
Haiyti – Stadium Rock – Review
HAIYTI meldet sich mit „Stadium Rock“ und kurz dachte man, sie macht jetzt wirklich ernst und wechselt eiskalt das Genre. Aber ne, Spaß! Wäre aber für die ungekrönte Trap-Queen auch zu simpel gewesen und biss sich mit den ersten Singles „Beef mit der Welt“ und „Lumen“. Nachdem sie sich mit den letzten Alben etwas aus dem dunklen Loch rauskämpfte, zeigt sich HAIYTI auch auf „Stadium Rock“ angriffslustig und wieder unverschämt kreativ. Die Platte am Stück durchzuleiern ist kaum möglich, denn ständig bleibt man an Perlen hängen, die man erstmal bis zum Getno in die Dauerschleife packen muss.
Kann Spuren von „JUNKY“ enthalten
Der Tune von HAIYTI wandelt sich tatsächlich mit „Stadium Rock“ noch etwas mehr in Richtung organisch. Natürlich basiert alles auf dem eigentlichen Trap-Gerüst, aber irgendwie drängt sich der Eindruck auf, dass HAIYTI sich mittlerweile auch stimmlich etwas mehr traut, sie selbst zu sein. Mit „1,60“ nimmt sie sich selbst auf die Schippe, deutet ein Feature von BEBI COOL – sie selbst in ihrem jungen Ego – an. „Für die aktuellen Trends komm‘ ich zu früh“, tönt sie vollmundig, aber leider wahrheitsgemäß. Mit dem flockig-flächigen „Lumen“ greift dann HAIYTI den ausgelegten Faden von „JUNKY“ auf, wir erreichen hier zwar trotz Gitarrensolo auch nicht „Stadium Rock“, dafür aber maximales Pop-Stadium.
Ihr gehört die Minibar
Das von Klampfe flankierte „Dreh dich nochmal um“ rechtfertigt den Titel schon eher – wobei der bei HAIYTI eh wumpe ist – und fräst sich vor allem mit seiner überzeugend aufrichtigen Sanftheit umgehend ein. Ja, der gen STEVIE B und JOHNNY O freundlich grüßende Freestyle-Hip-Hop-Clash „Liebe den Hass“ ist eigentlich eine kreative Fingerübung. Juckt aber unterm Strich nicht, wenn der Beat in die Beine fährt und die Diskoampel ballert. Fast so sweet wie das Aufgreifen von John Travoltas und Oliva Newton-Johns „Summer Nights“ im Skit „Ladyboy“ und Rückkehr von Feature-Legende MONEY BOY. Deutliche Inspiration von ihrer Zusammenarbeit mit Wolf Biermann zeigt sich im glitzernd auffächernden „Florenz“. Hach ja, ich könnte zwei Hände voll mittelmäßige Singer-Songwriter mit schlecht gestimmter Klampfe aufzählen, den man diesen Text als Meisterleistung auslegen würde.
Wenig Dünnes dabei, es fehlt an Zeit und Hirn
Quantität statt Qualität, der garstige Vorwurf aller, die HAIYTI ihren ausufernden, kreativen Output neiden. „Stadium Rock“ ist mitnichten ein hingerotzter Schnellschuss, sondern ein deutlich erkennbarer Zwischenschritt zur nächsten Transformation von HAIYTI. Abgesehen von den typischen Trademarks hat das Album Seele und deutlich mehr als eine Handvoll heftige Ohrwürmer. Wie genau sie das macht, rafft man weiterhin nicht. Da ist wirklich erstaunlich wenig Dünnes dabei, es fehlt uns wohl einfach an Zeit und Hirn, um HAIYTI ausführlich zu würdigen. Es ist offensichtlich, dass ihr einige Merkmale fehlen, um beispielsweise so steil zu gehen wie BAD BUNNY oder ähnliche Künstler. Verdient hätte sie die Kohle, wahrscheinlich ist sie dazu verdammt, rückwärts im Dunkeln Loopings zu drehen. Mich würde so brennend interessieren, was sie auf die Seite legt. Danach würden sich andere alle zehn Finger leckern – I feel you, HAIYTI!
Dauer: 44:43
Label: Haiyti
VÖ: 07.03.2025
Tracklist von „Stadium Rock“ von HAIYTI
Der Kugelschreiber poppt nicht
Beef mit der Welt
1,60
Lumen
Irgendwas
Bunte Planeten
Dreh dich nochmal um
Butterfly Doors
Liebe den Hate
Ain’t rock it (Ft. Lunchbox)
Semtex
Tagebuch
Ladyboy
Cini Mini by Haiyti & Money Boy
Florenz
Texas
Sternenhimmel Digital
Vodka Soda (Ft. Caramelo)
Y2K Guns L
Wo soll das hinführen
Eine Nacht wie Jazz
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