Janne Mommsen Das kleine Friesencafe

Janne Mommsen – Das kleine Friesencafé – Review

Der Autor Janne Mommsen arbeitete früher als Krankenpfleger, Traumschiffpianist und Werftarbeiter, was ihm in seinem Roman „Das kleine Friesencafé“ zugute kommt. Ein Großteil seiner Dialoge sind garantiert dem tatsächlichen Leben entnommen. Seinem schönen, empathischen Blick auf die Menschen und seine tatsächliche Ortskundigkeit der Insel Föhr, auf der der Roman spielt, sind definitiv die Stärken der Geschichte.

Mommsen hält eine gute Balance zwischen Liebesroman, Familiengeschichte und Urlaubsroman, die letzte Kategorie bedient er noch am besten und wahrscheinlich eher unbewusst. Tiefgang darf man allerdings nicht erwarten und „Das kleine Friesencafé“ krankt an einigen heftigen Kontinuitätsfehler. Schaltet man aber das prüfende Gehirn aus und lässt sich einfach von einer gewissen, blauäugigen Sorglosigkeit treiben, kann man eine gute Zeit mit dem Roman haben.

Vorhersehbar und wohlwollend

Nach einer kleinen Lebenskrise macht sich Julia auf die Insel Föhr auf, um dort die Vergangenheit ihrer verstorbenen Mutter zu erspüren. Schnell kommt sie mit den Bewohner*innen der Insel in Kontakt, fühlt sich heimisch und kommt ihrem Ziel, auch durch das Malen von Bildern, immer ein Schrittchen näher. Sie landete in der Nähe des frisch in den Rentenstand eingetretenen Witwers Kapitän Paulsen, der von der Begegnung weniger begeistert ist, als sie. Der Autor Janne Mommsen bedient wirklich jedes verfügbare Klischee im Hinblick auf die Beschreibung der einzelnen Insulaner*innen, die Örtlichkeiten und die durchaus effektiven, aber sehr erwartbaren sensitiven Beschreibungen von Düften, Haptik und Geschmack.

Die eingangs erwähnten Kontinuitätsfehler, kann man leicht überlesen, wenn man sich einmal darauf eingeschossen hat, sind sie allerdings sehr störend. Bei jeder eingeführten Person weiß man sofort, welche charakterlichen Verlauf sie erleben wird und welcher Platz ihr in der Geschichte zugedacht ist. Muffelige werden zu Liebevollen, vermeintlich Ominöse führen eigentlich nur Gutes im Schilde…

Liest sich leicht weg, aber auch etwas hingebogen

Janne Mommsen hebt in seinem Roman „Das kleine Friesencafé“ vor allem jegliche körperliche Eingeschränktheit auf, was er eventuell sogar bewusst getan hat, um etwas älteren Leser*innen einfach den Traum der ewigen Beweglichkeit aufrechtzuerhalten. Ältere Menschen nehmen Surfstunden, hängen einen ganzen Tag problemlos am Strand rum und fahren diverse LKW – die sie selbst be- und entladen können – vom Festland auf die Insel. Wenn einen das nicht stört, kann man als puren Zeitvertreib einer kurzweiligen Geschichte folgen und bekommt ganz nebenbei Lust auf den nächsten Ost- oder Nordseeinselurlaub, das liegt auch daran, dass Janne Mommsen viel Dialekt einfließen lässt. Großartige Überforderung durch überraschende Wendungen oder wirklich erschütternde Ereignisse sucht man vergebens. Das sollte aber nach einem Blick auf den Titel und den Klappentext aber irgendwie auch klar sein. Allerdings ist der Roman auch nicht sonderlich lustig oder sprachlich anspruchsvoll, liest sich also eher harmlos nebenher weg.

Seiten: 272
Verlag: KiWI-Verlag
ISBN-10: 3499003953
ISBN-13: 978-3499003950
VÖ: 16.02.2021

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