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Interview mit Smile And Burn über „Seid ihr stolz auf mich“

„Schlechte Laune, alles gut“ greift einen interessanten Fakt auf, nämlich den, dass es schon beinahe zum guten Ton gehört sich betroffen zu zeigen, auch wenn im Herz nichts (mehr) davon ankommt oder darauf keine Taten folgen. Erlebt ihr das in eurem direkten Umfeld in Berlin so, Doppelmoral ist das eher nicht, vielleicht Ignoranz, um sich zu schützen?

Echokammern und Blasen haben was mit Ignoranz zu tun, ja klar. Aber ich mag gar nicht mehr so gerne darüber reden, weil die selbstgefällige Berlin-Bubble zu kritisieren für uns zwar notwendig ist, weil wir Teil davon sind. Weil die Zweifel und die Selbstfindung uns manchmal in so eine Passivität treiben, die oft arrogant wirkt. Inhaltlich ist der Text die SAB-Homezone, unser Standardrepertoire. Aber: Wenn mir Philipp heute mit dem Text um die Ecke kommen würde, dann würde ich eher sagen: Ach komm, lass mal nicht machen.

Nach den letzten paar Wahlen bin ich eigentlich froh, dass es wenigstens zwei oder drei Bezirke im ganzen Land gibt, wo die Grünen die stärkste Partei sind. Ich weiß gar nicht, warum man ausgerechnet die dafür verantwortlich machen will, dass der Rest des Landes nach rechts rückt oder politisch allgemein zu wenig gehandelt wird. Man darf auch nicht vergessen, dass es für einige Milieus die einzigen Inseln in Deutschland sind, wo sie einen halbwegs glücklichen Alltag führen können. Ich kann den Reflex komplett verstehen, zu sagen: Alter, ne, kein Bock mich geradezumachen, kein Bock mit den AfD-Heinis zu reden, kein Bock auf Weihnachten am Elterntisch, lasst mich in Ruhe, Xberg-4-life.

Um mal die Prämisse umzudrehen, was habt ihr als Band gewonnen, indem ihr euch erstmals so intensiv musikalisch und textlich mit solchen Themen auseinandergesetzt habt? Mit Sicherheit kommt man da auch an unbewusste Erkenntnisse, die einem vielleicht sogar erst auffallen, wenn die Songs fertig sind.

Lustig, dass du die Frage genau so formulieren würdest, denn der Song passt vom Stil her eher auf die vorherige Platte, gerade wegen seiner Härte und der politischen Ansprache. Deshalb stand er auch auf der Kippe, weil es diesmal nicht ins Konzept passte. Ich habe lange überlegt, was „Alle verlieren“ mit Generationen und dem zurückblicken und der eigenen Geschichte zu tun haben soll. Dabei ist es sehr offensichtlich, dass es der eine Konflikt ist, den die nächste Generation und massiv vorwerfen wird, es ist unser Konflikt und einer bei dem wir als Europäer so etwas wie eine Kollektivschuld haben. Letztlich etwas, dass direkt Einfluss hat, wer wir als Person sind, weil der Verlauf des Konflikts sehr eng an unsere Moral und Glaubenssätze geknüpft ist, das können wir nicht von uns weisen. Der Gedanke kam mir erst ganz zum Schluss, ja.

Die etwas dystopische Betrachtungsweise euer Platte ist nachvollziehbar und leider auch angebracht, aber lasst uns mal positiv denken: Was hat sich denn in den letzten fünf Jahren geändert und unser gesellschaftliches Miteinander tatsächlich zum Besseren gewandelt?

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SMILE AND BURN 2024, Foto von Max Threlfall

Ich muss das korrigieren, weil zumindest die Albumtexte nicht dystopisch sind. Es ist vielmehr eine Art Tragödie, weil wir unsere Fehltritte nicht zwingend vermeiden können, weil das Wühlen durch die Emotionen und die komplexe Welt uns manchmal jeglicher Klarheit beraubt und weil wir auch die düsteren Seiten als Teil unserer Biografie hochhalten wollen. Deswegen fällt es auch nicht schwer, zu erkennen, dass in unserem Miteinander eine gewaltige Kraft steckt.

Wie viele Menschen sich nach der Pandemie wieder aufgerafft haben, wie viele Vereine es in Deutschland gibt, wie viele genossenschaftliche Betriebe, wie viele Protestformen und Bewegungen es gibt, gegen Rechts, für eine bessere Klimapolitik. Die politische Macht etwas zu verändern, die hinter dem Allen steht, ist viel größer als in unserer Jugend.

SMILE AND BURN ist kein Hobby, sondern beansprucht viel Zeit und Arbeit, finanziell fällt für Bands eurer Größe aber leider immer weniger ab. Was bedeutet euch die Band in solchen Zeiten?

Wir sind auch aufgestanden immer wieder, wir haben so hart gearbeitet, wie man eben als Band arbeiten kann. Zusammen diese Art von (sub)kulturellem Beitrag zu leisten, mit alternativer Musik und Texten, mit dem Gefühl, dass wir gerne etwas sagen möchten, mit einem anderen Umgang innerhalb der Musikindustrie und einem anderen Auftreten auf der Bühne ist zwar die einfachste Art, sich gesellschaftlich zu engagieren, aber es ist eben unsere Art und darauf sind wir stolz.

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