
Das Kinn – Ruinenkampf – Review
„Ruinenkampf“ von DAS KINN ist wohl eines der am sehnsüchtigsten erwarteten Debütalben des Jahres – zumindest, wenn es nach krachfink.de geht. Toben Piel ist der Maestro seiner fies kühlenden Arrangements, mit Beats und Worten wie Hammerschlägen, umschwirrt von einer zeitlosen Ästhetik, die fest im Untergrund verwurzelt ist. Piel schreibt keine Songs, um den Abgrund zu feiern, und keine Parolen, die man auf Plakate schmieren kann. Viel eher schreibt er den Soundtrack für klaustrophobische Zustände – irgendwie zwischen Wänden und Welten, mit mehr Fragen als Antworten im Kopf und Wut, die zu Sehnsucht verpufft.

Zwischen Wänden und Welten
DAS KINN löst mit „Ruinenkampf“ genau das ein, was sich Fans der Ein-Mann-Instanz gewünscht haben: klare Kanten und liebevoller Stakkatogesang, der seinen Frust ruckartig entlädt und gleichzeitig pure Resignation ausstrahlt. Das einsteigende „Jamais vu“ stellt die Position von DAS KINN vermeintlich als hoffnungslos verlorenes Skelett aus: „Ich bin eine Kaufhauspuppe, der kein Schaufenster gefällt“, skizziert er seine Lage – beinahe zu Grabe getragen von spitzen Synthies und einem alarmierenden Unterton. Das folgende „Oneironaut sei wachsam“ markiert die andere Seite des Gemüts – die, die Hoffnung in den Träumen sucht und genau weiß, wie gefährlich es im illusorischen Traumland sein kann, vor allem, wenn du meinst, Kontrolle zu haben.
Die Bewegungen, zu denen DAS KINN animiert, sind ebenso ruckhaft und groß wie seine Beats – am liebsten würde man sich dabei den Körper nach außen kehren und den Kopf im Takt gegen die Wand schlagen. Trotz der Ermangelung herkömmlicher Harmonien gelangt er genau dahin, wo sich Geist und Körper verbinden, etwas fühlen und gemeinschaftlich Ausdruck finden möchten.
Schmerz als Architektur
Allein der Albumtitel „Ruinenkampf“ sagt schon viel aus über die Denk- und präzise Ausdrucksweise von DAS KINN. Es sind mitnichten Paradiese, um die sich die Mächtigen und Ekligen zanken. Weg mit den verwässernden Filtern, et voilà: Sie sehen das Elend, das schon immer existierte. Musikalisch lässt sich DAS KINN von DAF und den KOSMISCHEN KURIEREN in die Zange nehmen – allerdings nur lose. Denn Piel schafft seinen eigenen Kosmos, levelt seine ganz eigenen Arrangements, versieht sie mit intellektuellen und klanglichen Falltüren und Spiegelwänden. „Nichts“ ist eine magenboxende, sich selbst verstärkende, schleppende Hymne über die Apathie, die kalten Herzen und die Nichtigkeit vermeintlich großer Ereignisse. DAS KINN lässt im Hintergrund die Orgeln dazu trauern; freifliegende Saxofontöne vervollständigen das Chaos im Kopf.
Ein Album wie ein Faustschlag in Zeitlupe – brutal, schön, und viel zu echt. Es bleibt ein Echo, das nicht verklingt – sondern weitergräbt.
Dauer: 25:43
Label: Eigenproduktion
VÖ: 02.05.2025
Tracklist „Ruinenkampf“ von DAS KINN
Jamais vu
Oneironaut sei wachsam
Ruinenkampf
Alle rüsten auf
Souterrain
Die Ratten
Tempel des Todes
Nichts
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