Die Apokalyptischen Reiter – All You Need Is Love – XX Anniversary Edition – Review
Boah, wie die Zeit vergeht, denn wie der Albumtitel deutlich erkennen lässt, hat das Album „All You Need Is Love – XX Anniversary Edition“ schon stolze zwanzig Jahre auf dem Buckel. DIE APOKALYPTISCHEN REITER sind eine einzigartige Band, die bis heute unerreicht und nicht reproduzierbar ist. Das darf man einfach so sagen, weil es tatsächlich mal stimmt. Wer die beliebte Thüringer Extreme-Metalband einmal live gesehen hat, muss sie einfach lieben und wird den Auftritt sicher nie wieder vergessen. Das liegt an der musikalischen Besonderheit und dem großen Einfluss, den jedes einzelne Bandmitglied auf Sound und Auftreten der Band hat. Hört man sich nun zwei Jahrzehnte nach dem Erscheinen „All You Need Is Love – XX Anniversary Edition“ an, wirken die Kompositionen kein bisschen angestaubt und würden auch heute aus der Masse herausstechen.
Komplett verwirrend, komplett erhellend
Schon damals klangen DIE APOKALYPTISCHEN REITER etwas zu wild, zu aufgedreht und eine Spur zu schnell für alle anderen. Das führt dazu, dass sie heute gerade richtig zu klingen scheinen. Und man muss die Songs nur einmal hektisch durchskippen und wird schon an den jeweils ersten fünf Sekunden ihre Besonderheit erkennen. Wenn man jetzt noch in den Genuss kam, damals Zeuge zu werden, wie Sänger Fuchs den Keyboarder Dr. Pest, stilecht im knappen Lederoutfit und mit passender Maske, mit der Neunschwänzigen über die Bühne jagte, darf sich zu den Glücklichen zählen. Wer „All You Need Is Love – XX Anniversary Edition“ jetzt neu für sich entdecken darf, wird einen ungewöhnlichen Mix aus Black Metal, Folk, Rock und Blues finden.
Immer anders, immer unerwartet und immer gut. „Unter der Asche“ spielt mit einer kleinen (unbeabsichtigten) Orgel-Verbeugung vor IMPALED NAZARENEs „Blood Is Thicker Than Water“, um mal die Nerds bisschen zu füttern. Dazwischen schwirren Klaviertöne über die harschen Riffs. Töne, die so mystisch und irre klingen, als ob sie Graf Dracula persönlich aus seinem Schloss herüberschickt. DIE APOKALYPTISCHEN REITER zeigen sich davon unbeeindruckt und führen den Song in eine Art DSCHINGIS KHAN-Ritt. Verwirrt? Richtig so. Interessiert? Dann hör rein und genieße den Erstkontakt.
Kann auch heute noch überzeugen
„Erhelle meine Seele“ startet folkig, Fuchs gibt sich als Minnesänger und täuscht einen Hauch Mittelalter an. Denkste, denn kurz darauf bricht die dollste Metalwelle über das feine Gebaren. Und Zeilen wie „Erhelle meine Seele, gib mir ein Stück vom Leben zurück, der Hass zerfrisst mich in rasender Gier, Mitleid und Liebe sterben in mir“ haben auch heute noch Gültigkeit. Auch bei „Reitermania“ wünscht man sich in den guten alten Pit zurück, und sich selbst zurück zu der besonderen Energie, die zwischen Band und Fans hin- und hergereicht wurde. Bei wenigen Bands hatte man so stark das Gefühl tatsächlich mit der Band zu feiern.
Über die Jahre kam die Band zwangsläufig an eine Art kreativen Stilstand und auch die Wortspiele wurden etwas zu zuckrig und vorhersehbar. Vorhersehbar ist auf „All You Need Is Love – XX Anniversary Edition“ aber nur, dass man alles erwarten kann. Wie Gitarrist Volk-Man mir in einem Interview vor 10 Jahren verriet, war diese musikalische Unberechenbarkeit niemals so geplant, passierte einfach so.
Dass es überhaupt Labels gab, die das schon so früh mittrugen, liegt wahrscheinlich daran, dass es sofort funktionierte. Die Kombination aus Dichtkunst, optischer Inszenierung, Herzblut und einer gewissen Ignoranz von Konventionen hat die Band nach oben geführt. DIE APOKALYPTISCHEN REITER sind mit Sicherheit einer der besten und originellsten Metalbands, die Deutschland jemals hervorgebracht hat. Parameter wie Trvness oder Szenegrenzen sind ihnen schlichtweg immer scheißegal gewesen.
Dauer: 50:54
Label: Nuclear Blast
VÖ: 19.03.2021
Tracklist „All You Need Is Love – XX Anniversary Edition“ von DIE APOKALYPTISCHEN REITER
Licked By The Tongues Of Pride
Unter Der Asche
Erhelle Meine Seele
Gone
Regret
Reitermania
Hate
Peace Of Mind
Geopfert
Rausch
Die Schönheit Der Sklaverei
Vom Ende Der Welt
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