Lest die Review zu "Witaj" von JACKE SCHWARZ bei krachfink.de

Jacke Schwarz – Witaj – Review

Von Sekunde eins an sticht “Witaj” von JACKE SCHWARZ mit einer bemerkenswerten Intimität hervor. Diese nah am Ohr und Herz stattfindenden Aufnahmen, verleihen den Songs des Singer-Songwriters aus Berlin eine ungemeine Glaubwürdigkeit. Die Mischung aus Blues-Rock, Garage-Rock und Folk ist aufgetankt mit schmerzhaften Erfahrungen, immer schwankend zwischen in Verbitterung schlittern und doch noch mutig nach dem nächsten Strohhalm greifen. JACKE SCHWARZ bedient sich alltäglicher Sprache und schafft es trotzdem – oder gerade deswegen -, damit poetische Textzeilen zu basteln, die nachhallen.

Schon alleine durch die Musikarten bedingt, aber auch inhaltlich, findet “Witaj” fernab von aktueller Popkultur statt und ist nicht abhängig von Trends und Altersgrenzen. Die Älteren werden in “Ich will hier raus” Splitter von der Attitüde der TON, STEINE SCHERBEN hören, die Jüngeren vielleicht eher die Geradlinigkeit von SWUTSCHER oder das Intuitive von DIVING FOR SUNKEN TREASURES oder GOGOL BORDELLO in ihren ruhigeren Momenten .

Noch eine Runde in der Achterbahn des Lebens

Abgesehen von den üblichen Verdächtigen wie Gitarre, Bass und Schlagzeug, sorgen Mundharmonika, Percussion, Lapsteel, Mandoline, Orgel und Geige für angenehm dichte Atmosphäre. Im (passenderweise) von Windgeräuschen eingeleiteten “Winde” wird JACKE SCHWARZ auch stimmlich unterstützt. Irgendwann reißt sich der Song los, die Strukturen verwehen und werden ab einem bestimmten Punkt auch komplett gleichgültig. Passend, denn JACKE SCHWARZ singt über die Liebe, über deren Flüchtigkeit oder auch Verbindlichkeit und die damit verbundene Intensität.

Der Albumtitel “Witja” ist sorbisch, JACKE SCHWARZ singt einige Texte in sorbischer Sprache (“Čas Słuša Nam”, bedeutet sinngemäß: Die Zeit hört uns zu). In “Angst vor Fremden” wendet er sich an die xenophoben Menschen, die Augen und Herzen vor allem verschließen wollen, was nicht ihren kulturellen Vorstellungen entspricht. Eine Ausgrenzung, die zwangsläufig auch mit dem Kleinhalten der eigenen Erfahrungen im Leben einhergeht und schon alleine deshalb unfassbar dumm ist.

Die Zeit hört uns zu

Das abschließende “Nirgendwo” schlittert mit uns in einen Rausch, angetrieben vom Vermissen der Liebe, aber eben bereits mit dem Bewusstsein verbunden, dass ich irgendwo und du nirgendwo anstelle eines bisherigen wir zusammen ab jetzt Realität sind. Na ja und auf die Kombination solchen Songs und Alkohol werden die meisten schon zurückgegriffen haben. Es macht auch mal Spaß, sich kurz im Leid zu suhlen. “Witaj” von JACKE SCHWARZ ist ein schönes, warmes Album, das besonders dadurch überzeugt, was zwischen den Tönen steckt. Dass die Musik in einer Woche aufgenommen wurde, im alten Kuhstall in Nebelschütz und in vielen Nächten zuhause, macht sich positiv bemerkbar. Man spürt die Dringlichkeit und die Tatsache, dass es sich um echten künstlerischen Ausdruck handelt und nicht um ein gekünsteltes Projekt.

Dauer: 32:15
Label: Tomatenplatten
VÖ: 03.02.2023

Tracklist “Witaj” von JACKE SCHWARZ
Schmerzen
Draußen Um Die Ecke
Witaj
Winde
Angst Vor Fremden
Ich Will Hier Raus
Fischer Von Ouidah
Raus Aufs Land
Čas Słuša Nam
Intermezzo
Nirgendwo

Artikel. die Dir gefallen könnten:
Michael Feuerstack live im Weltempfänger Hostel Köln, 17.02.2023 – Konzertbericht
RON SEXSMITH – The Vivian Line
Michael Feuerstack kommt für zwei Konzerte nach Deutschland
MUMMY’S A TREE – New Song
PRETTY LIGHTNING – Dust Moves
Podcast Folge 23 mit MINE über “Hinüber”
BSÍ veröffentlichen Single “RELAX,BLA BLA”
PETER DOHERTY & FRÉDÉRIC LO – The Fantasy Life Of Poetry & Crime
MELTING PALMS veröffentlichen Video zum Song “Crimson Eye”
Podcast Folge 52 mit Sascha und Mike von SWUTSCHER über “s/t”
LINA MALY – Nie zur selben Zeit
KARL DIE GROSSE – Was wenn keiner lacht?
MINE – Hinüber
DAGOBERT – Jäger
KOJ – Home
ANNENMAYKANTEREIT – 12
ALEX ST JOAN – If I Forgive
KOMMANDO ELEFANT – Seltene Elemente
DEXTER – Yung Boomer
CHILDREN – Hype
Interview mit LINN KOCH-EMMERY über das Debüt “Being The Girl”
INGA HUMPE – Wir trafen uns in einem Garten
TASH SULTANA – Terra Firma
BONAPARTE – Was mir passiert
SCHMYT – Gift (EP)
MÄDNESS – Mäd Löve
CITY AT DARK – s/t
SLOE PAUL – Remote
girl in red – if i could make it go quiet
DANGER DAN – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt
LINN KOCH-EMMERY – Being The Girl
CHAOZE ONE – Venti
AUGUST AUGUST – Liebe In Zeiten Des Neoliberalismus

Tomatenplatten bei Bandcamp

4 Kommentare

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert