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Interview mit Fit For An Autopsy über “Oh What The Future Holds”

Was alle Alben von euch vereint, sind die echt guten Anfänge und Enden. Sprecht ihr viel über solche Dinge, wie die Anordnung der Songs oder Artworks?

Auf jeden Fall! Wir versuchen immer eine Ästhetik für das Album zu erschaffen. Will ist so hyperkreativ, das ist wirklich unfassbar, was ihm immer einfällt. Das geht manchmal so weit, dass man sich bei der Arbeit mit ihm schlecht fühlt und sich fragt, warum man nicht so viel Output schaffen kann, wie er. Das führt auch dazu, dass er nicht einfach Dinge durchwinkt. Wenn man also einen Einwand oder eine eigene, neue Idee hat, dann will er genau wissen, warum. Gerade zwischen uns beiden führt das zu Diskussionen. Da wir schon so lange befreundet sind, können wir das auch echt gut miteinander austragen. Bei der Anordnung der Songs geht es vor allem darum, die Zuhörer gleich am Anfang zu schnappen und sie dann am Ende mit dem Gefühl zurückzulassen, dass sie noch mehr wollen. Wenn man das falsch macht, dann kann das das Album ruinieren.

Sehr viele Bands achten da überhaupt nicht darauf. Sie packen einfach den härtesten Song an den Anfang und ballern am besten gleich danach weiter. Dabei sollte ein Albumverlauf Kurven haben, nach oben und unten gehen, wie eine Art Puls. Ich höre sehr viel Musik aus den Sechzigern und Siebzigern, das Album “Aja” von STEELY DAN ist mein absolutes Lieblingsalbum. Denn es tut genau das und wenn man es hört, dann wirkt es trotzdem wie ein einziges Stück Musik. Aus meiner Sicht ist das das Album, mit der besten Songanordnung, das jemals von einer Rockband geschrieben wurden. Da geht es manchmal um Sekunden, die einen anfixen.

Du kannst ein Album mit grandiosen Songs haben, wenn es nicht richtig angeordnet ist, dann ist es nicht wert angehört zu werden.

Ja, genau so, wie du es mit deiner Hand zeigt. Das hat was von Atmen und ist die Essenz von “ein Album zum Leben erwecken”.

Ja genau, der Herzschlag muss da sein. Ich kann es echt nicht oft genug sagen, aber FIT FOR AN AUTOPSY wäre nicht, was es ist, ohne Will. Er und ich haben die Band gegründet, aber er hat diese echte Kreativität in die Band gebracht und immer wieder vorangetrieben. Wenn er mir das Album so zeigt, wie er es anordnen würde, dann stimmt das eigentlich immer mit meiner Vorstellung überein. Wir sind echt verwöhnt mit ihm.

Ich habe ihn zu “The Great Collapse” interviewt, er hat wirklich sehr konkrete Vorstellungen von FIT FOR AN AUTOPSY. Ich glaube auch, dass er 80 % der relevanten Metal- und Hardcorealben der letzten Jahre produziert hat.

Ja, er hat seine Hände in so viel guter Musik, das kann er echt richtig gut.

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FIT FOR AN AUTOPSY, 2022 Foto von Nuclear Blast

Erzähl mal bitte mehr über das Artwork, ist das ein Ölgemälde?

Ja, ist es. Online ist der Künstler unter nightjarillustration zu finden, er ist fantastisch und seit “The Great Collapse” arbeiten wir mit ihm zusammen, wir kennen ihn aber schon länger. Er versteht, worum es bei uns geht. Wir machen keine konkreten Vorgaben, aber wenn wir ihm Vorschläge machen, dann hört er sehr gut zu und versteht, was wir meinen. Seine Arbeiten sind so dunkel, etwas verrückt und auch immer sehr traurig. Er passt also perfekt zu uns.

Und es ist etwas ungewöhnlich, dass eine Deathcore-Band ein aufwendig gestaltetes Ölgemälde als Artwork verwendet.

