Interview mit Karo von 24/7 Diva Heaven über „Gift“
Das Artwork hat wieder Erik von PABST gemacht und die Fotos kommen wieder von Maren Michaelis. Und gerade in der Kombination Schwarz und Rot gibt es auch wieder sehr viele Deutungsmöglichkeiten. Habt ihr da eine Tendenz? Oder war das auch bewusst Teil des Konzepts? Weil Rot kann ja elegant sein, es kann Alarm sein. Schwarz kann Tod bedeuten, es kann aber auch bedeuten, auch wieder Eleganz.
Bei den Farben haben wir vor allem erst mal gedacht, dass wir etwas Ernsteres machen möchten. Also nicht wieder irgendwas Rosa oder so etwas Bubbliges, sondern wir dachten, okay, jetzt einfach mal ein bisschen schlichter und auf jeden Fall mit Schwarz. Und Rot ist ein geiler Kontrast zu Schwarz, wobei wir hatten sogar erst Orange im Kopf. Das gibt es aber schon relativ häufig. Rot-Schwarz ist jetzt auch keine super ausgeklügelte Farbkombination, aber wir wollten es einfach nicht so verschnörkelt haben und klarer.
Es ist ja auch sonst nichts drauf, außer halt dieser Schriftzug. Das ist ja schon relativ zurückgehalten, und wir haben dann mit dem Foto… Also haben dann gedacht, okay, geil, man kann halt einfach die Lippenstiftfarbe widerspiegeln in der Farbe von der Font. Das war natürlich eine Spielerei, aber wir mögen das ja auch, wenn man jetzt nicht so die super ernsten Fotos in so einer Platte hat, irgendwo schwarz-weiß, abgelichtet von einem geilen Hintergrund.
Wir fanden es cool für „Gift“, so mit Folie eingepackt zu sein, wie ein Geschenk, eben auch „Gift“ im Sinne von Plastik, Umweltverschmutzung und 200 Jahre, um sowas irgendwie auch nur ansatzweise abzubauen. Also eine ganz gute Idee, verpackt zu sein, aber eben nicht gesund.
Ich finde beide Platten optisch total ansprechend und glaube, dass das manchmal schon im Plattenladen – wer auch immer noch in Plattenläden geht – aber auch auf den Streaming-Plattformen das Aussehen schon noch den letzten Schliff geben, also das letzte Entscheidungsargument sein kann. Deswegen finde ich es cool, dass ihr darauf Wert legt.
Ich denke auch, man sollte da auf jeden Fall schon ein bisschen drüber nachdenken, wie so eine Platte aussieht, und ich finde halt ehrlich gesagt auch beide nebeneinander ziemlich gut, weil es eben so gegensätzlich ist. Wenn man bei sich zu Hause ein Plattenregal oder in einem Plattenladen beide Platten hintereinander hat, dann ist es schon auch irgendwie interessant, weil man es nicht so vermuten würde.
Die Band DITZ hatte das mit der Frischhaltefolie auch auf ihrem ersten Album. Mir fällt gerade auf, dass du eingewickelt extrem aussiehst, wie junge Whitney Houston.
Okay, das höre ich verdammt gern, mach weiter. Ja, cool. Übrigens auch sehr gute Band DITZ. Ich habe die ehrlich gesagt erst dieses Jahr kennengelernt, die haben ja Support für IDLES gemacht und fand sie ehrlich gesagt auch besser.
Ich habe das Gefühl, dass „Gift“ euch diesmal mehr als Band präsentiert. Schon bei „Stress“ hattet ihr eine selbstbewusste Ausstrahlung, aber gleichzeitig auch Unsicherheit, weil es eben das erste Mal war. Und ihr scheint ein bisschen zusammengerückt zu sein.
Ja, also ich glaube, zusammengerückt im Sinne von loyal untereinander waren wir vorher auch schon. Aber das ist vielleicht gar nicht so eine ganz bewusste Sache, zumindest bei mir jetzt nicht. Ich weiß nicht, wie es bei den anderen ist, aber es ist ja klar, dass wenn man irgendwie eine ganze Zeit zusammen spielt und ganz viele Konzerte dazwischen sind, dass man auch einfach unbewusst natürlich mit der Sache wächst und einfach irgendwie besser wird, mehr weiß, worauf man achten will, was will ich für einen Sound haben, was gefällt mir auch im Songwriting und was nicht oder habe vielleicht auch mal Bock, irgendwas zu machen, was nicht nur reinkracht.
Ich glaube, das kommt so ganz natürlich, wenn man dranbleibt an der Sache. Also es ist mir auch aufgefallen, einfach so, als ich rückgeblickt habe, wie war es im Studio damals und wie war es jetzt, und man hat natürlich dann, ich will nicht sagen Routine, weil man ist ja nicht andauernd im Studio, aber man weiß zumindest schon mal, was ist. Und ich bin auch zum Beispiel von Patzern auf der Bühne so rausgeworfen. Das ist halt passiert. Man kennt es halt, und es ist nicht mehr so, dass man sich so super nackt fühlt. So geht es mir zumindest.
