teaser_Fiddlehead_Credit Mitch Wojcik

Interview mit Bassist C von Fiddlehead über “Between The Richness”

Mit “Between The Richness” legt die amerikanische Post-Hardcore-Band FIDDLEHEAD das zweite Album vor. Knappe 25 Minuten, die sich nur auf das Wesentliche beschränken und durch die pure Essenz mehr Tiefgang vermitteln, als die meisten lieblos vor die Füße gebolzten Alben aus diesem Genre. Bassist C stand per Zoom Rede und Antwort über ein Album, mit dem Sänger Patrick auf jeden Fall den nächsten Schritt in seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte mit uns teilt.

Während sich das Debüt noch mit dem Tod seines Vaters beschäftigte, ist er nun selbst Vater und hat seine Perspektive in vielerlei Hinsicht verändert. Seine Bandkollegen unterstützen ihn mit Melodien, die so fest mit dem Inhalt verbunden scheinen, dass man beinahe denken könnte, dass FIDDLEHEAD eine einzelne verschmolzene Person wären.

Erzähl mir erstmal was von Dir als Musiker. Was hat Dein Interesse für Musik geweckt?

Die ersten Erinnerungen, die ich an Musik habe, die im übrigen auch durch alte Homevideos meiner Eltern bestätigt wurden, sind die, wie ich als Kleinkind Musikvideos im TV gesehen habe. Das Erste, das mich wirklich enorm beeindruckt hat, war “Sledge Hammer” von PETER GABRIEL. Das erschien mir absolut magisch und cool. Es hat mein grundsätzliches Interesse gewirkt, auch wenn ich dann erst in Grundschule angefangen habe, selbst Musik zu machen. Meine Eltern haben mir eine Gitarre besorgt und das war dann das erste Instrument, das ich gelernt habe. Aber erst in der Highschool habe ich dann in mehreren Bands gespielt hat.

Wann und warum hast Du dann von der Gitarre zum Bass gewechselt?

Das war tatsächlich eher eine praktische Sache. Ich habe mit Henry und Alex in Boston gewohnt und die haben mich dann irgendwann gefragt, ob ich bei FIDDLEHEAD Bass spielen möchte. Bis dahin hatte ich es nie versucht, aber dann habe ich mir einen gekauft und mich damit vertraut gemacht. Erstmal habe ich es für andere Projekte eingesetzt, der Bass hat mir plötzlich eine ganz neue Perspektive für Musik eröffnet und dafür gesorgt, dass ich jetzt komplett anders Musik schreiben kann. Aber ehrlich gesagt, war das eigentlich nur wegen FIDDLEHEAD, weil ich da eben einen brauchte und mich dann zwangsweise damit auseinandersetzen musste.

FIDDLEHEAD 2021, Credit Mitch Wojcik

In der Presseinfo stand, dass es das zweite FIDDLEHEAD-Album beinahe nicht gegeben hätte, warum?

Nachdem wir das Debüt aufgenommen hatten, wurde uns rückblickend klar, dass das ein ganz schön kräftezehrender Prozess für gewesen war. Wir sind alle sehr perfektionistisch veranlagt und waren danach erstmal leer. Das war so ein gutes Album und wir waren uns nicht klar, ob sowas nochmal machen können oder auch machen sollten. Wir sind uns komplett einig darüber, dass wir keine Musik machen wollen, nur um einfach Musik zu machen. Wir wollen uns weiterentwickeln und nicht stehenbleiben. Irgendwann haben wir dann aber ganz natürlich damit angefangen, am zweiten Album zu schreiben.

Das Album heißt “Between The Richness”, wie definierst Du Reichtum für Dich?

Im Hinblick auf das Album war das ein Titel, auf den wir uns einigen konnten. Es geht ja viel um Pats Verbindung zu seinem Vater und dann wieder seine Verbindung zu seinem Sohn, die beide Richard heißen. Richness ist also in dem Fall auch eine Anspielung auf deren Vornamen. Und allgemein geht es darum, was zwischen den schönen Begebenheiten in unserem Leben passiert. Dass es da eben viel dunkler und trauriger zugeht. Das Album befasst sich mit diesen Zeiten und selbst wenn es manchmal fröhlich wirkt, dann sind die Texte doch eigentlich immer traurig. “Between The Richness” befasst sich mit der klassischen Trope Gut und Böse.

