
Heavy Lungs – Caviar – Review
Man kann HEAVY LUNGS nicht gerade vorwerfen, dass sie ihre Freundschaft zu IDLES groß ausgeschlachtet hätten. Haben sie auch nicht nötig, denn auch ihr zweites Album „Caviar“ überzeugt musikalisch vollends. Im Gegensatz zu den anderen Teilchen der seit Jahren aus Großbritannien herüberschwappenden Welle von Post-Punkbands punkten Danny Nedelko und seine Kollegen mit dem Extra an Speed und einem bestechenden Groove im Sinne von DILLA, METZ oder SHOW ME THE BODY. Die aktuelle Platte rotzt sinnbildlich in den Caviar der Leute, die ihn sich leisten können – und das auch tun. Ein Symbol, nicht nur für absurden Reichtum, sondern vor allem auch für die egoistische Kurzsicht und zu viel von der Hybris, die unsere Welt so schlecht macht.

Zwischen Versagen und Wut
„Caviar“ von HEAVY LUNGS ist keine wutentbrannte Schimpftirade auf „die da oben“ – es sind auch die Geschichten von denen, die versagen. Die, die prokrastinieren, und die, die für das kleine Glück richtig ackern müssen. Trotzdem ist die Platte von einer ansteckenden Dynamik dominiert, wirkt an manchen Stellen nahezu euphorisch locker. Dem gegenüber stehen düster vernebelte Katakombenhits wie „Into The Fire“. Die Texte sind herrlich sarkastisch, HEAVY LUNGS bieten sich als Führer durch ihre ganz eigenen Welten an. „If you know, you know, If you don’t I’ll show you“, bietet Danny in „Ballerina“ an, während die Musik die pure Abwehrhaltung provoziert und alles in Grund und Boden metert. „Caviar“ kreuzt genau dann mit der notwendigen Überdosis Noise rein, wenn alles etwas zu nett zu werden scheint.
Die Realität mit Noise ummanteln
HEAVY LUNGS beschönigen das reiche und vermeintlich bessere Leben auf „Caviar“ nicht. „I just wanna be famous already, this is boring“ – so lautet die aufmunternde Botschaft in „Mr. Famous“, denn wer will schon mit Musik Geld verdienen? Die Blaupause von THE LIBERTINES’ „Shotter’s Nation“ ist sicher Zufall, oder? Bei der Quote wäre es auch dumm, sich ein sorgloses Leben zu wünschen. Den eigenen Shit zu akzeptieren, ist deutlich einfacher und realistischer. HEAVY LUNGS werfen der Realität einen agilen und passenden musikalischen Mantel über, der das Scheitern ultracool wirken lässt. In „Call It In“ zeigt die Band dann, dass sie auch abseits der üblichen Pfade Ideen und Neues zu bieten hat und „Life’s A Buffet“ zieht überraschend ein Achtzigerjahre-Solo aus dem Hut.
Mehr Verlierer, als Gewinner. Cool, oder?
Viele Worte brauchen sie dafür eigentlich nicht, um zu überzeugen – und in „Caviar“ versteckt sich auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Es sind schnellzündende Impulse, die die Sorgen und Ängste mit einem Wisch zur Seite schieben. Es gibt mehr Verlierer als Gewinner auf dieser Welt. Genau deshalb braucht es solche Bands.
Dauer: 29:34
Label: FatCat Records
VÖ: 18.04.2025
Tracklist „Caviar“ von HEAVY LUNGS
Yes, Chef
Cushion The Blow
Get Out
Cavira
Into The Fire
Ballerina
Self Portrait
Call It In
Put Thy Kettle On
Mr. Famous
Lifes A Buffet
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