Trixsi Interview mit krachfink zu Frau Gott 2020

Interview mit Trixsi zum Album “Frau Gott”

Was konntest Du neu einbringen, Torben? Irgendwas, das bei HERRENMAGAZIN nicht ging?

Torben: Eigentlich, dass was Jörkk sagt. Wir hatten ja unseren Sänger als Hauptsongwriter und dadurch ist man immer in einer Art Korsett. Bei den Songs von HERRENMAGAZIN, die ich geschrieben habe, da hört man dann auch TRIXSI heraus. Zum Beispiel bei “In Toten Hügeln”, “Dein Wort” oder bei “Krieg”.

Du hast auch zusammen mit Paul von HERRENMAGAZIN jetzt die Songgerüste für TRIXSI geschrieben, richtig?

Torben: Richtig, wir hatten einfach angefangen und wussten erst überhaupt nicht, was wir tun sollen. Und Kristian Kühl hat dann allem nochmal einen richtig geilen Schliff gegeben. Ich bin normalerweise total eitel, was meine Sachen angeht, aber der Kühl kann alles damit machen und ich kann mein Ego voll abgeben. Bei HERRENMAGAZIN war ich da immer sehr pingelig. Und jetzt habe ich einen unfassbaren Output, so wie ich ihn noch nie gehabt habe. Mir kommen ständig neue Idee und letztens wurde ich von Paul wieder gerügt: ‘Torben, nicht noch ‘ne Idee, Alter’.

Trixsi-2020-Foto-von-Lucja-Romanowska
Trixsi-2020-Foto-von-Lucja-Romanowska

Jörkk: Und solche musikalischen Übereinstimmungen entdeckt man leider schlechter. Sprechen kann ja jeder Hörer und deshalb erkennt man meine Stimme auch schneller. Aber Gitarre spielen kann eben nicht jeder und deshalb erkennt man das bei den Instrumenten nicht schnell, wenn es bspw. nach HERRENMAGAZIN klingt. Auch, wenn es der gleiche Grad an Wiedererkennungswert ist.

Wie wichtig ist es für TRIXSI, dass ihr alle in der gleichen Stadt wohnt und euch kurzfristig treffen kann?

Torben: Sehr, es hat dafür gesorgt, dass man eine gewisse Naivität in der Musik wiederfinden konnte.

Gemeinsam stark am Glas macht auch viel aus, oder?

Torben: (lacht) Wobei ich der Einzige bin, der mit dem Auto zur Probe fährt.

Zur Probe hinfahren, das hat ja dann nichts zu heißen… Wenn man euch auf Instagram folgt, dann denkt man schon, es wäre eine reine Spaßband mit viel Alkohol als Inspiration.

Torben: (lacht) So richtig doof können wir dann auch nicht.

Aber manches habe ich noch immer nicht geschnallt, warum heißt es bei dem Song “Autobahn” im Refrain “…obwohl sie bis um sieben Uhr Sklaven waren”. Welcher Bürojob endet denn um sieben Uhr?

Jörkk (lacht): Ja, das kam einfach, weil fünf oder vier sich nicht so gut gereimt hat und ich zu faul war. Das klang einfach rein phonetisch nicht gut.

Und das ist wahrscheinlich echt der Unterschied zu den anderen Bands. Da hätten ihr die Zeile bestimmt ganz neu gemacht. Aber alle eure anderen Bands stehen ja für eine gewisse Ernsthaftigkeit und deshalb sucht man auch bei TRIXSI den Sinn. Auch um nicht dumm dazustehen.

Jörkk (lacht): Wir beide haben ja in den letzten Jahren schon öfter mal über den Klassenfahrtgedanken gesprochen, wie wichtig das und die Freundschaft bei Bands ist. Es klingt auch irgendwie abgedroschen, aber die Idee mit Freunden und einem Sixpack mittwochs in den Proberaum zu gehen, das war tatsächlich der Auslöser für TRIXSI und das steckt dann auch in der Musik drin. Also schon Saufi Saufi, aber das ist nicht wichtiger, als das Musikmachen. Wir könnten ja auch miteinander kicken gehen, aber wahrscheinlich sind wir an den Instrumenten doch noch besser, als am Ball.

