Lest die Review zu "Vom Tun und Lassen" von HEISSKALT bei krachfink.de

Heisskalt – Vom Tun und Lassen – Review

Es gibt ein Wort, das viele Perspektiven von „Vom Tun und Lassen“ der Band HEISSKALT vereint: Endlich. Endlich meldet sich die Band zurück. Endlich sind wir doch alle. Es liegt an jeder einzelnen Person, aus dieser Tatsache Möglichkeiten, Gelassenheit oder Pflichten für nachfolgende Generationen abzuleiten. Und endlich hat eine Band der gesellschaftlichen Debatte etwas Neues hinzuzufügen. Wer HEISSKALT bisher als lamentierend, zu fordernd oder als Chronisten der ausschließlich dunklen Momente verstanden hat, wird überrascht sein. Musikalisch hat sich das Quartett – neu dabei am Bass ist Lola Schrade und auch Gründungsmitglied und Gitarrist Philipp Koch ist wieder an Bord – spannende Nischen erspielt, die Ausdrucksweise von Mathias Bloech ist weiterhin einzigartig, sein Blickwinkel ist mittlerweile ein anderer.

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HEISSKALT, 2024 Foto von Yasmin-Sara Ergen

Krisen lassen sich nicht üben, aber alles ist gut

„Vom Tun und Lassen“ von HEISSKALT reiht sich mit der Gegenüberstellung von Möglichkeiten nach „Vom Wissen und Wollen“ und „Vom Stehen und Fallen“ ein. Ironischerweise machte gerade die letzte Platte „Idylle“ der Band den Garaus, sie fühlten sich leer und ausgebrannt. Es hätte ihnen niemand übel genommen, wären sie vollgepackt mit Zweifeln und Ängsten zurückgekommen, und selbstredend haben sich diese nicht in Luft aufgelöst. Ihre Kompositionen vermitteln allerdings eine bemerkenswerte Leichtigkeit und auch eine emotionale Standfestigkeit, die uns allen gerade zu Pass kommt.

Der Opener überwältigt mit seiner atmosphärischen Weite und die Ernsthaftigkeit hat wenig zu tun mit engbrustigem Post-Rock oder gekünsteltem Pop. Die folgenden Songs flirren musikalisch im üblichen HEISSKALT-Stil, Bloech intoniert von jeher fragend und nach hinten offen. Die Drums von Marius symbolisieren häufiger ein Aufrütteln, gepaart mit dynamischen Aufstampfen, während die Gitarren eher Schneisen in den Meinungsdschungel reißen und neue Wege freispielen.

Da hinten ist noch Licht

„Sommer“ fasst den Rahmen dann einerseits noch größer und doch wieder klein, Gitarren und Drums shreddern nach vorne, HEISSKALT reißen im übertragenen Sinne jedes noch so kleine Fenster auf und lassen frische Luft herein. Ähnlich wie bei Moby Dick oder Kafka nutzt die Band die Möglichkeit, das große, unvermeidliche „Böse“ – die Existenzkrise oder das existenzielle Unheil – durch das Fokussieren auf Details und kleine, bedeutungsvolle Dinge abzuwehren, was uns zumindest kurzfristig eine Form von Ablenkung oder Bewältigungsmechanismus an die Hand gibt. Das folgende „Dieses Gefühl“ tendiert dann schon Richtung Soul- und R&B-Musik und spielt eine weitere der vielen Stärken der Band aus. HEISSKALT waren schon immer dazu bereit, die ruhigen Momente länger auszudehnen, als ähnliche Bands, ohne dass die Songs wie Pflichterfüllung als Konter für die harten Songs wirken.

Was „Vom Tun und Lassen“ von HEISSKALT anders macht als die Platten davor, wird in „Vom Schlimmsten“, „Heim“ und „Wasser, Luft und Licht“ inhaltlich aufgedröselt. Musik und Text resonieren verblüffend exakt miteinander: Weg von ‚wir gegen die‘, hin zu einem Appell an die eigenen Möglichkeiten.

Eine der wichtigsten Platten des Jahres

Und so gelingt der Band aus Süddeutschland mit ihrem neuen Werk „Vom Tun und Lassen“ etwas Besonderes: Sie schafft es, ihre Musik zeitgemäß zu gestalten und gleichzeitig die aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen und Schieflagen auf eine kluge und reflektierte Weise aufzugreifen. Aus diesen Beobachtungen leitet sie konkrete, nachvollziehbare Potenziale ab, die den Hörenden Orientierung bieten.

Ohne dabei in spirituelle Sphären abzudriften, gelingt es HEISSKALT, ihre Songs auf ein höheres Level zu heben – auf eines, aus dem man auch in zehn Jahren noch Kraft schöpfen und bestärkende Perspektiven ableiten kann. „Vom Tun und Lassen“ von HEISSKALT ist zweifelsohne jetzt schon eine der wichtigsten Platten des Jahres!

Dauer: 43:21
Label: Munich Warehouse
VÖ: 24.01.2025

Tracklist „Vom Tun Und Lassen“ von HEISSKALT
Alle Zeit
Vampire
Lehnen Im Licht
Wasser, Luft Und Licht
Sommer
Dieses Gefühl
Vom Schlimmsten
Mit Worten Und Granaten
Heim
Teilchen

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Ein Kommentar

  • Habe mir Karten für Stuttgart in September gekauft und freu mich so sehr sie wieder live sehen zu können. Bin sehr gespannt auf das neue Album … ganz selten das ich die CD auch beim eigenen Shop bestelle. Verdammt, vielleicht wird das Jahr 2025 doch für was gut.

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