Man hört es auch im Songwriting. Es gibt einige Momente, in denen mehrstimmig gesungen wird, aber es gibt auch so viele Momente, wo ich so das Gefühl habe, dass dieses Call-and-Response, was man eigentlich im Gospel hat, auch unter den Instrumenten stattfindet. Alles wirkt etwas fließender, sodass man euer gereiftes Gespür dafür merkt.
Ja, schon. Ich will mich da auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil ich meine, so im Songwriting-Prozess hat natürlich trotzdem irgendwie Kat am meisten zu tun mit dem Texte schreiben – ich weiß nicht, wie sie das macht, aber sie schafft es ja immer wieder – und meistens kommen ja auch die Riffs von ihr. Wir sind gut mit der Zeit hingekommen, wir haben natürlich mehr geprobt, und beim letzten Mal war es so, dass man irgendwann dachte, scheiße, wir müssen noch schnell was machen. Aber diesmal hatte man einfach die Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.
Die Struktur und wie und was machen wir, wie wollen wir Sachen ändern, die Schwerpunkte setzen. Also bei mir auch mit mehr Gesang und so weiter. Es gibt schon so Sachen, die jetzt besser sitzen als beim ersten Mal. Da konnte ich die Struktur, die Songs, die Melodien besser einbauen, und ich glaube, so hat jeder von uns, auch mit der Arbeit an den neuen Songs, wirklich das Gefühl, dass wir als Band besser geworden sind. Es gibt ein paar Sachen, da kann ich sagen, dass ich es ohne die anderen nicht geschafft hätte. Und das ist schön!
So einen Song wie jetzt „Nothing Last“, den hättet ihr vorher nicht gebracht, oder?
Nee. Sowas muss man ja auch erst mal machen, sich alleine mit einem Akkord, mit einem Klavierakkord und einer Stimme irgendwie präsentieren. Das wäre für ein Debüt, wenn man nicht irgendwie super selbstbewusst ist und ja noch gar nicht weiß, was irgendwie kommt… ich denke nicht, dass das für Kat damals einfach noch nicht gegangen wäre, bei „Stress“. Ich finde das schon auch bemerkenswert, weil, ich meine, ob du jetzt brüllst oder irgendwie tatsächlich singst, ganz nackt, ohne irgendwie großartige Begleitung, das ist ja auch ein enormer Unterschied. Man kann sich halt nicht verstecken. Das weiß sie jetzt ja aber auch, dass sie es nicht muss. Also wahrscheinlich, ja, wobei es ist bestimmt immer noch aufregend für sie, sich so auf Platte zu hören.
Du hast es jetzt selbst schon angesprochen, dass du dich sicherer fühlst, auch auf der Bühne und vorher ein bisschen zurückhaltend warst und dich stark auf dein Handwerk konzentriert hast. Wäre das ein Tipp, den du anderen Musikerinnen und Musikern geben würdest, die in einer ähnlichen Situation sind? Macht das einfach! Oder waren es letztendlich die Übung und die Wiederholung, die dich weiter gebracht haben?
Ja, bestimmt war es Übung und Wiederholung, aber irgendwann habe ich einfach gedacht, ah, ist doch egal. Und ich findde jetzt auch nicht, dass jemand irgendwie die ganze Zeit über die Bühne rennen muss von A nach B und hochhüpfen und zur Seite und sonst was. Ich denke, man sollte immer machen, womit man sich wohl fühlt. Sich einfach bewusst machen, dass man sich selber ausgesucht, dass man da jetzt steht, man hat selber zugesagt, man hat sich dazu entschieden und man hat auch einen Grund, man will es ja auch machen. Also, und ich denke, das ist es eigentlich. Man will es ja machen, sonst würde man da nicht stehen.
Wir hatten auch schon so Momente in Hamburg, das ist auch schon 2-3 Jahre her, da hatten wir 2 Wochen nicht geprobt, das war ja noch mit „Stress“, auf der MS Stubnitz war das. Wir hatten also nicht geprobt, weil wir so dachten, ja, ja, ach Quatsch, können wir alles. Und dann haben wir mit mehreren Anläufen nicht hinbekommen, bestimmte Songs zu spielen. Irgendwann mussten wir dann einfach sagen, ey, sorry Leute, wir haben 2 Wochen nicht geprobt, geht nicht. Und die waren ja alle so, ja, okay, geil. Und dann kamen danach die Leute und meinten, ey, das ist so sympathisch, einfach zu sagen, sorry, geht nicht, wir machen jetzt weiter, sonst wird es peinlich. Also anstelle von dann irgendwie die ganze Zeit eine Fluppe zu ziehen, oder irgendwie noch, also, oder am schlimmsten Fall noch irgendwie einfach falsch spielen. Also vollkommen daneben, also was soll sein, die Leute sind ja lieb.