Interview mit Death By Gong zum Album “Descalator”
Fans von verborgenem Post-Rock oder Noise-Rock aus Deutschland werden die Namen der drei Musiker Jobst M. Feit (RADARE), Peter Voigtmann (SHRVL / ex-THE OCEAN) und Chris Breuer (ZAHN, HEADS.) sicher schon mal gehört haben. Soundtechnisch haben sie in der Vergangenheit mit den anderen Bands ähnliche Pfade beschritten, aber unter DEATH BY GONG formt sich nun ein ganz neues, berauschendes und beharrliches Klangbild. Sänger und Gitarrist Jobst gab bereitwillig Auskunft über den interessanten Genre-Clash, seine Rolle als Konter für den musikalisch inszenierten Niedergang, die Notwendigkeit von Freiräumen, Ursprung und Ausgestaltung der Texte und wie man Soundpaste anrührt.
DEATH BY GONG – Was hat es mit dem Bandnamen auf sich?
Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr genau erinnern, haha. Es ist so ein kleines Hobby von mir, Listen mit potenziellen Bandnamen zu führen. DEATH BY GONG ist mir in einem dieser Momente einfach so ins Hirn geschossen, und ich fand den Namen so absurd, dass er mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Als ich mit den beiden anderen über mögliche Bandnamen gesprochen habe, war dieser Name bei uns allen direkt hoch im Kurs, und deswegen ist er es dann auch geworden. Die anderen Vorschläge werden hoffentlich nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken.
“Descalator” ist ja ein Kunstwort, das darauf schließen lässt, dass jemand etwas deeskalieren möchte. Steht das in direktem Zusammenhang mit deinen Texten?
Der Name steht schon im Zusammenhang mit den Texten, allerdings bedeutet er für mich nicht “deeskalieren”, sondern beschreibt eine Rolltreppe, die endlos nach unten führt (Descending + Escalator = Descalator). In vielen Texten gibt es das Motiv des sozialen, ökonomischen, emotionalen und zwischenmenschlichen Niedergangs oder Abstiegs. Deswegen war das Wort für mich als roter Faden oder Bindeglied immer wichtig.
Wie schreibt ihr eure Songs? Auf mich wirken sie alle konsequent anschwellend, mit dem Anspruch, dass die Zuhörer einer kleinen Reise folgen müssen.
Da wir alle recht weit voneinander entfernt wohnen und wenig Zeit zum Proben haben, sind die Songs für dieses Album größtenteils bei mir zu Hause entstanden. In den Probesessions in Gyhum haben wir den Demos dann mehr Dynamik und Menschlichkeit eingehaucht. Da ist teilweise auch viel passiert. Ich glaube, alle in der Band haben durch ihre anderen Bands und Projekte ein gutes Gefühl für musikalisches Storytelling entwickelt. Das ist sicher ein Element, das Bands wie ZAHN, SHRVL oder RADARE gemein haben. Bei DEATH BY GONG haben wir nun die angenehme Situation, dass wir durch Gesang und Texte noch ein direkteres narratives Element haben. Wobei ich sagen muss, dass bei mir die Texte auf jeden Fall der Musik folgen, die immer zuerst da ist. Manchmal schreibt sich so ein Text dann auch fast von selbst, weil man auf der emotionalen Ebene über die Musik schon lange verstanden hat, worum es eigentlich geht.
In meiner Review zu “Descalator” habe ich den Clash der Genres thematisiert, bei “Heavy Air” wird das sehr deutlich. Welchen Sound habt ihr für die Band angestrebt, und teilt ihr grundsätzlich die gleichen musikalischen Vorlieben?
Nachdem klar war, dass wir mit RADARE mindestens eine längere Pause einlegen würden, wollte ich musikalisch auf jeden Fall etwas Direkteres, Kompakteres und weniger Abstraktes machen. Im Grunde genommen hat mich Chris darauf gebracht, nachdem ich beim letzten HEADS.-Album “Push” bei zwei Songs Gitarre beisteuern durfte. Er konnte gut beschreiben, was ihm an meinen Gitarrensachen gefällt, und ich dachte: “Stimmt, das sollte ich vielleicht mal wieder mehr verfolgen.” Das war für mich so etwas wie eine Initialzündung, mich wieder mehr mit richtig verzerrten, brachialen Sounds und Texturen auseinanderzusetzen, und dann lief es mit dem Songwriting auch irgendwann wie von selbst.
Kompositorisch ist es schon so, dass da meine Liebe zu Künstlern wie Elliott Smith oder Nick Drake durchdringt. Im Grunde übertrage ich klassische Singer/Songwriter-Songs in ein anderes Klangbild, um die Zerbrechlichkeit der Stücke mit der Wucht der Sounds zu kombinieren.
Was die geschmacklichen Gemeinsamkeiten angeht, haben wir auf jeden Fall einen Kern von Bands und Künstlern, auf die wir uns alle einigen können. Wir sind in der Band aber alle auch sehr divers aufgestellt, was unsere Geschmäcker angeht. Da könnten auf der Van-Playlist schon auch mal Joni Mitchell und SICK OF IT ALL aufeinandertreffen, haha.