Lest das Interview mit Sarah und Matti zu "4 von 5" bei krachfink.de

Interview mit Akne Kid Joe zu „4 von 5“ – Teil 1

Matti: Ich möchte auch noch mal klarstellen, dass die Leute, mit denen wir das zusammen machen, also jetzt Alex mit Kidnap Music oder Audiolith, das sind nicht die Leute, die uns Druck machen. Wir sind ja jetzt nicht in irgendeiner Musikbranche oder in einem Umfeld, in dem man uns ständig fordert. Es ist eher so das allgemeine Klima, in das du vielleicht automatisch so ein bisschen gerätst, wenn du selber Musik machst und dich mit anderen vergleichst, die dasselbe tun. Und da gehört zum Beispiel, dass mir Streaming zum Beispiel inzwischen einfach viel mehr egal geworden.

Ich weiß, am Ende des Tages, Streaming ist im besten Fall eine Promo, dass Leute unsere Musik entdecken und dann auf Tour kommen. Okay, so what? Aber ich checke auch nicht, wieso die komplette Branche dieses riesige Stockholm-Syndrom mit Spotify und Co hat. Ständig irgendwie schreiben, bitte packt uns noch in diese Playlist und das Ranking, schickt uns einen Screenshot von eurer Playlist und wir teilen dann den Screenshot in unserer Story und dann gibt es noch ein personalisiertes Video für euch.

Wieso macht man diese Scheiße mit, wenn am Ende des Tages einfach nichts übrig bleibt? Und dann zu entscheiden, okay, mir ist das einfach jetzt ganz scheißegal, wie viele Streams dieser Song jetzt irgendwie auf Spotify hat oder nicht, weil am Ende des Tages kann ich mir eh nichts davon kaufen. Das finde ich schon auch relativ bezeichnend, irgendwie. Wir haben als Band schon auch immer wieder darüber gesprochen, ich hatte das jetzt eigentlich auch vorgeschlagen im Zuge von dem Album irgendwann, als ich mal so ein bisschen so den Abfuck hatte mit dem ganzen Game, ob man die neue Platte „4 von 5“ vielleicht einfach nur als physisches Produkt herausbringt oder als Stream auf Bandcamp only. Sarah meinte dann irgendwie auch, das es schon cool ist, aber es ist irgendwie auch so ein bisschen so boomermäßig, verstehe ich auch. Aber ich finde es nach wie vor einen interessanten Gedanken einfach irgendwann mal zu sagen so, ey, ich spiele da nicht mehr mit. Und von uns gibt es jetzt einfach nichts mehr umsonst auf Spotify. Also es ist ja nicht umsonst, aber es ist annähernd umsonst.

Das ist gratis, ja. Und ich musste bei eurem Albumtitel sofort an DIE ANTWOORD denken, weil die ja ihre Karriere als Kunstprojekt aufgezogen haben und gesagt haben, fünf Platten und dann ist Schluss.

Matti: Echt? Das wusste ich gar nicht.

Sarah: Die sind auf jeden Fall kritisch, glaube ich. Kritische Band.

Matti: Die sind kritisch, aber die haben eine ähnliche Frisur wie du, Sarah.

Haha, das stimmt. Könntet ihr euch vorstellen, dass ihr noch eine Platte macht, dann ist erstmal Schluss und ihr überlegt euch was Neues? Vielleicht auch was, was gar nichts mit Punks zu tun hat?

Matti: Na ja, also der Plan war es natürlich nicht. Aber ich finde auch, man kann das schon mal so offen so stehen lassen. Witzigerweise hat uns gestern Sven, der früher bei uns getrommelt hat, gefragt, ob der Albumtitel von diesem ARCTIC MONKEY-Song kommt. Der ist irgendwie „4 out of 5“ oder so (Anmerkung der Red.: Ein Song vom Album „Tranquility Base“). Aber nee, es war irgendwann so einfach vierte Platte. Okay, cool.

Und natürlich ist es auch eine Anspielung auf diese Bewertungsmechanismen?