In eurem Artwork finden sich viele Polaroidfotos, das ist eigentlich eine etwas altmodische oder eher nostalgische Art, um Erinnerungen zu sammeln. Die meisten knipsen einfach alles mit dem Smartphone, ihr aber nicht?

(lacht) Ich denke, das ist wirklich sehr interessant, dass du das so fragst. Denn Nostalgie ist ein großer Teil des Albums oder sogar von FIDDLEHEAD allgemein. Die meisten Inhalte kommen von Patrick und Dingen, die ihm in der Vergangenheit passiert sind und unsere Musik ist stark beeinflusst von der Musik der Achtziger oder Neunziger. Die Polaroidkamera war im Studio und wir haben sie bewusst genutzt, um mal auf eine andere Art zu dokumentieren. Aber Du hast schon recht, Polaroidbilder sind grundsätzlich nostalgisch…

Alle Texte kommen von Patrick, baut die Musik dann immer auf seinen Inhalten auf oder wie erschafft ihr eure Songs?

Wir haben grundsätzlich so drei Leuten, lass sie uns mal Songwriter nennen, die Ideen mit den Proberaum bringen und für die musikalische Ausgestaltung zuständig sind. Das sind Alex Henery, Alex Dow und ich. Es können unfertige Idee sein, wie eine Idee für eine Bassline, aber auch komplett fertige Songs. Wir modellieren das dann zusammen, stimmen uns natürlich auch aufeinander ab, das funktioniert immer sehr kollaborativ. Pat hat schon Ideen, mit denen er sich einbringen kann, aber das sind dann eben keine Instrumente, sondern verbale Aspekte.

“Eternal You” war ein Lied, das ich eher langsam haben wollte, aber Pat wollten einen harten Schnitt, ab dem dann das Lied nochmals komplett dreht. Das sind so Dinge, bei denen wir uns aufeinander zubewegen. Er erzählt uns schon von seinen Textideen und was ihm so im Kopf herumschwebt, aber wir hören die eigentlich immer erst, wenn wir wirklich aufnehmen. Das sind schon Überraschungen, (lacht) immer sehr schöne Überraschungen, wenn wir dann zum ersten Mal damit konfrontiert werden.

Das ist sehr interessant zu hören, weil ich mich gefragt habt, wie ihr so stark fusionieren könnt. Ob das jetzt von viel Kommunikation kommt oder von enger Vertrautheit… das klingt aber eher intuitiv.

Es kommt schon immer der Punkt, an dem wir wissen, dass er diese oder jene Idee im Kopf hat und dann schreiben wir einen Song, mit diesen Informationen im Hinterkopf. Aber konkret bauen wir nicht auf seinen Texten auf. Es ist aber auf jeden Fall nicht in Text und Musik gespalten, eher kooperativ. Und unsere Instrumentals beeinflussen ihn sicherlich auch in seiner sprachlichen Ausgestaltung.

Du hast den Song “Eternal You” erwähnt, da geht es um Zeit und auch um Erinnerungen. Schaust Du eher in die Zukunft oder in die Vergangenheit?

Wahrscheinlich beides. Ich schaue oft in die Zukunft, auf folgende Projekte oder Anlässe, aber natürlich schaue ich auch zurück und versuche vor allem aus meinen gemachten Erfahrungen zu lernen.

“Joyboy” ist auch einer meiner Highlights…

(lacht) …von mir auch.

Da geht es ja um die beiden gegensätzlichen Seiten, also Freude und Traurigkeit. Hast Du einen guten Tipp, dafür dass die Freude überwiegt?

Wooow, (lacht) das ist echt schwierig. Gerade während der Pandemie überwiegt die Traurigkeit meistens. Aber man versucht natürlich den Schwerpunkt immer auf die hellen Momente zu legen und mental stabil zu bleiben. Und ohne jetzt abgedroschen zu klingen, man sollte wirklich versuchen nicht zu lange bei negativen Gedanken zu verweilen, versuchen positiv zu bleiben. Gerade jetzt, wenn man so lange auf sich selbst gestellt sein muss und immer mit seinen eigenen Gedanken konfrontiert wird, dann ist es nicht einfach, nicht in ein dunkles Loch zu fallen. Ein guter Tipp ist wohl auch, sich auszumalen, was bald sein wird, das hält die Traurigkeit etwas kleiner.

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