Lest das Interview mit Jobst von DEATH BY GONG zu "Descalator" bei krachfink.de

Interview mit Death By Gong zum Album “Descalator”

Siehst du dich mit deinem Gesang bewusst als Konter zur wuchtigen oder ausladenden Musik? Ich empfinde dich als angenehme Konstante, die zwar Akzente setzt, die Eskalation aber der Musik überlässt. Das stelle ich mir übrigens gar nicht so einfach vor…

Ja, es war mir schon sehr wichtig, dass die Musik nicht so machistisch und testosterongeladen rüberkommt. Viele der Stücke, wie z.B. “Negativity” oder “Distant” (die wir vorab als digitale Single veröffentlicht haben), sind rein instrumental schon superwuchtig, und ich hatte von Anfang an das Bedürfnis, das in ein Gleichgewicht zu bringen. Mir war auch irgendwie klar, dass wir uns mit der Art des Gesangs ein bisschen aus dem Fenster lehnen und damit vielleicht nicht so schön in diverse Genre-Schubladen passen werden, aber wir wollten das unbedingt ausprobieren.

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DEATH BY GONG 2024, Foto von Fabian Bremer

Was eure bisherigen musikalischen Bandaktivitäten gemeinsam haben, ist ein weitläufiger Sound, der den Zuhörern viel Raum lässt, eigene Emotionen in die Musik zu projizieren. Ist das auch deine bevorzugte Art, Musik zu genießen – also nicht überfrachtet von Hooks, sondern eher mit sensiblen Inspirationen?

Ich mag es, wenn Musik einem etwas Freiraum lässt, wie man sie gefühlsmäßig aufnimmt. Die Songs sind in ihrem Kern alle sehr melancholisch. Melancholie ist für mich aber auch ein Gefühl zwischen Niedergeschlagenheit und leiser Hoffnung. Bei einem Song wie “Angel Cake” habe ich zum Beispiel den Eindruck, dass man sich in den instrumental gehaltenen Schluss gut reinlegen kann. Da könnte einfach das Gefühl verstärkt werden, das man selbst so mitbringt. Das ist ein Effekt, den eigentlich nur Musik so intensiv verstärken kann.

Kannst du, anschließend an die vorherige Frage, eine Band nennen, die dich musikalisch komplett abholt und vereinnahmt?

Es gibt sicherlich ein paar Bands. Die erste Band, die mich so richtig gepackt hat, war RADIOHEAD, und das ist auch immer noch so. Ich finde es weiterhin unglaublich beeindruckend, wenn ich mir die musikalische Evolution der Band anschaue und was da jetzt auch mit THE SMILE fortgesetzt wird. Einfach Wahnsinn.

Der Unterton von DEATH BY GONG ist schon eher bitter, wehmütig und auch etwas melancholisch. Markieren die Songs dein Gemüt während der Albumentstehung, oder ist das ein grundsätzliches Gefühl, das du zum Ausdruck bringen möchtest?

Die Stücke sind in einer Zeit entstanden, die für mich – wie vermutlich auch für viele andere – mit Pandemie, Kriegen und verstörenden gesellschaftlichen Entwicklungen durch sehr deprimierende äußere Umstände geprägt war. Dass sich diese Dinge einen Weg nach draußen suchen und verarbeitet werden wollen, war irgendwie logisch. Ich bin allerdings kein großer Fan von Confessional Songwriting, und der autobiografische Anteil in den Texten ist sicherlich kleiner, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die in den Stücken verarbeiteten Ängste sind vermutlich ziemlich universell und teilweise einfach das Ergebnis meiner Beobachtungen.

Für die Nerds: Man spricht von euch dreien als Band, aber auf “Descalator” kamen ja deutlich mehr als Gitarre, Bass und Drums zum Einsatz. Welche Effekte und Instrumente sind noch zu hören?

Hauptsächlich ziemlich viele Synthesizer! Wir sind, was elektronische Sounds angeht, große Fans von Geoff Barrow, Trent Reznor und Boards Of Canada. Chris, Peter und ich sind alle irgendwo Synthie-Fanboys, und Peter hat im Mühle-Studio auch einen ziemlich schönen Gerätepark versammelt. Dazu haben Chris und ich auch die eine oder andere Kiste im Heimstudio, und Fabian (Bremer von AUA, VELCROS und RADARE) hatte auch so ein eigentümliches Gerät aus russischer Fabrikation (Polivoks) mit ins Studio gebracht und damit einige Leads eingespielt.

Bei RADARE nennen wir diese Phase des Arrangierens gerne “Soundpaste anrühren”, und bei “Descalator” wurde da einiges angerührt. Manchmal eher subtil im Hintergrund, manchmal mit sehr zentraler Bedeutung, wie z.B. am Ende von “Troy Toy”. Außerdem konnte Chris endlich mal seinen Drumcomputer zum Einsatz bringen, worüber er sich auch gefreut hat.

Peter hat die Platte selbst in der Mühle aufgenommen. Kannst du den Anspruch skizzieren, den ihr thematisch an die Platte hattet?

Die Möglichkeit, in Peters Studio aufzunehmen, ist purer Luxus. Zum einen, weil die Räumlichkeiten in der Mühle so cool sind und er einfach von den Mikrofonen und der Technik her super aufgestellt ist. Zum anderen, weil er einfach ein richtig krasser Tontechniker geworden ist, der mit seiner Liebe zum Detail dafür gesorgt hat, dass alles so gut klingt, wie es klingt. Und dann hatten wir natürlich auch noch das große Glück, mit Joe Joaquin einen Mixing Engineer zu haben, mit dem wir geschmacklich und menschlich super harmoniert haben und der Peters Arbeit aus dem Studio richtig gut fortgeführt und vollendet hat. Wir wollten unbedingt ein Album machen, das sich soundmäßig auf internationalem Niveau bewegt, und ich finde, das haben wir auch geschafft.

Wir wollten grundsätzlich gerne eine Platte haben, die nicht unbedingt eine möglichst genaue Aufnahme einer Liveband ist, sondern auch mal an der einen oder anderen Stelle “over the top” sein darf und uns allen ein wenig Freiheiten lässt zu produzieren – weil das auch alle Beteiligten von ihrem Background her können. Interessanterweise können wir das bei den bisherigen Proben für die Tour im Oktober alles soundmäßig gut reproduzieren. Ich bin trotzdem super gespannt, wie sich einige der Stücke im Laufe der Konzerte vielleicht nochmal verändern werden. Das passiert ja irgendwie immer.

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