Goldroger 2020 Teaser

Interview mit Goldroger zu “Diskman Antishock II”

Man kann sich alleine über die Texte ein grobes, stimmiges Bild von Dir machen, ohne wirklich etwas über Dich zu wissen.

Das finde ich total wichtig bei Musik, besonders bei der Platte. Also, selbst wenn ich jetzt irgendwann mal so voll belastenden MARK FORSTER-Pop mache… Nichts gegen den, ehrenwerter Typ, wenn der so viel Scheine ran bringt für seine Familie, alles cool… also selbst, wenn ich das machen würde, dann hat durch die Songs, die ich bisher veröffentlicht habe, schon so viel Charakterisierung (lacht) stattgefunden, dass es hoffentlich abstrahlt. Wenn man die ersten Platten macht, dann sollte man was von sich preisgeben.

Zu “Horcrux” gibt es ein Video, das wieder sehr gut geworden ist. Das war aber nicht so geplant, sondern ist aus der Not in der Corona-Zeit so entstanden?

Ja, ich hatte eigentlich vor, mal was mit Schauspielern zu machen und hatte da total Bock drauf. Wegen Corona mussten wir dann umschwenken. Aber es war schon davor so, dass ich den Song als sehr szenisch empfunden habe und ich eigentlich kein Video machen wollte. Die Fallhöhe war da, dass das Video den Song kaputt machen könnte, wenn es zu kompliziert ist und dann es dann vom Song ablenkt. Oder, wenn es nicht geil genug ist. Meine andere Idee war eh ein Lyricvideo, in SNES-Grafik zu machen. Und so viele Leute fanden das Video jetzt total gut. Dabei ist es ja eher ein simples Video, so wie bei “Wie leicht”, da passiert auch nicht viel.

Ist auch ein Trademark von GOLDROGER, dass da immer gute Videos kommen. Mir ist sowieso unklar, warum so viele Künstler diese zusätzliches visuelle Ebene ungenutzt lassen. Wenn man das gut macht, dann ist der Song künstlerisch doppelt verwertet. Warum genau machst Du es?

Ich habe das Gefühl, es wäre erst eine richtige Single, wenn es ein Video dazu gibt (lacht). Ich finde es auch cool, eine Audiosingle zu veröffentlichen und dann erst zu überlegen, ob man ein Video macht oder nicht. Und ich hänge mich schon in die Videos rein, weil ich Angst habe, dass der Song sonst darunter leidet. In meiner idealen Welt würde ich entweder unendlich viel Budget für Videos haben oder gar keine Videos machen. Es kann schon ermüdend sein, mit begrenzten Mitteln etwas Geiles zu machen. Bisher hat es immer geklappt, aber es ist echt sehr strapazierend für meine Nerven. Ich bin ein sehr skeptischer Typ und habe immer erstmal Bedenken, dass die guten Ideen nicht klappen. Video machen ist für mich eine Hassliebe.

“Horkrux” ist ja der positive Beweis, dass man einfach mal laufen lassen kann.

Bei “Wie leicht” hatte ich sehr lange die Idee, mit dem Auto und an die Scheibe hauen. Das wollte ich tatsächlich unbedingt haben. Das war sehr einfach, schnell gemacht und die Leute feiern es krass. Besser geklickt, als andere Videos, die viel mehr Arbeit waren. Es muss also nicht immer eine Blockbuster-Movie sein.

Mir ist jetzt erst aufgefallen, dass die Discs, die auf dem Artwork unten rechts sind, jetzt zwei von drei ausgefüllt wurden. Kommt da noch ein Teil 3?

Da muss ich noch schauen, entweder live oder ich mache tatsächlich noch einen dritten Teil. Vielleicht kommt es dann noch oder erst was anderes und dann “Diskman Antishock III”.

Goldroger - Discman Antishock Artwork
Goldroger Diskman Antishock II Artwork

Du hast aber noch Material aus der Phase, da ja die Songs für ersten beide Teile in derselben Phase entstanden sind?

