Interview mit Veva von False Lefty zur EP “You’re Welcome”
Drei Trommeln und drei Saiten. Vier Hände und vier Füße. Klingt wie ein Aufbau für eine simple Matheaufgabe oder einen drolligen Witz. Im Zusammenhang mit dem Duo FALSE LEFTY ergibt das aber total Sinn, denn das sind die scheinbar mageren Grundvoraussetzungen für ihre Musik. Gekrönt wird dieser Minimalismus aber von der Intimität, die sich in die frei gewordenen Leerstellen setzt und die Musik der Band wirklich besonders macht. Irgendwas flittert da zwischen Shoegaze, Post-Punk und einem Hauch Noise, der Anblick der beiden triggert natürlich auch sofort die Assoziation zu THE WHITE STRIPES.
Wer ist bei FALSE LEFTY dabei, woher kennt ihr euch und wie kam es dazu, dass ihr beide Musik jetzt zusammen macht?
FALSE LEFTY sind Tom an der Gitarre, Veva an den Drums und jede und jeder, der auch FALSE LEFTY sein will.
Dass wir nun Musik zusammen machen, ist sehr viel billigen englischen Dosenbier und Toms ewigen Tiraden darüber geschuldet, wie sehr ihn die aktuelle Musikszene langweilt. Toms einziges Interesse, seit er Teenager ist, ist Musik, und er steckte zuletzt in einer heftigen – wenn man so will – Kreativitätsblockade und hat sich immer und immer wieder gefragt, wie man das brechen kann. Wie man endlich weg kommt von dem Bild der vier meist männlichen Musiker in der klassischen Besetzung von Gitarre, Gitarre, Schlagzeug, Bass, die alle gute Musiker sind und alles richtig machen – aber irgendwie die Reibung, das Aufregende daran fehlt.
Und ich war halt betrunken und um ehrlich zu sein genervt, weil ich ja auch keine Lösung dazu hatte und hab einfach nur gesagt, dann soll er halt drei Saiten von der Gitarre abschneiden und ich – ohne Musikerfahrung – spiele halt jetzt Drums auf drei Trommeln. Dann ist alles wieder unperfekt und neu. Darauf haben wir angestoßen, weitergetrunken und die Idee auch wieder vergessen, bis Tom dann zwei Monate später mal was aus dem Proberaum holen musste und wir das einfach mal ausprobiert haben, ob’s funktionieren würde. Und nun ja, jetzt sind wir hier.
Was steckt hinter dem ungewöhnlichen Bandnamen, wirklich umerzogene Linkshänder?
Wenn man die schnelle Erklärung möchte, dann ja.
Wenn man die Lange möchte, ist der Name vielmehr eine persönliche Selbstreflexion: Wir sind die “falschen Linken “, denn politisch sind wir definitiv links, das steht gar nicht zur Diskussion, was uns aber fehlt, ist die kritische Auseinandersetzung der Szene mit sich selbst. Unser Eindruck ist, dass diese gerade nur aus lauter kleinen Lagern besteht, die einander ihre Existenz absprechen und mit einem gemeinsamen Ziel wenig zu tun haben. Wir wollen mehr Schulterschluss, Klassenkampf und Sozialismus und weniger wir-gegen-die-Mentalität. Das bedeutet aber auch, Kritik an der eigenen Szene zu üben und “falsch” sein zu dürfen. Ganz frei nach Roxane Gay: I would rather be a false lefty than no lefty at all. Daher auch die Ansage, jede und jeder ist FALSE LEFTY, wenn man es sein will oder sich auch so fühlt. Und wir kokettieren auch ja auch ganz bewusst mit dem Begriff “company”. (Anmerkung Original: I would rather be a bad feminist than no feminist at all.)
Ich bin mir sicher, dass eure Musik weniger flirrend und fragil wäre, wenn ihr nicht als Duo unterwegs sein würdet. Was ist für euch der größte Vorteil?
Wahrscheinlich genau das: Dass wir Platz lassen, auch flirrend und fragil sein dürfen. Das ist, was uns beim Spiel miteinander jedes Mal am meisten berührt und auch die häufigste Rückmeldung unseres Publikums ist. Obwohl wir wahrscheinlich im engeren Sinne als Punkband gelten, Tom laute Amps spielt und ich sehr große Trommeln – am Ende darf es immer auch ein bisschen zerbrechlich sein.
Gibt es auch echte Nachteile, vielleicht bei der Umsetzung auf der Bühne?
Ein wirklicher Nachteil ist uns bisher nicht begegnet. Natürlich beschäftigt uns die Frage, wie man die wenigen Elemente besonders groß, raumfüllend und nach viel klingen lässt. Das ist ja der Sound, den wir trotz des minimalen Prinzips haben wollen. Live bedeutet das viel körperlichen Einsatz von mir und viel Tretminentanz von Tom, da bei uns nichts vom Band kommt. Beim Mix bedeutet das, den 1176 Kompressor in den roten Bereich zu fahren – was aber eigentlich schon wieder Vorteil ist und darin auch der Reiz liegt.