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Interview mit Panzer von Itchy zu „Ja als ob“

Man sieht es ihnen zwar nicht an, aber die drei Kerls von ITCHY gehören eigentlich schon zu den alten Hasen. Ansteckende Fröhlichkeit, smarte Texte und Wagemut zeichnen die Punkband ITCHY aus. Mit „Ja als ob“ legt das Trio nun sein erstes deutschsprachiges Album vor. Und, ja als ob da irgendwas schief gehen könnte. Wir sprachen mit Bassist und Sänger Panzer über deutsche Texte, Idole, Festivals und die Notwendigkeit im richtigen Moment den richtigen Leuten im Weg zu stehen.

Seit 2001 macht ihr zusammen Musik, was hat sich im Wesentlichen innerhalb der Band geändert?

Eigentlich glücklicherweise gar nicht so viel. Man mag es ja kaum glauben, aber wir sind tatsächlich auch nach 19 Jahren Bandgeschichte immer noch miteinander befreundet und freuen uns jedes Mal, wenn wir wieder zusammen im Bus sitzen und auf eine Show fahren. Das ist durchaus sehr angenehm. Es gibt ja ein paar, teilweise sehr berühmte Bands, die sich privat gegenseitig gar nicht mehr ertragen können und trotzdem noch Konzerte spielen. Bei uns dreien ist der Weg, bis wir irgendwann in getrennten Nightlinern auf Tour fahren, also noch sehr lang.

Wie seid ihr an das erste Album mit deutschen Texten herangegangen? Hört man sich einmal quer durch alle deutschen Texte, die man selbst gut findet?

Vor allem hört man sich zuerst nochmal den ganzen deutschsprachigen Kack an, der jeden Tag im Radio rauf und runter läuft, um sich klarzumachen, wie man am Ende nicht klingen will. Im Ernst: Da kann man ja auch nicht alle Künstler über einen Kamm scheren, aber uns war schon ganz früh klar, wie wir nicht enden möchten. Anschließend haben wir dann einfach mal losgelegt – Ohne allzuviel drüber nachzudenken wohin die Reise so geht. So sind dann auch ganz unterschiedliche Sachen rausgekommen. Von politischen oder gesellschaftskritischen Songs, bis zum Liebeslied ist alles drauf und ich finde es gut, dass es so vielseitig ist. Weil das Leben und auch wir selbst vielseitig sind und nicht nur in eine Richtung schauen möchten. 

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Panzer (Mitte): “ Bei uns dreien ist der Weg, bis wir irgendwann in getrennten Nightlinern auf Tour fahren, also noch sehr lang. „

Seid ihr euch von Anfang im Hinblick auf deutsche Texte einig gewesen und wie trefft ihr generell Entscheidungen innerhalb der Band?

Wir waren uns einig, dass wir das mit den deutschen Texten jetzt einfach mal  ausprobieren. Wenn es keinen Bock gemacht hätte, hätten wir einfach wieder auf Englisch weitergemacht, aber das war zum Glück nicht der Fall. Generell werden bei uns alle Entscheidungen demokratisch getroffen. Außer einer kann mit einer Mehrheitsentscheidung gar nicht leben. Dann wird darauf natürlich auch Rücksicht genommen. Sind ja keine Arschlöcher.

Ihr habt 50 (!) Songs für „Ja, als ob“ geschrieben, nach welchen Kriterien habt ihr dann aussortiert und was passiert mit dem übrigen Material?

Songs auszusortieren und wegzuwerfen ist wahrscheinlich das, was uns am wenigsten Spaß macht während des Albumprozesses. Wir haben am Ende aus 50 Songs die, unserer Meinung nach, besten ausgewählt und zeitgleich darauf geachtet, dass es ein buntes, vielseitiges Album wird. So ist vom typischen Punkrocksong, über ein paar Experimente bis zu ganz ruhigen Sachen alles dabei. Die aussortierten Nummern verschwinden zu 99% in einer Schublade und kommen da auch nie wieder raus. Vielleicht verkaufen wir die Schublade in ein paar Jahren mal an andere Künstler und werden irrsinnig reich. Theoretisch kann es ja sein, dass wir seit 19 Jahren alle Megahits aus Versehen weggeworfen haben. Zuzutrauen wäre es uns. (lacht)   

„Beyoncé & Jay Z“ , was genau wollt ihr uns mit dem Lied sagen? Nervt es euch, dass Musik häufig politisiert ist und immer seltener einfach mal Spaß macht und zum Kopf ausschalten dient?

Nein gar nicht. Ich wünsche mir -im Gegenteil- viel mehr Songs, die sich mit ernsthaften Themen beschäftigen. Musik ist die beste Möglichkeit Inhalte zu transportieren. Die Idee zu dem Text kam mir, nachdem ich ein Interview mit einer jungen Frau gesehen hatte, die erzählt hat, dass sie seit zwei Jahren ganz bewusst keine Nachrichten mehr konsumiert, weil sie die schlechten News jeden Tag immer so runterziehen. Das fand ich so absurd lustig und traurig zugleich, dass ich ihr das Lied geschrieben habe. Im Refrain wird ja vorgegaukelt, dass es sich im Song nur um „Drei Minuten Sicherheit und Leichtigkeit“ dreht. Die Strophen hab ich dann trotzdem mit all dem Scheiß vollgepackt, der jeden Tag auf unserer Welt passiert, damit sie um die Themen bloß nicht drum herum kommt. Man kann ja nicht einfach so tun, als gäbe es die ganzen Probleme nicht. Also kann man schon, aber das ist dann halt auch ein bisschen sehr dumm. 

Ihr seid Stuggis, gerade der Titelsong erinnert mich extrem an DIE FANTASTISCHEN VIER. Habt ihr einen Bezug zu der Band?

Oh wow, echt? Der Vergleich wäre mir jetzt tatsächlich garnicht eingefallen. Mit den Fantas haben wir aber schon ein paar mal gespielt. Das sind alles nette Kerle und vor allem Thomas D ist ein Spitzentyp. Außerdem sind die auch VfB Fans. Wir teilen also das gleiche Schicksal. Das verbindet.

 „Herzlich willkommen“ dreht sich um das Gefühl, wenn man sich auf Festivals mit allen Entbehrungen und Unannehmlichkeiten auf einmal richtig wohl fühlt. Wie ihr als Band überlebt, kann man ja in eurem Buch „How To Survive As A Rock Band“ nachlesen, aber welche Art von Festivaltypen seid ihr, wenn ihr eines besucht und nicht selbst dort spielt?

Tatsächlich war ich seit vielen Jahren nicht mehr privat auf nem Festival, weil wir ja im Sommer eh jedes Wochenende mit der Band auf einem rumhängen. 2001 war ich aber mal bei Rock im Park. Da hatte ich leider drei, durchaus wichtige, Stangen für mein Zelt vergessen. Nach einem provisorischen Kreativaufbau meinerseits sah das „Zelt“ dann ein bißchen aus wie Berlin 1945 und gleich in der ersten Nacht ist es dann komplett mit Wasser vollgelaufen. Seitdem mag ich nichtmehr auf nen Zeltplatz.

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