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Femi Kayode – Lightseekers – Review

Der Roman “Lightseekers” von Femi Kayode ist der Auftakt einer Serie um den nigerianischen Psychologen Dr. Philip Taiwo. Im ersten Band soll er, als Experte für Massenpsychologie und Gewalt, Licht in einen besonders schockierenden Fall bringen. Drei Studenten wurden von in der Universitätsstadt Okriki von einem Mob durch die Straßen gejagt, brutal gefoltert und bei lebendigem Leibe verbrannt. Alles wurde live in die Sozialen Medien übertragen. Klingt krass? Inspiriert wurde der Autor Femi Kayode – selbst klinischer Psychologe – dazu von einem tatsächlichen Fall, bei dem vier jungen Studenten der Universität in Port Harcourt genau das passiert ist. Die Bilder gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf und den Leserinnen und Lesern seines Debütromans wird es ähnlich gehen.

Ein spannender Thriller mit lebendigem Kopfkino

Von Anfang an liest sich “Lightseekers” von Femi Kayode wie ein spannender Thriller, sofort entsteht ein Film im Kopf, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass der Autor Film studiert hat. Unsere Hauptfigur Dr. Philip Taiwo reist, mit einigen privaten Problemen vorbelastet, nach Nigeria. Er wird von Emeka Nwamadi, dem Vater von einem der drei gelynchten Studenten, beauftragt. Der erscheinen die Ermittlungen manipuliert und zu lückenhaft. Er stellt ihm den Assistenten Chika an die Seite, der ihn begleitet, unterstützt und ihm hilft, die kulturellen Hürden zu überwinden. Denn obwohl Dr. Taiwo mit seiner Frau und seinen drei Kinder nun nicht mehr in den USA wohnt, wird er von den Einheimischen immer sofort als Rückkehrer – und somit Fremder – enttarnt.

Die offensive Selbstjustiz, das lasche Vorgehen der Behörden und der harsche Umgang untereinander sind ihm tatsächlich fremd, es fällt ihm schwer sich einzugliedern. Es macht Spaß, auch als Leserin mit Neuem konfrontiert zu werden und sich auf ungewohntes gesellschaftliches Terrain zu begeben. Die Handlungen sind nicht immer vorhersehbar, ebenso wie die Dialoge und die Feindlichkeit, die Dr. Taiwo entgegenschlägt, überträgt sich auch auf uns. Alles scheint möglich, wir kennen die Regeln nicht und somit kann hinter der nächsten Ecke die nächste Wendung lauern.

Unbewusste Manipulation

“Lightseekers” von Femi Kayode hantiert mühelos mit vielen unterschiedlichen Charakteren und obwohl wir von Orten und Namen lesen, die den meisten von uns mit Sicherheit nicht vertraut sind, findet man sich sofort zurecht. Es entstehen keine Längen und durch die straffen Kapitel, kann man der Versuchung immer weiter zu lesen, nur schwer widerstehen. Am Anfang von “Lightseekers” urteilt man noch unbewusst auf Basis all seiner europäischen Vorurteilen, denkt der Fall sei klar und hält die Polizei für korrupt. Je weiter und tiefer uns Femi Kayode führt, umso deutlicher wird, dass wir es nicht (nur) mit dörflicher Selbstjustiz, basierend auf einem andersartigen Wertegerüst, zu tun haben.

Es steckt viel mehr dahinter und nicht alles ist so klar, wie es scheint. Waffen, Drogen, Korruption und Rache werfen immer mehr Spuren aus, die sich verheddern und uns zeitweise gar nicht mehr erkennen lassen, war wahr und was Täuschung ist. Femi Kayode lässt uns am Ende von “Lightseekers” schmerzhaft erkennen, wie manipulierbar wir alle sind. Das Ende erscheint etwas zu hektisch erzählt, aber der Weg dahin ist spannend, informativ und kurzweilig.

Seiten: 464
Verlag: btb Verlag
ISBN-10: 3442770114
ISBN-13: 978-3-442-77011-3
VÖ: 22.07.2022

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