Akne Kid Joe, Foto von Nadine Schmidt für krachfink

Gemischte Tüte mit Akne Kid Joe – Interview

AKNE KID JOE sind eine junge Punkband aus Nürnberg, die mit ihrem ersten Album “Karate Kid Joe” für Aufsehen in der Szene gesorgt hat. MAMBO KURT goes Punk sozusagen und außerdem kommt das Quartett mit smarten Texten um die Ecke. Mal schauen, welche Fragen Sänger und Gitarrist Matthias und Sängerin und Gitarristin Sarah aus der Tüte gezogen haben.

Essen, selber machen oder selber machen lassen?

(Beide lachen)

Sarah: Wenn wir von unserem Weekender nach Hause kommen, ist es immer so, dass sonntags in unserem Wohnmobil, das unser Tourbusersatz ist, die gleiche Diskussion darum losgeht, wo wir heute unsere Pizza bestellen. Es gibt viele Pizzerien in Nürnberg, aber es gibt nicht sehr viele gute und deswegen wird immer lange beratschlagt, wer sich heute wo, welche Pizza bestellt. Deswegen, gerne nach einem Weekender liefern lassen, aber ich koche schon auch gerne zu Hause selbst.

Matthias: Ich koche auch gerne, aber…

Sarah: …du hasst einkaufen.

Matthias: Genau, ich hasse einkaufen. Wenn ich immer einen gut gefüllten Kühlschrank hätte, dann hätte ich auch immer richtig Lust zu kochen. Ich mag es auch total, für andere zu kochen. Aber einkaufen, das finde ich schlimm.

Sarah: Selber kochen schmeckt halt immer so viel geiler.

Bei welchem Künstler wirst Du zum peinlichen Fanboy oder Fangirl?

Matthias: (stößt Sarah sanft von der Seite an) Komm schon, sag PASCOW!

(Beide lachen)

Matthias: Kannst du schon zugeben.

Sarah: Ne, aber bei PASCOW war ich schon wirklich supernervös, als wir die zum ersten Mal getroffen haben. Das lag auch daran, dass Alex uns ja schon zugesagt hatte, dass es cool wäre, wenn wir mit Kidnap Records unsere EP rausbringen. Wir kannten ihn damals noch gar nicht persönlich. Und er hat uns dann auch noch gefragt, ob wir in Weinheim für deren Konzert eröffnen. Es war deren Releasekonzert für das Album “Jade” und das war eben einfach mal erst unser siebtes oder achtes Konzert überhaupt. Du weißt ja, dass ich damals gerade erst angefangen hatte Gitarre zu spielen. Vor dieser großen Band zu spielen, da war ich schon sehr nervös und hatte Angst, dass wir es verkacken und er uns dann wieder vom Label haut. Mit dem Gedanken, dass wir wohl der größte Fehler seines Lebens waren (lacht).

Und ansonsten würde ich es krass finden… Obwohl, alle die ich so richtig krass finde, sind eigentlich schon tot. Die werde ich also nicht mehr treffen.

Wer denn so?

Sarah: Kurt Cobain zum Beispiel. Da wäre ich schon auch nervös, wenn ich Kurt Cobain mal treffen könnte (lacht).

Matthias (lacht): Ja, jeder wahrscheinlich. Wahrscheinlich lacht mich jetzt jeder Punk dafür aus, aber ich war immer sehr großer Fan von MANU CHAO. Der Fehler ist, dass die meisten nur diesen Song “Bongo Bong” von dem kennen. Der Song war ja Platz eins in den Charts. Damals habe ich angefangen, mich mehr mit ihm zu befassen und er hat eigentlich eine sehr spannende Vita. Hat auch tolle andere Bands gehabt, die waren dann schon so etwas Ska-mäßig, obwohl ich Ska gar nicht sooo gut finde. Das waren alles spanischer und französischer Punk und die haben irgendwie so richtig gute Sachen gemacht. Und ich glaube, der war nie auf einem Majorlabel, auch als er auf Platz 1 der Charts war. Und auch die Texte auf dem Album “Clandestino” drehen sich schon darum, wie Menschen auf dem Mittelmeer flüchten, also weiterhin extrem aktuell. Und meine ersten politischen Berührungspunkte in Zusammenhang mit Musik, hatte ich dann tatsächlich mit MANU CHAO. Sein Lebenswerk finde ich auf jeden Fall total cool, auch wenn der Reggae jetzt nicht so meins ist.

Sarah: Eine riesige Respektsperson ist für mich außerdem noch Jens Rachut. Den würde ich auch niemals irgendwie so doof von der Seite anquatschen. Da hätte ich viel zu viel Schiss, dass er schlecht drauf ist und keinen Bock auf sowas hat. Und der hat ja unfassbar viel geleistet mit seinen vielen Bands (u.a. MAULGRUPPE) und alle anderen Bands, die es jetzt gibt, bauen ja irgendwie auf ihm auf.

