
John – Nocturnal Manoeuvres – Review
Das britische Duo JOHN legt nun mit „Nocturnal Manoeuvres“ ihr drittes Album vor. Schon 2018 konnte ich mich bei der Releaseparty von IDLES im New Slang in London von deren Livemacht überzeugen, dort waren sie nämlich Support. Glücklicherweise ist es den beiden gelungen, wieder die komplette Dominanz ihrer Symbiose auch auf Platte zu bannen. Wer keinen Ahnung hat, würde niemals vermuten, dass hier „nur“ zwei Musiker für die dichten, dunklen und äußert massiv drückenden Post-Punk-Hymnen verantwortlich sind.
Drummer und Sänger John Newton und Gitarrist und Sänger Johnny Healey wirken wie eine einzige Maschine, die ihre skandierenden Rhythmen ohne jeglichen, unnötigen Ballast und mit der Schlagkraft einer ganzen Armee nach vorne an die Front und uns dadurch ohne Widerrede an die Clubwand drückt. Das Intro holt weit aus, wirkt in etwa so, als ob die beiden sich aus der Ferne einklinken und erst einen weiten Weg zurücklegen. Die Zeiten, in denen sich fragwürdige Machenschaften möglichst geheim und in der Nacht abspielten, sind leider vorbei. Meinungskorridore haben sich – entgegen der Meinung vieler Kritikerinnen und Kritiker – nicht verengt, stattdessen sind die Grenzen des sag- und ungestraft tunbaren bedenklich erweitert.
Less talking, more action
Für „Sibensko Powerhouse“ holen sich JOHN Unterstützung von Bassist Adam von den IDLES. Man kennt sich, die Insel ist nicht groß und die Inspiration der zahlreichen Bands scheint stark zu sein. Man würde JOHN aber großes Unrecht tun, wenn man sie lediglich als einen weiteren Klon bezeichnen würde, denn schon alleine dadurch, dass sie ein Duo sind, steckt hinter „Nocturnal Manoeuvres“ eine ganz andere, unnachahmliche Power. Fans von Star Wars werden beim Namen Sibensko aufhorchen, der Wasserplanet war ein Tummelplatz für krumme Geschäfte, die vollkommen unbemerkt von der Regierung abgewickelt werden konnten.
Die Metaphern, die JOHN ziehen, sind teilweise skurril. Sie kritisieren schonungslos, um die Ecke und immer ausgewogen zur Musik. Beides funktioniert nur im Einklang, eines ist ohne das andere eigentlich nichts. JOHN schweifen auch nicht in Prosa ab und konzentrieren sich auch gerne mal über längere Zeit auf einen zugespitzten Satz. In manchen Momenten fallen uns JOHN an wie ein wildes Tier, Riffs und Drums legen sich fest um unseren Hals und machen es unmöglich zu entkommen („Jargoncutter“).
Kurz bevor die Hoffnung für immer verlischt
JOHN geraten nie ins Straucheln, machen den Sack immer schneller zu, bevor er platzt. Auf ihrem aktuellen Album „Nocturnal Manoeuvres“ sind sie noch akzentuierter und noch dunkler. Es gelingt ihnen, mit einem einzigen Riffs, den Songs jegliche Harmonie und Zuversicht zu entziehen („Haneke’d“). Das klingt nach maximalem, körperlichem Einsatz, wenig poliert und Wut, die direkt über Hände und Arme in die Songs fließt. So richtig aggressiv macht das Album nicht, auch nicht traurig.
Es fühlt sich eher an, wie in Noten gegossener Frust und der letzte Funken Hoffnung, kurz bevor er in der Ferne für immer verlischt. Man hat die Möglichkeit, für eine gute halbe Stunde in die Beobachtungsposition zu gehen und die ekelhaften Zustände von weiter weg zu betrachten. Freunde von METZ, TV PRIEST, USA NAILS und IDLES sollten hier auf jeden Fall anschnappen.
Dauer: 34:24
Label: Brace Yourself Records / Pets Care / Rough Trade
VÖ: 08.10.2021
Tracklist „Nocturnal Manoeuvres“ von JOHN
Return To Capital
Sibensko Powerhouse
A Song for Those Who Speed in Built-Up Areas
Haneke’d
Austere Isle
Jargoncutter
Stadium Of No
Power Out Of The Kingdom
Northwood Turret
Nonessential Hymn
Nocturnal Manoeuvres
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