Haken – Virus – Review
Die englischen Prog-Metaller von HAKEN liegen mit dem Albumtitel unfreiwillig im Trend der Zeit. Genau wegen diesem hat sich die Veröffentlichung des mittlerweile sechsten Album der Londoner mehrfach verschoben. Gelohnt hat sich das Warten auf jeden Fall. Das Sextett gehört für mich zum Besten, was die Szene aktuell zu bieten hat.
Wer ist der Kakerlakenkönig?
Schon im Opener „Prostethic“ wird klar, wo die große Stärke von HAKEN liegt. Sie fackeln ihre musikalischen Feuerwerke so gekonnt und mehrdimensional ab, dass für alle HörerInnen etwas dabei ist. Man kann sich als NerdIn in die Geschichte eingraben und den Onlineforen anschließen, die sich große Gedanken über die mehrere Alben umspannende Story machen. Als TechnikfreundIn kann man sich über jeden Kniff, jeden gelungenen Szenewechsel, die nahtlosen Übergänge von einzelnen Songs, die Polyrhytmen oder die Fingerfertigkeiten freuen. Und jeder Song von HAKEN hat auch einen simplen Widerhaken, der auch anspruchslose HörerInnen einfängt. Das kann ein packender Refrain sein, der überragende Gesang von Ross Jennings oder die cineastischen Klangwände die HAKEN immer wieder unerwartet aufbauen. Die aufmerksamen LeserInnen merken: Ich bin Fan.
Mehrdimensionale, musikalische O(h)rgasmen
HAKEN sind kompositorisch mindestens so talentiert wie handwerklich. Im fünfteiligen, insgesamt ca. 17 Minuten andauernden Messiah Complex-Epos gibt uns die Band alles, was das Hörerherz braucht. Von Drama, über brachiale Härte, zu ausschüttelnden Abfahrten und ruhigeren, exquisiten Szenen, ist hier alles dabei. Selbst eine grobe Beschreibung sprengt den Rahmen und ist noch dazu kontraproduktiv. Dass die Songs dabei trotzdem noch locker, ja schon fast lässig und nicht verkopft und angestrengt klingen, ist die eigentliche Kunst. Entdeckt man mehrteilige Stücke oder Songs, die die 6 Minutenmarke knacken, ist man meistens skeptisch. Eine gewisse Redundanz oder Maßlosigkeit und fehlende Struktur sind dann vorprogrammiert, selbst bei den richtig Großen. Nicht so bei HAKEN.
Es geht auch einfach
„Carousel“ oder „The Strain“ verfolgen eine andere Taktik, wirken im Vergleich zum Rest durch ihre Knappheit schon fast simpel. Doch auch hier wird geklotzt, mit Riffs gedrängt und Töne um mehrere Ecken gejagt. „Kleinigkeiten“, wie die Tatsache, dass der Gesang im Refrain eine Spur neben dem Gesang stattfindet oder Bass und Drums sich unerwartet zu einem jazzigen Intermezzo finden, machen auch diese Songs großartig. „The Strain“ eskaliert in einem Refrain, der zwangsläufig Gänsehaut macht und mit herrlicher Fingerakrobatik an den Gitarren ausläuft. Die Synthies schicken freche Tonketten von rechts nach links und wieder zurück, der Song wirkt wie ein ständiger Wechsel von Anschwellen, ruckartigem Platzen und Ruhen.
Und selbstredend haben HAKEN auch die 8 Bit-Sounds vom Vorgänger „Vector“ rübergerettet, wenn auch etwas zurückhaltender. HAKEN wirken wie eine wohltuende Ohrreinigung, die in 51 Minuten alle Reste von schäbigem EinzweiEinsZwei-Rock wegspült. Den Rausschmeißer, das getragene und balladeske „Only Stars“ kann man entweder als trümmerromantischen Cooldown verstehen oder getrost weglassen. An die Qualität der vorherigen Songs kann er leider nicht anschließen. „Virus“ ist ganz großes Kino für die Ohren und definitiv unter meinen Jahresbesten.
Dauer: 51:53
Label: InsideOut Music
VÖ: 10.07.2020
Tracklist „Virus“ von HAKEN
Prosthetic
Invasion
Carousel
The Strain
Canary Yellow
Messiah Complex i: Ivory Tower
Messiah Complex ii: A Glutton For Punishment
Messiah Complex iii: Marigold
Messiah Complex iv: The Sect
Messiah Complex v: Ectobius Rex
Only Stars
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