Matthias: Boah und eine andere Band, die ich total abgefeiert habe, waren ANTITAINMENT, die haben das mit Punk und der Orgel auch schon lange vor uns gemacht (lacht). Keine Ahnung wo genau die her kamen, aber die waren richtig gut. Da war ich immer Fan, auch wenn die keine große Band waren.

Sarah: Und die hatten auch die besten Texte.

Matthias: Wenn Leute sagen, dass wir ein bisschen wie ANTITAINMENT klingen, dann outet es die Leute immer sofort und zeigt, dass sie keine Ahnung von Musik haben, weil wir viel schlechter sind als die (lacht).

Rechte Parteien, diskutieren oder ignorieren?

Sarah: Also ignorieren nicht. Was in den letzten Jahren von der CDU und anderen Parteien so propagiert wurde, von wegen man muss deren Ängste ernst nehmen, da finde ich, dass das auch jetzt irgendwann mal gut ist. Also, falls du das mit diskutieren meinst. Natürlich ist es uns bewusst, dass es krasse Probleme gibt und die Menschen abgehängt werden. Aber ich finde, gerade mit solchen Leuten wie Höcke und diesen Ultrafaschos… solche Leute muss man nicht mehr ernst nehmen, solche Leute muss man bekämpfen

Matthias: Aber ignorieren ist auch das Falsche.

Sarah: Ignorieren geht gar nicht. Das ist ja das Ding, wenn 15 Leute in der AfD eine Demo machen und 500 Gegendemonstranten kommen, wäre es dann nicht besser, das einfach zu ignorieren und gar nicht zugehen? Dann würde es niemanden interessieren, geht aber nicht. Ständig irgendwelche Leute von der AfD in diese Talkshows reinzusetzen das finde ich total krass. Gerade jetzt nach diesem Vorfall in Halle, wurde von den Öffentlich-Rechtlichen, jemand von der AfD eingeladen, um darüber zu diskutieren ob wir ein Naziproblem haben. Die haben eh schon so viel Plattform, die werde ich schon die ganze Zeit von so vielen Leuten gehört und zitiert, alles dreht sich um die, das finde ich falsch. Wahrscheinlich weder diskutieren noch ignorieren, sondern einfach auf’s Maul (lacht).

Matthias: Eine sinnvoll geführte Diskussion kann ja nur auf argumentativer Basis entstehen und mit Anhängern der AfD ist keine Diskussion auf argumentativer Basis möglich. Wenn man nämlich mit Argumenten kommt, dann ist das immer nur Feindpropaganda oder sonst was. Wichtig wäre es, Leute, die noch kein politisches Fundament haben darüber aufzuklären, dass die eben gar nicht erst in diese abgründigen Fänge kommen. Von daher ist es doch schon sehr wichtig, auch mit solchen Leuten in einen Diskurs zu gehen, um Leuten, die noch nicht schlüssig sind, zu zeigen, dass es auch noch eine andere Richtung gibt, die man einschlagen kann.

Also wenn ich mir Markus Lanz anschaue, bei dem dann ein Gauland in der Talkshow sitzt und der Einzige, der ihm Argumente entgegenbringt, ist dann Markus Lanz selber, dann frage ich mich schon, was das soll?! Man kann solche Leute schon in Talkshows einladen, aber dann muss auch garantiert sein, dass Leute da sind, die die argumentativen skills haben, um die auch zu zerlegen. Es gab ja schon mal Moderatoren oder Moderatorin, die die AfD in Grund und Boden diskutiert haben und sowas ist einfach wichtig.

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Akne Kid Joe, voll am cornern, Foto von Max-Häßlein

Träumst Du intensiv?

(Beide fangen schallend an zu lachen)

Matthias: Ich habe richtig krasse Träume, auch wenn es nicht lustig ist, obwohl wir jetzt lachen. Seit mindestens zehn Jahren habe ich sehr intensive Träume und ich bin jetzt seit fast einem Jahr wegen meiner Träume in Behandlung (lacht). Ich träume sehr extrem und das kommt auch immer sehr schnell, wenn ich im Zug einfach nur kurz einnicke, dann geht es sofort los und auch sehr krass, aber alles sehr wirr und selten konkret. Aber auf jeden Fall anstrengend. Zum Beispiel träume ich, dass ich in einem Gefängnis in Bangkok sitze und dort ausbrechen muss, weil morgen früh meine Hinrichtung ansteht. Total kranker Scheiß eigentlich (lacht).

Im Zuge der Traumtherapie habe ich jetzt auch schon viele Übungen gemacht, um zu versuchen alles zu steuern. Es gibt die Möglichkeit, dass man sich für einen Traum, der eigentlich ausweglos erscheint, ein alternatives Ende überlegen kann. Darauf muss man sich dann tagsüber konditionieren, sodass man es nachts im Traum eben abrufen kann. In meinem Fall war es dann einfach so, dass ich mir überlegt habe, dass ich eine Tür aufmache, die führt in einen neuen Raum und da steht daneben ein Sofa und eine frisch gelieferte Pizza (lacht). Ich esse dann also diese Pizza und der ganze Stress fällt von mir ab. Diese Situation muss ich mir dann über Wochen mehrmals vorstellen, wenn man es richtig übt, dann schafft man es theoretisch dem Traum so zu entkommen.

