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Interview mit PALE zum Album “The Night, The Dawn And What Remains”

Am 15.09.2022 habt Ihr die beiden Singles “Bigger Than Life” und “Man Of 20 Lives” veröffentlicht. Und ich muss gestehen, dass ich beim Hören, aber vor allem beim Lesen der Texte doch extrem ergriffen war. Ich kann es mir nur schwer vorstellen, aber wie hart war es denn, einen Song wie “Bigger Than Life” zu schreiben, und vor allem den dann auch noch im Studio einzusingen?

Holger: Eine gute Frage. Um ehrlich zu sein, habe ich Hunderte von Stunden unten alleine in unserem Keller an den Texten geschrieben und sie dann versucht einzusingen. Alleine das Intro zu “Bigger Than Life” müsste der 200. Take gewesen sein. Es gab nie diese eine Aufnahme, die widergespiegelt hätte, was ich damit wirklich sagen wollte.

Gerade weil die Themen auf der Platte keine leichten sind, haben wir unglaublich viel Arbeit in die Songs investiert. Ebenso in die Texte. Oft war die Vision oder das Gerüst für einen Song schnell da. Aber danach wurde es dann schwierig. Das beste Beispiel dafür war “Bigger Than Life”, den wir in 10 Minuten geschrieben haben und danach noch 10 Monate daran gearbeitet haben, bis er so klang, dass wir alle glücklich damit waren. Es sind halt die kleinen Dinge, die am Ende den großen Unterschied machen. Aber der Weg dahin kann unglaublich lang sein.

Hilly von PALE, 2022: “Ich habe meinen Bass sieben Jahre lang nicht mehr angefasst.”

Im zweiten Song “Man Of 20 Lives” geht es dann um die Erkrankung von Stephan (Kochs, Anm. d. Red.). Ich fand das Stück im Vergleich zu dem oben genannten “Bigger Than Life” fast schon lebensbejahend positiv. War Euch das beim Schreiben des Songs so bewusst, bzw. eine bewusste Entscheidung?

Holger: Ich denke, das geschah unbewusst und hatte vor allem mit den unterschiedlichen Aussagen der beiden Songs zu tun. Bei “Bigger Than Life” ging es ja vor allem darum, die Trauer und das Gefühl der Ohnmacht über Christians Schicksal zu verarbeiten. Auf der anderen Seite sollte der Song aber vor allem auch das große Gefühl transportieren, dass Christian immer in unserer Erinnerung weiterleben wird und dass er für uns viel größer ist als das Leben.

“Man of 20 Lives” handelt im Gegensatz dazu vor allem darum, dem Held meiner Kindheit Danke zu sagen. Meinem Bruder Stephan. Bei uns beiden – den sich ewig streitenden “Mini-Gallaghers von Aachen” – ist das von meiner Seite aus immer zu kurz gekommen. Nach den beiden Diagnosen damals war der richtige Zeitpunkt ihm das auch so zu sagen. Und ich bin ihm für sehr viele Dinge dankbar.

Die vor kurzem veröffentlichte dritte Single “New York” wirkt etwas unpersönlicher. Welchen Stellenwert hat diese Stadt denn für Euch bzw. im Band-Kontext?

Holger: Auf den ersten Blick erscheint der Song wahrscheinlich als der unpersönlichste der drei, aber tatsächlich steht die Stadt hier als Synonym für das Leben. Und ist deshalb viel weniger ein Ort als vielmehr eine bestimmte Haltung. Die Zeile “When you knock me down, I’ll come back anyway.” bringt diese Sichtweise auf das Leben wahrscheinlich am besten auf den Punkt. Gerade nach den vergangenen drei Jahren und allem, was passiert ist.

Man merkt irgendwann, dass man bestimmte Dinge hinnehmen muss, während man eigentlich doch ganz andere Pläne hatte. Und trotzdem geht es irgendwie weiter und man versucht das Beste daraus zu machen. Wie wir zum Beispiel mit den Schicksalsschlägen und dem daraus resultierenden Album.

Das Album “The Night, The Dawn And What Remains” erscheint Ende November. Nach den drei tollen Singles erwarte ich ja nicht weniger als das Album des Jahres. Aber mal im Ernst, was erwartet die Hörer*innen? Und könnt Ihr etwas über die Produktion des Albums erzählen.

Holger: Wie oben beschrieben, haben wir uns wirklich viel Zeit für alles genommen – auch weil wir von Beginn den Plan hatten, dass es das letzte PALE-Album sein wird. Und trotzdem hat sich vieles auch manchmal ganz einfach angefühlt. Christian hatte zu einem neuen Song immer 4 bis 5 verschiedene Gitarrenarrangements – eins besser als das andere. Und auch das Songwriting und die Themen fielen uns wieder einfacher als früher. Wir hatten aber auch nichts zu verlieren.

Auf der anderen Seite haben wir aufgrund der Pandemie und unserer normalen Leben mit Job und Familie nicht wie früher gemeinsam proben können. Stattdessen haben wir sehr viel hin- und hergeschickt und das Ganze zu Hause einzeln eingespielt. Dass das Album trotzdem so gut geworden ist, lag vor allem an Daniel Klingen, der alle Songs produziert hat und irgendwie den großen Plan hatte.

Am 02.03.2023 werdet Ihr noch ein allerletztes Mal auf die Bühne gehen. Das Gloria in Köln ist, während ich dieses Interview vorbereite, schon so gut wie ausverkauft – mehr als vier Monate im Vorfeld. Hattet Ihr mit dieser unfassbaren Resonanz gerechnet?

Hilly: Nein, in keinster Weise haben wir das annähernd erwartet. Wir haben lange diskutiert, was wir machen. Eine Tour zur Platte, eine kleine Tour als Vorband für einen Grand Hotel van Cleef-Act, gar keine Live-Show. Die Entscheidung fiel dann auf eine einzige Show, die dann aber was Besonderes sein müsste. Mit Menschen aus unserer aktiven Zeit, um auch zusätzlich noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Letztendlich fiel dann die Entscheidung auf das Gloria, das man ja zur Not auch mit 400 Plätzen bestuhlt hätte spielen können, falls weniger Interesse bestanden hätte. Die Butze nach 5 Tagen restlos auszuverkaufen, ohne auch nur einen einzigen Special Guest bekannt zu geben ist unfassbar.

Könnt oder wollt Ihr uns verraten, was uns im März erwartet? Und auf was freut Ihr Euch eigentlich am meisten?

Hilly: Ein Konzert mit Gastmusiker*innen Freund*innen, Wegbegleiter*innen aus unserer aktiven Zeit in einem ausverkauften Gloria. Wir erwarten ein großes Klassentreffen mit jeder Menge Leuten, die wir seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Wir freuen uns auf alle Fälle ein Bein aus.

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