Matti: Ja, das ist ja ganz normal mittlerweile mit diesen Bewertungen, dann kam ja noch dieser Song „Lass die Band auflösen, aber vorher noch ein Weihnachtsalbum rausbringen“, der auf der Platte ist. Da ist natürlich schon irgendwie so ein bisschen der Gedanke gekommen, wie cool wäre es eigentlich, wenn das wirklich die vorletzte Platte ist und dann gibt es noch ein Weihnachtsalbum und dann ist es vorbei. Finde ich schon lässig irgendwie. Aber am Ende des Tages wird es mir dann vielleicht auch fehlen. Regeln sind ja auch da, um die zu brechen. Vielleicht macht man es einfach genauso und dann heißt es die sechste Platte sechs von fünf oder so.

Das Bewertungssystem ist auch etwas, mit dem Bands absurderweise dann immer hausieren gehen. Das wird dann als Quote genommen und ich finde, das hat überhaupt keine Relevanz, gerade wenn es noch außerhalb der Szene beim SPIEGEL oder so stattgefunden hat.

Matti: Wir haben in unserem Pressetext ja selber für die Quotes gesorgt und die PIXIES als Referenz in Spiel gebracht. Ein Typ von DOG EAT DOG hat uns mal bestätigt, dass wir wie die PIXIES klingen würden. Wir haben beim gleichen Festival gespielt, der Sänger hat uns gehört, gelacht und gesagt: „Great, sounds like PIXIES.“

Ich interpretiere ja gerne Artworks, den Transfer des Albumtitel „4 von 5“ über die Finger schnalle ich schon, aber für den Rest konnte ich mir keine Bedeutung zusammenreimen. Diese Silhouette, die hier abgeschnitten wird, die Farbgebung, hat das irgendwie was Grau im Sinne von… was ist denn die Idee hinter dem Cover?

Matti: Also ich erzähle dir jetzt einfach die ganze Story, okay?

Cool, das wäre regulär erst die zweite Frage von meinem Zettel, aber erzähl gerne mal die ganze Story.

Matti: Nee, ich erzähle dir die halbe Story. Lieber nur die halbe Story. Also die Idee war, dass ich es lässig gefunden hätte, wenn wir eine Person finden, der ein Finger fehlt. Vier von fünf quasi. Und dann haben wir schon überall uns umgehört, ob jemand eine Person kennt, der ein Finger fehlt. Also ich kenne niemanden. Es muss ja dann schon auch noch der richtige Finger sein. Und dann muss er auch noch bis zu dem unteren Gelenk fehlen eigentlich. Auf jeden Fall war es dann nicht so einfach. Wir haben niemanden gefunden. Und dann habe ich so ein bisschen recherchiert und bin ich auf einen Artikel gestoßen aus England von einer Frau. Die war so um die 60 rum, würde ich sagen. Und die ist zur, wie nennt man das? Maniküre, Pediküre?

Hände sind Maniküre, ja.

Matti: Die hat sich halt irgendwo die Nägel machen lassen und es hat sich wohl so böse entzündet, dass man den Finger amputieren musste. Und dann hat irgendeine englische Online-Zeitschrift darüber berichtet. Ich glaube, es war sogar Yahoo oder so. Irgendwo habe ich das auf jeden Fall gefunden. Es gab halt ein Foto von dieser Frau und es sah so badass aus. Die war schon recht alt, hatte so blondierte Haare, einen Pelzmantel mit einem Leopardenmuster an und hat halt ihre Hand quasi in die Kamera gehalten und der Finger hat hier gefehlt. Und die Nägel waren auch so rot lackiert und es sah einfach mega geil aus. Und dann dachte ich mir, das ist eigentlich das Foto, das man für das Cover bräuchte.

Besser wird es eh nicht. Und dann habe ich versucht, einen Kontakt herzustellen und bin gescheitert. Ich habe der Journalistin geschrieben, die den Artikel verfasst hat: Hey, wir sind eine Band aus Deutschland, wir finden das irgendwie saugeil, gibt es einen Kontakt zu dieser Frau? Ich habe natürlich nie eine Antwort bekommen. Und wir hatten das Gefühl, das einfach so zu nehmen, das wäre jetzt auch asi irgendwie. Und dann habe ich meinen Kumpel Wollo gefragt, der voll in diesem KI-Ding drin ist, ich habe mit KI selber überhaupt nichts am Hut. Ich stehe da auch nicht drauf und habe auch keine Lust, mich da reinzufilmen.