Torben: Jörkk singt manchmal Sachen bei der Probe, da schauen wir uns nur überrascht an und fragen uns ‘singt er das jetzt wirklich?’. Ich bin riesiger Fan von seinen Texten und mag auch den etwas verpönten Song “Freibad” von LOVE A, auch wenn es musikalisch nicht der beste Song ist. Das hat für mich was unfassbar Tragisches und beschreibt verlorene Momente aus der Kindheit, das ist toll. Und solche Momente hat er auf “Frau Gott” auch geschaffen.

Jörkk: Wenn du gut über mich redest, dann wird deine Skype-Übertragung auch schärfer (lacht).

Über Zielgruppe habt ihr euch keine Gedanken gemacht?

Torben: Ne, überhaupt nicht. Wir sind froh, wenn uns überhaupt jemand zuhört. Wir sind zwar schon älter, aber wir sind alle keine Typen, die sagen, dass früher alles geiler war.

Außer in dem Song “7 oder 9”, da singt Jörkk, dass früher alles mamamamageil war.

Torben: (lacht) Ja, es war ja früher als Kind auch geil. Aber ich meine eher so Leute die sagen, dass früher die Musik auf jeden Fall viel geiler war und natürlich auch das Festivalbooking. Diese Leute nerven, es sind mittlerweile ganz viele und das hat so gar nichts Inspirierendes mehr, da langweile ich mich zu Tode.

Jörkk: Man sollte sich schon immer das hier und jetzt anschauen. Wenn man jetzt voll unglücklich ist, dann hat man wohl gestern eine falsche Entscheidung getroffen. Aber dann muss man das vor sich selbst auch zugeben und ändern. Ich stehe immer morgens auf und denke, dass es der beste Tag meines Lebens wird. Alles andere wäre ein ultimatives Eingestehen des eigen Scheiterns.

Stichwort “Verwertungsmaschine”, das sprichst Du in dem Song ja als Auslöser für den emotionalen Abstieg an. Das würde aber bedeuten, dass man, wenn man alt ist und aus dieser Maschinerie wieder raus kann, dass dann auch wieder alles geil wird. Wie groß ist die Vorfreude auf das Älterwerden?

Jörkk: Ich habe schon die Vorfreude darauf nicht mehr arbeiten zu müssen, allerdings weiß ich nicht, wie das wirtschaftlich werden soll. Wir hatten ja die Idee Rockstars zu werden, in einer Zeit, als man noch 10 Millionen Schallplatten verkaufen konnte. Und Rockstars waren wir, als kein Mensch mehr Schallplatten gekauft hat. Und so ähnlich ist das auch mit der Rente. Ich habe noch gelernt, dass man irgendwann nicht mehr arbeiten muss und dann Kohle kriegt und es sich schön machen kann. Nur wenn ich dann an dem Punkt bin, dann gibt es wahrscheinlich gar keine Rente mehr (lacht).

Und rein emotional, da kann einem dann ja auch vieles egal sein.

Jörkk: Egal nicht, man leidet eben nicht mehr direkt darunter. Ich versuche mich aktuell herauszuziehen, indem ich überlege, was ich zum Leben brauche und was ich genau dafür tun muss, um das zu erhalten. Also wie kann ich das Arbeiten gehen minimieren und mir möglichst viel Freizeit oder Freiräume verschaffen. Also eher so wenig wie möglich arbeiten, aber dann bis ich tot umfalle und nicht mehr bis zu einem gewissen Punkt sehr viel arbeiten, um dann nicht mehr arbeiten zu müssen.

Torben: Meine größte im Angst im Leben ist, dass ich krätzig werde und da arbeite ich ständig dagegen.

Gerade den Titelsong “Frau Gott” habe ich so interpretiert, dass es manchmal auch anstrengend ist, die gesteigerten Anforderungen umzusetzen. Es gibt viele wichtige Themen wie Rassismus, Klimawandel, Homophobie oder Gendern, das positiv umzusetzten bedeutet Anpassungen und Veränderungen auch – und sogar in erster Linie – von den Leuten, die nicht direkt betroffen sind.

Torben: Gerade das Gendern ist auch irgendwie eine Verwissenschaftlichung der Sache, das Sternchen setzen führt nicht dazu, dass es wirklich gelebt und verstanden wird. Man richtet den Menschen damit auch das Leben ein, indem sie gewisse Dinge nicht mehr sagen sollen. Das ist auch richtig und anders funktioniert es nicht, aber es ist trotzdem so, dass es viele nicht wirklich fühlen.