Ohne jetzt andere abwerten zu wollen… aber wir sind von Anfang an bei diesem Genre dabei, haben es mitgeprägt, auch wenn es mittlerweile deutlich darüber hinausgeht, was wir machen. Grundsätzlich bin ich mit den Rahmenbedingungen dieses Genres auch zufrieden, aber ich mag es, dass wir da immer aus dem Rahmen gefallen sind. Es ist eigentlich ein gutes Zeichen, dass die Leute uns aufgrund unserer Varianten nicht eindeutig zuordnen können. Sie sprechen dann von Progressive Deathcore, was eigentlich gar keinen Sinn ergibt.

Gerade in der Metalwelt, noch mehr in den Subgenres, ist es echt ein großes Problem, dass viele nach diesem Kopierprinzip arbeiten. Glücklicherweise ändert sich das in den letzten Jahren stetig und immer mehr Bands trauen sich, auch etwas anderes miteinzubringen. Aber für sehr lange Zeit war es beim Deathcore üblich, dass es nur einen gangbaren Weg und eine einzige Version zu interpretieren gab. Oft kommen Leute zu uns und sagen, wir sollen doch einfach wieder so machen wie bei “Hellbound”. Aber hey, das Album gibt es doch noch, wenn du es gut findest, dann höre es dir doch einfach an, wann immer du willst. Aber wir haben den Plan Neues zu machen.

Wenn man uns Einflüsse von dieser und jener Band attestiert, dann freue ich mich. Aber oft ist das gar nicht die erste Verbindung, sondern wir sind beeinflusst von den Bands, von denen diese Bands auch beeinflusst wurden. GOJIRA sind auf jeden Fall eine gute Referenz, die man gerne annimmt. Aber was ist mit MORBID ANGEL? Denn GOJIRA sind wiederum von denen beeinflusst. Und junge Menschen kennen diese Band vielleicht gar nicht mehr und ziehen deshalb einen anderen Vergleich.

Und letztendlich machen wir Musik, da gibt es keine in Stein gemeißelten Regeln. Es soll Spaß machen, unterschiedlich sein und wenn einem Fan ein Album nicht gefällt, na dann gefällt ihm vielleicht wieder das nächste oder ein altes. Wenn jemand das Album nicht anpackt, weil vorne keine blutenden Zombies drauf sind, dann ist das auch ok. Regeln müssen gebrochen werden und ganz besonders in der Musikindustrie.

Ja, besonders die. Wir haben schon über die Albumtitel gesprochen, das Wort “Hell” kommt öfter vor. Glaubst du an das Prinzip von Himmel und Hölle im Sinne von Gut und Böse?

Ich bin nicht religiös, weiß aber, dass einige unserer Fans das sind. Deshalb ist mir wichtig vorweg zu schicken, dass ich das nicht beurteile oder verurteile. Entweder ist man eine gute Person oder nicht, der Rest interessiert mich nicht. Wenn man schlecht ist und Religion einem dabei helfen kann, besser zu werden…cool, warum nicht, deine persönliche Angelegenheit. An Himmel und Hölle glaube ich nicht, aber an das Gute und das Böse im Menschen. Diese Begriffe eignen sich aber sehr gut als Metapher, um es für alle verständlich zu machen. Jeder hat sofort ein Bild davon im Kopf, worum es geht.

Wenn wir über den Teufel sprechen, dann geht es nicht um überirdische Geschöpfe, letztendlich interpretieren das wohl auch alle anders. Wenn wir Texte schreiben, geht es um Veganismus oder um etwas die Umwelt betreffend, aber für manche passt es perfekt darauf, was gerade in ihrer Familie abgeht und sie interpretieren es komplett anders. Das Konzept geht nicht zwangsweise Hand in Hand mit den Bildern, die die Zuhörenden damit in ihrem Kopf aufrufen. Himmel ist der schöne, harmonische Ort und Hölle ist der böse, düstere Ort. Aber für manche Menschen ist ihr ganz reales Leben die wahre Hölle.

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