J. M. Miro – Ganz gewöhnliche Monster – Dunkle Talente – Review
Mit “Ganz gewöhnliche Monster – Dunkle Talente” legt der Autor J.M. Miro seinen ersten Roman vor, gleich 800 Seiten hat er zu Papier gebracht. Sofort lässt sich ein gelungener Clash aus X-Men und Harry Potter erkennen, ohne seine Eigenleistung schmälern zu wollen. Es geht um Waisenkinder mit besonderen Fähigkeiten, die aus allen Teilen der Erde aufgespürt werden und in einer Schule, dem Cairndale Institut, lernen sollen, ihre Talente zu beherrschen.
Dass uns einzelne Komponenten durchaus schon bekannt sind und J.M. Miro sie lediglich anders angeordnet und die Leerstellen mit seinen Ideen aufgefüllt hat, tut dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch. Treten Sie ein, in eine triste, fantastische Welt, voller ungewöhnlicher Vorkommnisse und Kuriositäten.
Durch Raum und Zeit mit Außenseitern
“Ganz gewöhnliche Monster – Dunkle Talente” von J.M. Miro startet im England des 19. Jahrhundert. Man wird schnell in den Bann gezogen, von seinem detaillierten und starke Bilder im Kopf produzierenden Schreibstil. Man vergisst beim Lesen, dass man gar nicht in einem Kino sitzt. Nach und nach lernen wir die vielen Charaktere kennen, reisen rund um die Erde nach England, Tokio und Schottland, springen in den Zeiten und verirren uns trotzdem nicht. Im Mittelpunkt steht der blasse, wortkarge Junge Marlow, sein Talent äußert sich in einem mysteriösen, blauen Leuchten. Diese Begabung kann er beschützend oder vernichtend einsetzen. Aber natürlich ist das noch längst nicht alles. Obwohl er wenig zu Wort kommt, ist er doch der Dreh- und Angelpunkt der Story und man mag ihn auf Anhieb.
Die düstere Atmosphäre der größtenteils geschundenen und traumatisierten Romanfiguren, zieht die Leserinnen und Leser sofort in eine bedrückende Welt und Stimmung. Es lohnt sich, nicht zu hastig zu lesen, um die tiefgründige Handlung sacken zu lassen und auch mal dem ein oder anderen Brotkrumen zu folgen. Dabei kann man dann erfahren, was eine Daguerreotypie ist und lernt den “Spring-Heeled Jack” kennen. Eine kuriose, aber wahre Begebenheit über den echten Batman – wohl eher Bad Man – aus dem Viktorianischen England. Es gibt auch einige spaßige Szenen im Buch, mal offensichtlich und häufig subtil eingebracht.
Was macht ein Monster zu einem Monster?
J.M. Miro vermittelt über “Ganz gewöhnliche Monster – Dunkle Talente” die Tatsache, dass Talente belastend sein können und sich ein Monster vielfältig enttarnen und äußern kann. Rassismus, Armut, Wut und Gier werden im Roman von allen Seiten beleuchtet. Dem gegenüber stehen aber auch ungewöhnlich emotionale Beschreibungen von Reue, Freundschaft, Liebe und Güte. Wer gut und wer böse ist, ist allerdings nicht immer eindeutig klar und letztendlich Ansichts- und Auslegungssache. Schon nach einigen Seiten weiß man, dass diese Geschichte verfilmt werden muss! Die eingangs erwähnte, anregende Art des Erzählens von J.M. Miro, ist eine Steilvorlage für einen fantasievollen Blockbuster.
Auch die liebenswerten Charaktere und ihre Schicksale bieten eine Menge Stoff für einen guten Film. Die vereinzelten Splatterszenen werden allerdings dazu führen, dass sich dieser dann eher an Jugendliche und Erwachsene richtet. Man kann hier getrost von einem Geheimtipp sprechen und dieses Buch allen, die Lust auf einen dicken Wälzer haben, ans Herz legen.
Seiten: 800
Verlag: Heyne Verlag
ISBN-10: 3453322320
ISBN-13: 978-3453322325
VÖ: 13.10.2022
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