Auf jeden Fall und ich habe auch ganz viel Material, das ich mal total krass fand, zu dem ich jetzt aber nicht mehr zu 100 % connecte. Da muss ich mal schauen, wie ich das mache. Oder ich mache was ganz Neues. Eigentlich ist es ja egal, wie es heißt. Eigentlich müsste ich jetzt machen, aber das ‘müssen’ finde ich nicht so geil. Wahrscheinlich sollte ich einfach ein anderes Album machen und es dann “Diskman Antishock III” nennen (lacht). Den Druck habe ich unterschätzt.

Was ist mit Dienst & Schulter, die gehören doch eigentlich fest zu GOLDROGER dazu, oder?

Schon, aber andererseits fände ich es auch komisch, wenn ich sagen würde ‘ich bin GOLDROGER’, das ist so wie bei Mike Skinner ist THE STREETS. Also wenn, dann ist GOLDROGER eh das Projekt und dann ist die Frage, wer ist alles Teil davon? Die Jungs haben auf jeden Fall massiven Einfluss darauf und spielen live mit. Aber wenn wir sagen würden, wir wären eine Band… Das ist wie mit zwei Leuten, die keine monogame Beziehung eingehen wollen. Durch diese reine Illusion, dass eine freiwillige Zusammenkunft ist, hält es das lebendiger. Jeder kann jederzeit gehen.

Was kommt öfter vor: Du gehst zu Dienst & Schulter und bittest sie Dir einen Beat zu bauen oder sie haben einen Beat fertig und Du textest dazu?

Das Erste hat nie geklappt, wenn ich sie gebeten habe, einen Beat zu dem Text zu bauen (lacht). Es gibt eher das Szenario, dass ich einen Text rumfliegen haben und in den letzten Ecken meines Hirn noch irgendwelche Lines habe, zu denen mich ein Beat inspiriert. Bei “Avrakadavra” war es so, dass wir erst das Album als Instrumental produziert hatten und ich dann angefangen habe zu schreiben. Dieses Mal hatte ich haufenweise Texte, die auf Beats getroffen sind.

Jetzt wo Du es sagst, kann man sich einbilden, dass man das auch gehört habe und Du Dich mehr an die Musik geschmiegt hast.

Ja (lacht), da singe ich auch mehr. Also nicht so richtig Singen, eher so Basti-Singen (lacht). Ich will bei der nächsten Platte gerne mehr singen, eventuell mache ich noch “Diskman Antishock III” und dann höre ich auf zu rappen und singe. Kann ich mir auch vorstellen.

Könntest Du auch eine geile Kurzgeschichte schreiben oder ist das Texten nur in Kombination mit Musik möglich?

Das Schöne an einem Raptext ist, dass er ja nicht so viele Sätze hat. Ich dokter da unheimlich lange daran rum und habe das Gefühl, nie eine Geschichte schreiben zu können. Die Vorstellung, dass das dann 500 Sätze oder so hat, da würde ich niemals damit fertig werden. Selbst eine Kurzgeschichte erscheint mir schon recht erdrückend zu schreiben. Ich habe tatsächlich schon Plot, Charaktere und so was für eine Art Novelle, aber dann schrecke ich immer vor der Arbeit zurück. Wenn man dann anfängt zu schreiben, dann muss man sich erst einen Stil zulegen und ich bin es ja gewohnt, jedes Wort sehr oft zu überdenken und keine ganzen Sätze einfach so drauf loszuschreiben.

Indirekte Rede und so’n Scheiß muss ich ja nicht machen. Wenn dann schreibe ich mit jemand anderen oder noch besser jemand, der das Buch für mich schreibt und ich gebe nur die Geschichte vor. Aus dem Buch “Dramatisches Schreiben” von Lajos Egri weiß ich, dass man sehr viel Wert auf die Ausarbeitung der Figuren legen sollte. Bei “Schuld und Sühne” von Dostojewski war ich total geflasht davon, wie geil es sein muss, wenn man ganze Figuren so detailliert erfinden kann. Da hängt auf jeden Fall noch ein Rattenschwanz dran, den man nicht unterschätzen darf.

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