Illegale Farben – unbedeutend ungenau – Review
“unbedeutetend ungenau” heißt das neue Album der Post-Punkband ILLEGALE FARBEN. Ein Album, bei dem über eine knappe halbe Stunde alle Songs zu einem, einzigen Track verwoben sind. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die neue Platte der Kölner Indie-Punker so wirkt, als ob sie nach einem Durchlauf langsam in die Luft steigt wie eine skurrile Teebeutelrakete und dann genau dort unwiederbringlich verpufft. Seltsamerweise sorgen die fehlenden Anker in Form von Tracks – obwohl es ganz herkömmliche Songs mit Ende und Anfang sind – für Irritation, Unsicherheit und das Gefühl von Haltlosigkeit.
Regt sich da noch was?
Diese Haltlosigkeit kann man nach mehreren Durchläufen von “unbedeutend ungenau” immer besser akzeptieren. Thilo, Jens W., Chris, Jens K. und Thomas folgen einem ungewohnten Rhythmus und anfangs verwirrenden, aber dann durchaus stimmigen Bildern, die sich selbst zu widersprechen scheinen. Während “Alles exlodiert” die Tristesse besingt und einen detaillierten, schonungslosen Abriss von traurigen Wahrheiten darbietet, steigt im Gegenzug die Akzeptanz des Elends und somit auch die gute Laune bei den Hörer*innen. Und wenn der Bass im Einklang mit breiten Synthies nach vorne stampft, von frei fliegenden Bongos unterbrochen wird und ILLEGALE FARBEN mantrisch “Ich trainiere Menschen” rufen, wirken sie wie ein gelungener – aber auch gespenstischer – Clash aus THE TALKING HEADS und DIE NERVEN.
Man weiß nicht immer sofort ganz genau, was die Band von uns will, aber genau das ist spannend. In den losen, fiebertraumartigen Sequenzen werden die HörerInnen manchmal direkt angesprochen, der Zusammenhang ist nicht immer verständlich. Warum? Na Bingo, weil alles unbedeutend ungenau ist. Auch du. Du bist alles und alles ist nichts. Eindeutig tanzbar wird es beim wavigen “Standpunkt der Verlierer”, auch hier dekorieren ILLEGALE FARBEN mit Punk-unüblichen Instrumenten und rücken sich selbst weg vom Einheitsbrei.
Einfach mal in Verlierer investieren
Hört man “unbedeutend ungenau” von ILLEGALE FARBEN zum ersten Mal durch, fühlt sich tatsächlich alles nach einem konsequenten Anstrich in Schwarz und Weiß an. Je vertrauter man mit den Songs wird, umso mehr scheint man Abstufungen wahrnehmen zu können, eine interessante synästhetischen Empfindung. Mit ihrem dritten Album bieten uns ILLEGALE FARBEN die muckelige Höhle, in die man sich verkriechen kann und erzählen Melancholie in manchen Momenten fast schon romantisch und in anderen wieder schmerzhaft bitter. Auf YouTube gibt es einen begleitenden Film, der auf Grundlage der Musik von der Fotografin und Künstlerin Ines Rehberger gestaltet wurde. Ein sperriges Album, das sind meistens die besten.
Dauer: 31:05
Label: Rookie Records
VÖ: 12.02.2021
Tracklist “unbedeutend ungenau” von ILLEGALE FARBEN
Unbedeutend ungenau
Zwischenraum 1
Alles explodiert
Zwischenraum 2
Standpunkt der Verlierer
Zwischenraum 3
Hunderttausend
Zwischenraum 4
Menschentrainer
Unter Deiner Haut
Ausklang
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