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Einer der KI-fails

Aber ich habe dem dieses Foto gezeigt von dieser Frau und gefragt, ob er das einfach mal so ein bisschen durch die KI laufen lassen kann. Vielleicht kommt ein cooles Bild raus von so einer Frau, die nur vier Finger hat. Und dann hat er das gemacht und hat mir dann wirklich innerhalb von ein paar Tagen so Hunderte Variationen ausgespuckt. Irgendwann hat aber die KI einen Fehler gemacht und die Frau hatte quasi nicht mehr den Finger amputiert, sondern hatte den einen Finger hinter dem Mantelkragen. Und dann dachten wir eigentlich, okay, das ist jetzt eigentlich überhaupt nicht da, wo wir hinwollten. Aber das ist irgendwie auch ganz frech, so wie die den Finger so versteckt.

Und dann haben wir überlegt, okay, cool, anhand von der Basis könnten wir ja jetzt ein Foto machen mit einer echten Person, die den Finger da hinten rein versteckt. Und dann haben wir so ein bisschen herumüberlegt und uns aber dafür entschieden, dass es so, wie es die KI ausgespuckt hat mit dieser ganzen Geschichte, dass es auch ein Fehler war und dass man da irgendwo gelandet ist, wo man gar nicht hinwollte, eigentlich die coolste Variante ist. Und dann haben wir gesagt, okay, fuck it, lass es so nehmen, das ist cool. Und ich finde, man merkt es auch nicht auf den ersten Blick, dass es KI ist.

Doch! Gestern habe ich die Platte in die Hand genommen und dachte mir, dass der Joke wohl ist, dass man das dann so an sich selbst dranhalten kann. Ich habe also versucht das Artwork an meinen Körper anzupassen und bei mir dranzuhalten und mir fiel sofort auf, dass der Hals viel zu alt für die Hand ist. Und irgendwie konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass jemand freiwillig diese Klamotten und Farben kombiniert, wenn man weiß, dass es für ein Punk-Album ist. Ich fand das alles komisch… das heißt, ihr habt voll einen auf DEICIDE gemacht. Das ist nämlich gerade eine riesige Kontroverse in der Metal-Szene, dass die ihr letztes Cover von einer KI haben machen lassen.

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Das finale Artwork von „4 von 5“

Matti: Also im Endeffekt denke ich, dass sauviele Leute ihre Cover von der KI machen lassen. Ich glaube, wir wären normalerweise nie auf die Idee gekommen, die KI ein Cover machen zu lassen, weil es auch einfach null unser Gusto ist. Aber in dem Fall, dass es irgendwie so eine lange Geschichte hat und um so viele Ecken ging, fand ich es irgendwie ganz gut. Und ich finde, dass es so ein bisschen Fragen aufwirft. Dass mit der Hand war vorher noch krasser, die KI haben ja generell so viele Probleme, überhaupt Hände darzustellen.

Jetzt bin ich aber gespannt, weil wir ja über Kritik gesprochen haben, wofür ihr jetzt in diesem Fall Kritik kriegt. Wegen der KI oder der Idee, eine Frau, die ja schon geschunden genug ist, auf das Cover zu nehmen?.

Matti: Die hat ja alle fünf Finger, die da drauf ist.

Sarah: Nadine meint die Originalfrau, die du eigentlich haben wolltest.

Matti: Ach so, du meinst jetzt, wenn jetzt jemand das krachfink.de-Interview liest. Na ja, wir haben es ja nicht genommen, wir hätten sie ja gefragt, was cool ist für sie.

Ein Kommentar

  • Wow! Das ist ja schon mal aufschlussreich und interessant. Ich freue mich schon auf die weiteren Teile, wann kommen die?

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