Manche Dinge kann man im Traum einfach nicht machen, man kann sich z. B. nicht an eine Wand anlehnen. Das geht wohl irgendwie nicht. Also kann man sich am Tag bewusst drei oder viermal an eine Wand anlehnen und sich dieses Gefühl abspeichern. Sollte man also in einem Traum in eine Bedrohungssituation kommen, kann man versuchen sich im Traum an eine Wand zu lehnen. Wenn man dann merkt, dass es nicht funktioniert, lohnt sich der Traum auf.

Meine Antwort ist also, ein klares Ja (lacht).

Wer ist in eurer Familie der größte Fan von eurer Band?

Sarah: (lacht) Auf jeden Fall mein Vater. Bei dem Releasekonzert von unserem ersten Album ist meine komplette Familie aufmarschiert, das war auch mein Geburtstag deshalb waren auch alle da. Erstmal haben sie sich alle vor dem Konzert alle T-Shirts von uns gekauft und die alle angezogen. Das war sehr süß. Meine Mutter kann mit Punk überhaupt nichts anfangen, als ich ihr erzählt habe dass ich in einer Punkband spiele, hat sie gesagt “Hä, aber du warst doch früher immer so nett.?”. Die hat so ein Bild von Punks im Kopf, dass das alles Vollidioten und Arschlöcher sind und sie verträgt laute Musik und viele Leute gar nicht gut. Das Konzert war In einem runtergeranzten Club, also für meine Mutter eigentlich total feindliche Umgebung. Aber selbst sie stand am Schluss auf einem Barhocker, so mitten in der Nebelmaschine und hat extrem gejubelt. Das war völlig absurd, so habe ich sie noch nie gesehen.

Und mein Vater ist extra in den Keller gegangen, um sein Plattenspieler hochzuholen, damit er unsere Platte hören kann. Ich habe ihm schon gesagt, dass man die auch online und auf CD hören kann, aber er wollte es unbedingt so zelebrieren. Meine ganze Familie ist also Fan.

Matthias: Bei mir nicht (lacht). Ich habe vorher schon in einer Band gespielt, da habe ich Schlagzeug gespielt, das war dann eher so Rock’n’Roll und Garagerock und das hat meinem Vater total getaugt. Das hat er sich gerne reingezogen und fand es super. Die Mucke von AKNE KID JOE können sie nicht verstehen, das ist ihnen zu laut und zu aggressiv. Dabei ist das ja gar nicht aggressiv…

Sarah: … Powerviolence (lacht).

Matthias: Ja, genau. Ist ja kein Powerviolence (lacht). Mittlerweile finden sie ist schon ein bisschen cool und über meine Schwester bekommen sie auch mit, was wir so auf Instagram machen. Und als wir vor Kurzem bei Zündfunk bei Bayern 2 im Radio liefen, das fanden sie schon gut. Und dann haben sie das Nightliner-Video von der Tour mit PASCOW gesehen und das fand mein Vater krass. Wahrscheinlich hat er es auch gar nicht gecheckt, dass es überhaupt nicht unser Bus war.

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Akne Kid Joe haben Rammstein den Trick mit der Pyro beigebracht, Foto von Kay Özdemir

Was war Dein peinlichster Haarschnitt?

Matthias: Boah, ich hatte sooo viele (lacht).

Sarah: Also ich hatte Dreads, so dicke und nicht so dünne, die eigentlich gut gemacht waren. Es waren so fünf Zöpfe und damit die Haare besser halten, habe ich mir noch ganz viel Zuckerwasser reingeschmiert und alles fing an zu schimmeln. Richtig asozial.

Matthias: Hatte ich auch, war aber nicht das Peinlichste bei mir. Als Kind hatte ich oben immer kurz und vorne so ein Pony. Da ich großer Borussia Dortmund-Fan war, habe ich mir hinten BVB 09 rasieren lassen. Und der Pony war auch noch eingefärbt (lacht). Und ich hatte später sogar einen Vokuhila, bei dem dann noch eine Zündschnur länger war. Als ich auf meinem Technofilm war, hatte ich eine schlimme Technofrisur, da hatte ich vorne so einen langen Zottel, den man sich hinters Ohr stecken konnte. Sah so Sven-Väth-mäßig aus, richtig scheiße.


AKNE KID JOE im Netz

Alle anderen “Gemischten Tüten” mit CLOWNS, IDLES, ROGERS und MARATHONMANN findet ihr hier.

Wie sich AKNE KID JOE im Rahmen des “Angst Macht Keinen Lärm”-Festival 2019 im Schlachthof Wiesbaden geschlagen haben, könnt ihr im passenden Festivalbericht nachlesen.

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