
High Vis – Guided Tour – Review
HIGH VIS aus London setzen sich auch mit ihrem dritten Album „Guided Tour“ zwischen alle Stühle. Die Mischung aus Brit Rock, Hardcore und Post-Punk ist gerade so hittig, dass man sich schnell damit vertraut machen kann und zündend genug, um live abzugehen. Die Sporen hat sich die britische Band rund um Fronter Graham Sayle in den letzten Jahren mühsam erarbeitet und sich vom Club bis zu den großen Bühnen des Hurricane, Lollapalooza oder Southside Festival redlich verdient. Mit einer gewissen Entspanntheit startet die Band nun mit dem zurückgelehnten Titelsong in ihr neues Album und versprüht die vertraute Atmosphäre der Nullerjahre. Nach dem smarten Einstieg verdichten HIGH VIS sofort die Stimmung und legen an Kratzbürstigkeit zu. Wer mit beiden Facetten bis dahin gut bedient ist, für den ist „Guided Tour“ genau das Richtige!
Eine eigenständige Soundmischung mit vielseitigen Einflüssen
Nach mittlerweile acht Jahren als Band haben sich HIGH VIS längst ihre eigene Soundmelange gebastelt, trotzdem schwirren einem bei „Guided Tour“ zahlreiche musikalische Assoziationen durch den Kopf. Und selbst mit den eingangs bestimmten Genres wird man der Band nicht gerecht. „Worth The Wait“ pendelt zwischen alten CURE-Klassikern und pimpt diese mit zeitgemäßer Energie – die Konterwirkung ist genial. Während die Gitarren perlen, drückt der Bass hart dagegen, bis beide im Refrain aufeinanderprallen und zu einem singenden, großen Finale verschmelzen. HIGH VIS arbeiten nicht mit Aufregung, sind nicht aggressiv, aber trotzdem sehr präsent. Die Führung übernimmt nicht zwingend der Gesang, häufig dient dieser nur als Flanke, und um die Einprägsamkeit kümmern sich eigentlich meistens die Gitarren.
Sollte das beabsichtigt sein, wäre das eine gute Idee. Allerdings könnte man nach mehreren Durchläufen auch der Meinung sein, dass da zwei Parteien an unterschiedlichen Enden ziehen – bleibt also spannend, ob hier eine Fraktion auf lange Sicht die Überhand gewinnt.
Stärken und Schwächen auf „Guided Tour“
Bei allem Lob hat „Guided Tour“ von HIGH VIS aber auch offensichtliche Schwachstellen. Es gibt viele gute Momente und nachhallende Szenen, aber mit „Gone Forever“ nur einen einzigen Hit. Der wurde ganz ans Ende gepackt wurde und sorgt somit immerhin für einen lässigen Abgang. Aber dazwischen findet sich Chancen, die nicht vollends verwandelt wurde. Ironischerweise zeigt gerade „Fill The Gap“ dieses Manko auf, denn hier bieten eigentlich alle Bandmitglieder auffallend massig an, aber so richtig kommt der Song nicht zum Abschluss. Niemand scheint zu wissen, wohin es mit den tollen Ansätzen gehen könnte. Ein kurzes Aufbäumen, spannende Melodieführungen und sich überkreuzende Strukturen, aber leider kein Herzklopfen. Dass die Band besonders live abräumt, wird seine Gründe haben, wahrscheinlich sind sie da intuitiver, als im Studio.
Da geht noch deutlich mehr
Düstere Post-Punk-Interludes wie „Farringdon“ machen auch Lust auf mehr, sind aber dann doch nur Wegweiser in Sackgassen, die man gerne ausformuliert gehört hätte. Auch die zwei ausfadenden Songenden sind unbefriedigend. Wenn die Gitarren weniger fragil sind und wie in „Mob DLA“ braten, dann wirken HIGH VIS stimmiger und rütteln erfolgreich da, wo nicht jede Band hinkommt. Und beim tanzbaren „Mind’s A Lie“ katapultiert uns die Truppe in eine ganz neue Ecke mit Discokugel und chilligen Neunzigerjahre-Dancefloor-Samples. Um HIGH VIS also vollends zu erfassen, sollte man sie wohl live anschauen – am besten auf der anstehenden Tour, die sie auch nach Deutschland führt.
Dauer: 37:33
Label: Dais Records / Cargo
VÖ: 18.10.2024
Tracklist „Guided Tour“ von HIGH VIS
Guided Tour
Drop Me Out
Worth the Wait
Feeling Bless
Fill the Gap
Farringdon
Mob DLA
Untethered
Deserve It
Mind’s a Lie
Gone Forever
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