Die Jugend von gestern – s/t – Review
Man möchte DIE JUGEND VON GESTERN und ihrem Label instinktiv danken: Der düster wabernde Indie-Noise des Duos erscheint mitten in der dunklen Jahreszeit. Schnell wird klar, dass Katha und Haider aus Dortmund nicht über Schlechte-Laune-Episoden texten und ihr Sound von grundsätzlicher Melancholie und Fatalismus geprägt ist. Fans von den ungehobelten DIE NERVEN oder KALA BRISELLA können sofort anspringen – und auch alle anderen, die eher zweifeln statt mitzusingen, wenn irgendwo eine Gute-Laune-Tröte ertönt. Die Kompositionen auf s/t erscheinen simpel, sind jedoch mit interessanten Highlights gespickt und so mit bitteren Emotionen angedickt, dass DIE JUGEND VON GESTERN weitaus mächtiger als vier Hände und vier Füße wirkt.
„Das Leben hat schon viel zu viel Struktur“
DIE JUGEND VON GESTERN jongliert munter mit der Ambivalenz des „unten Seins“ und des aufmüpfigen „nach oben Boxens“. Musik und Texte trauen sich, unfertig zu sein, brechen mitten im Aufbau ab und führen so manchen Faden zu Ende, der schon längst abgerissen wirkt. Jüngst ist die neue Platte von THE CURE erschienen, und selbst wenn DIE JUGEND VON GESTERN sich nicht an Zitaten versuchen, dann liegt doch eine ähnliche erdrückende und gleichzeitig heilsame Traurigkeit in der Luft – präsent und spürbar wie bei den ganz Großen. „Was die anderen finden“ zieht sinnbildlich alle Vorhänge zu, lässt die Gedanken surren und macht herrlich traurig und glücklich zugleich.
Schon TURBOSTAAT wussten: „Es geht schon immer weiter – zumindest bergab“. Was eingangs als Indie-Noise eingeordnet wurde, enthält auch Sequenzen von Shoegaze und Grunge, wie ihn SOUNDGARDEN und NIRVANA in ihren Anfängen spielten. Musik ist ein Kreis, könnte man festhalten, aber ebenso, dass sich dieses universelle Gefühl der Leere in Tönen immer wieder ähnlich kanalisiert.
Riffs, die an den Nerven rütteln
Es gibt viele Bands, die zum x-ten Mal versuchen, Schwermut ähnlich in Töne zu übersetzen wie andere Bands. DIE JUGEND VON GESTERN jedoch findet ihren ganz eigenen Weg, überinszeniert nicht und trifft genau deshalb in das krampfende, schwarze Loch, in dem die fiesen Gedanken vor sich hinwabern. „Potemkin“ oder „Valentina“ spielen zudem mit Tempo, geben dem schnellen Angstatem einen Takt und verdeutlichen, wie schwer so manche Überwindung sich anfühlt.
Oft scheinen sich Katha und Haider fast spontan darauf zu einigen, jetzt einfach einmal loszulassen. Dann lockert sich die Musik intuitiv, und für einen kurzen Moment kann der komplette Druck abfließen – bis uns das Schicksal wieder fest an der Gurgel hat. „s/t“ von DIE JUGEND VON GESTERN ist ein bemerkenswert aufwühlendes Album, das nachhallt.
Dauer: 28:48
Label: My Favourite Chords
VÖ: 27.11.2024
Tracklist „s/t“ von DIE JUGEND VON GESTERN
Jeder Weg
Blau
Telefant
Im Weißen Haus
Zurecht
Was die anderen finden
Potemkin
Keine Reue
Interlude
Valentina
Lass Mich
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