Jörkk: Wenn man Vater, der in keinster Weise homophob ist, wenn der einen Typen mit einem rosafarbenen Shirt sieht, dann sagt er, dass das schwul aussieht. Aber da gibt es dann viel weniger daran zu verurteilen, als wenn das ein Zwanzigjähriger sagt, der tagtäglich in der Berliner Clubszene unterwegs ist. Ich beschäftige mich damit, ich habe mich da anzupassen und kann nicht den jungen Leuten sagen, dass ich das nicht mehr machen muss. Genauso wie ich versuche mich zu informieren, sollte man bei einem Menschen Mitte 50 nicht alles auf die Goldwaage legen und gleich böse Absicht unterstellen. Da sollten sich die Jungen etwas milder zeigen und das erklären, sodass der andere die neue Information lernt und sich darauf einstellen kann. Toleranz muss immer von zwei Seiten erbracht werden.

Macht ihr euch eigentlich Sorgen, um unsere Clubkultur und darum, dass nach Corona gerade “unsere” kleinen Locations nicht überlebt haben?

Jörkk: Ich denke, wenn Du einen guten Job gemacht hast, dann treten auch viele Leute für dich einen Schritt nach vorne, so wie beispielsweise beim Bla in Bonn. Das heißt nicht, dass alle Clubs, die untergehen werden, in den vergangenen Jahren zwangsläufig etwas falsch gemacht haben. Aber man findet eben leider nicht für jeden Club eine so beherzte und unterstützende Freundes- und Fangemeinde.

Torben: Mir tut die Kulturbranche echt leid und ich bin froh, dass ich nicht als Kulturschaffender davon leben muss. Denen geht es echt schlecht und Labels geht es wahrscheinlich noch etwas besser, weil die Leute Platten kaufen können. Wobei auch natürlich niemand mehr mit Platten Geld verdient, das ist ja kein Geheimnis (lacht). Und über die erhältlichen Förderbeträge vom Bund darf man wohl nur Betriebskosten decken. Aber sie haben ja aktuell gar keine Betriebskosten, weil sie nichts machen können. Im Bund ist also kein Verständnis für die Realität von Kulturschaffenden.

Jörkk: Wenn man sagt, dass man von Beruf Musiker ist, dann lachen auch immer alle. Man hat das schon so gelernt, dass man dann ein Tagträumer ist. Das hat man immer schon selbst als Hobby bezeichnet, weil man wusste, dass es sowieso nicht ernst genommen wird. Da muss ein Umdenken stattfinden.

Es gibt aber auch Bereiche der Musikindustrie, für die es eine Chance sein kann.

Torben: Ja, Jörkk hat auch schon gesagt, dass in jeder Krise eine neue Chance steckt. Wenn es dazu führt, dass sich die Szene dann mal umstrukturiert, dann ist das ja gut. Die Krise war ja vorher auch schon da und wird jetzt nur sichtbarer. Gerade Subkulturen entstehen ja, weil nichts anderes da ist und was Neues her muss.

Jörkk: Natürlich schade um die Opfer, am manchmal ist man einfach so tief im Loch, dass es dann auch nur noch nach oben gehen kann. Und es gibt immer die Chance für einen Neuaufbau oder die Chance falsch gebaute Strukturen nicht zu wiederholen oder anders aufzubauen, sodass es bei der nächsten Krise sicherer ist. Wir haben da ja eine sehr sichere Beobachterposition. Wir hatten auch schon überlegt, unsere Veröffentlichung zu verschieben, man hat ja schon fast ein schlechtes Gewissen, da wir nicht finanziell auf die Musik angewiesen sind. Das liegt aber daran, dass wir von Anfang an die Chance und Hoffnung genommen bekommen haben. Jetzt nehmen wir ja aber als TRIXSI einigen Künstlern die Butter vom Brot, wenn wir eine Platte rausbringen und denen dann quasi das Publikum wegnehmen. Das muss man doch ein schlechtes Gewissen haben, wenn man überhaupt tätig sind. Für Leute wie uns, läuft es aktuell nicht so gut, aber es hängen ja keine Existenzen daran.

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