Grave Pleasures – Plagueboys – Review
Es gibt sie. Diese Alben, bei denen auf magische Weise einfach alles perfekt ineinandergreift und “Plagueboys” von GRAVE PLEASURES ist so eines. Acht Jahre nach ihrem Start als BEASTMILK und einem darauffolgenden Hype, der viele Genregrenzen mühelos überwand und in meinen Ohren trotzdem noch nicht berechtigt war, legen GRAVE PLEASURES jetzt ein wahres Meisterwerk vor.
Schön weichgebadet in der Ursuppe des (Post-)Punks, so wie JOY DIVISION, KILLING JOKE, WIRE und BAUHAUS ihn uns jeweils in individuellen Fragmenten vorgelegt hatten und so wie er dann mit Elektro und Synthie von DEPECHE MODE angereichert und als music for the masses ausformuliert wurde. Tanzbare Melancholie, immer mit einem stilvollen Abgang im Sinn. Musikalisch durchweg standfest unterfüttert vom knurrenden Bass von Valtteri Arino und den hitzig-treibenden Drums von Rainer Tuomikanto.
Haarscharf am Abgrund getanzt
Im Zentrum von GRAVE PLEASURES und “Plagueboys” steht natürlich weiterhin der markante Gesang von Mat McNerney. Schon bei seiner anderen Band HEXVESSEL schwingt in seinem Vortrag etwas Anziehendes mit, das sich mit einer seltsamen Distanz und etwas beachtenswert Mystischem begründet, das seinen Gesang umgibt. Auf “Plagueboys” bietet er viele Facetten davon an, vereint sie beinahe blind mit seinen Bandkollegen zu Musik, die sich tatsächlich echter anfühlt, als das meiste, was uns heutzutage als Düstermusik vorlegt wird.
GRAVE PLEASURES sorgen dafür, dass wir uns zu “Imminent Collapse”, “Tears On A Camera Lens” oder “Society Of Spectres” zwar instinktiv die Füße bluten tanzen, aber keine Sekunde darüber nachdenken, wie genial diese Songs komponiert wurden. Niemand der Band liefert auf diesem Album auch nur ansatzweise Standard ab, jede Nuance scheint grammgenau abgewogen und auf jeglichen Ballast wurde verzichtet.
Resonanzen aushalten
Kommt mit, lauf weg. So fühlt sich “Plagueboys” von GRAVE PLEASURES an. Denn die Finnen biedern sich mitnichten an, nicht mit ihrer Musik und schon gar nicht musikalisch. Die Kälte, die in unserer Gesellschaft anzieht und bei allen ankommt, vertonen sie und kontern auch nicht durchweg mit wärmenden Harmonien. “We must revel in both light and darkness, our gravest pleasures, to know what it is to be human”, so singt Mat McNerney in “Society Of Spectres”, genau das könnte man als Kern dieser Platte verstehen. Licht und Schatten, in perfekter Symbiose und im dadurch entstehenden Resonanzbereich dürfen wir als Hörerinnen und Hörer uns breitmachen.
GRAVE PLEASURES treiben uns also genüsslich am Abgrund entlang, führen uns mit “Conspiracy Of Love” stimmlich zu SIOUXSIE AND THE BANSHEES und rüber zu DEPECHE MODE. Trotzdem drängt sich kein Moment ein echtes Gefühl eines Plagiates auf, eher ein aufrichtiges Wiederbeleben von bestimmten Emotionen und tief eingesickerten Zwischentönen, die die Band selbst schon seit Jahren aufsaugt.
Kommt auf jeden Fall in meine Jahresbestenliste 2023! Es ist schön, nach dem beinahe-Verriss von “Doomsday Roadburn (Live At Roadburn Festival 2018)” fast vier Jahre später festhalten zu können, dass “Plagueboys” mit Abstand das bisher beste Album von GRAVE PLEASURES ist.
Dauer: 42:15
Label: Century Media/Sony Music
VÖ: 21.04.2023
Tracklist “Plagueboys” von GRAVE PLEASURES
Disintegration Girl
Heart Like A Slaughterhouse
When The Shooting’s Done
High On Annihilation
Lead Balloons
Imminent Collapse
Society Of Spectres
Conspiracy Of Love
Plagueboys
Tears On The Camera Lens
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