
Interview mit Iedereen zum ersten Album
Was muss ein Song letztendlich haben, damit er unter der Flagge IEDEREEN geschickt wird?
Es gibt eine bestimmte Energie, die im Raum entsteht, wenn wir jammen. Wenn man einen Song zum fünfzigsten Mal spielt, dann kann es natürlich sein, dass diese Energie nicht jedes Mal gleich hoch ist. Aber wir brauchen diesen einen Moment bei etwas Neuem, in dem wir beide denken ‚das ist geil“ und uns der Idee dann auch im Spiel vollkommen hingeben. Klar ist, dass man dann im Erarbeitungsprozess hier und da in Details abtaucht. Das braucht ein Song auch, um fertig zu werden. Wichtig ist aber, dass die Idee zündet.
Seht ihr euch als politische Band?
Wir wollen keine Partei für irgendetwas ergreifen und auch keine politische Band sein. Wir haben Fragen und zu vielen Themen auch eine Haltung, die wir in unseren Texten verarbeiten. Damit tragen wir zum Diskurs bei, der natürlich auch immer aus der Perspektive der Politik betrachtet und geführt werden kann. Aber eine politische Agenda verfolgen wir damit nicht.
Ist IEDEREEN auch eine Ansage an euch beide? Mit einigen Texten fordert („Cis-Mann“, „Chauvi“) ihr euch ja selbst extrem heraus und wenn ihr live spielt, ist eure Musik auch körperlich beanspruchend.
IEDEREEN ist eigentlich weniger eine Herausforderung an uns selbst, sondern eher eine Einladung zur Selbstreflexion. Wir wollen die Chance wahrnehmen, uns mit bestimmten Themen auseinandersetzen zu können, ohne dabei anderen vorzuschreiben, was richtig oder falsch ist. Trotzdem bietet das freie Texten natürlich die Möglichkeit, Dinge herauszulassen. Auf physischer Ebene ist das dann ebenso ein Ventil für uns. Die körperliche Anstrengung bei einem halbstündigen Konzert übersteigt die Anstrengung von einer halben Stunde joggen auf jeden Fall deutlich. Insofern ist die Band insgesamt schon eine Ansage an uns selbst, aber auf jeden Fall im positiven Sinne.
Produziert habt ihr euer erstes Album mit Kurt Ebelhäuser (u.a. PASCOW, ACHT EINER HÜHNERHERZEN, DONOTS…), mit welchen Erwartungen seid ihr an ihn herangetreten und welchen Anteil hat er dann noch als Produzent eingebracht?
Ganz zu Anfang hatten wir eigentlich keine Erwartungen, sondern waren geflasht, dass uns so ein Hochkaräter der deutschen Gitarrenmusik überhaupt antwortet. Bei den ersten Gesprächen ist es uns dann schwergefallen, ganz konkret zu benennen, wie wir klingen wollen. Uns war aber wichtig, dass es knallt und gleichzeitig auf ganzer Länge eine Wärme erzeugt.
Kurt hat von Anfang an klargemacht, wie viel Bock er hat, unsere Songs zu produzieren, obwohl wir teilweise wirklich sehr schlecht produzierte Demos geschickt hatten. Er hat darin etwas gesehen und hat die Produktion dann vor allem mit seiner unglaublichen Musikalität beeinflusst. Er ist kein Technik-Freak, sondern er ist für den Song da und da weiß er genau, was er von uns braucht, um das richtig einzufangen.
Außerdem ist er ein herzensguter Typ, das haben wir schon beim ersten Telefonat mit ihm gemerkt. Im Studio hatte man nie das Gefühl, einfach nur Kunde für irgendwas zu sein, sondern hätte sich am liebsten gleich die Hausschuhe angezogen und einfach mit Kurt ein Bierchen aufgemacht. Aber es war natürlich auch viel Arbeit zu tun, da wir recht viele Songs mitgebracht hatten. Am Ende mussten wir uns da mit dem ganzen YouTube gucken und labern über Musik etwas beschränken, um fertig zu werden.
Wie kann man sich die Songentwicklungen bei euch vorstellen, prallt ihr im Proberaum mit vielen Ideen aufeinander oder spielt ihr einfach drauflos?
Die Ideen kommen aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Sie können im gemeinsamen Jam entstehen oder auch bei jedem von uns zu Hause, mit der Akustikgitarre am Küchentisch oder unterwegs auf dem Handy. Wir mussten erst lernen, die Scham voreinander abzulegen, um uns wirklich alle Ideen gegenseitig zeigen zu können. Da war immer die leichte Angst, dass eine Idee peinlich sein könnte. Darüber sind wir mittlerweile hinweg und hauen einfach raus. Da prallt selten etwas aufeinander, das passiert dann eher in der konkreten Ausarbeitung der Songs. Einfach drauflos zu spielen ist der Ursprung dieser Band und macht immer noch am meisten Spaß, das haben wir erst letztens nach sehr langer Zeit mal wieder tun können und das ist wirklich befreiend.
Was sollte jetzt nach der Veröffentlichung von „s/t“ bestenfalls für IEDEREEN passieren?
Bestenfalls bleibt alles, wie es ist. Wir machen immer wieder kleine Fortschritte, die uns motivieren weiter zu machen. Wir haben nie wirklich große Erwartungen an die Zukunft gestellt, sondern uns um die Dinge im Hier und Jetzt gekümmert. Es ist jetzt schon so viel passiert, für das wir dankbar sind und was wir uns noch vor zwei Jahren nicht hätten erträumen können.
Trotzdem gab es nie den großen Sprung, sondern immer einen Schritt nach dem anderen – und genau das fühlt sich richtig an. Wir haben durch IEDEREEN viele neue Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen, Orte gesehen und Dinge erlebt und würden uns freuen, wenn das weiterhin so bleibt.
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