutrünstig erzählt, aber aufgrund der überschaubaren Handlung angenehm ist er äußerst angenehm zu lesen.
Seiten: 336
Verlag: Rowohlt Taschenbuch
ISBN-10: 3499007541
ISBN-13: 978-3499007545
VÖ: 14.06.2022
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