Joseph Boys – Reflektor – Review
Sobald “Reflektor”, das neue Album der Düsseldorfer Punkband JOSEPH BOYS, Fahrt aufnimmt, ist man wieder in diesem ganz bestimmten zuckenden Takt gefangen. Ob man sich aus Wut, voller Elan oder vor Angst umgehend einreiht, ist nicht eindeutig klar. Dass es eine Parabel auf den Trott namens Leben und den verinnerlichten Herdentrieb ist, liegt auf der Hand. Die Band hinterlässt also wie immer einen bitteren Nachgeschmack. Das eint leider alle, die schlechte Nachrichten unverblümt überbringen. Dabei sind JOSEPH BOYS doch im Abgang immer lustig, wenn auch häufig zynisch gefärbt, und tanzbar ist die gute halbe Stunde auf jeden Fall.
Wer reflektiert hier eigentlich wen?
Den Promotext für das Album “Reflektor” von JOSEPH BOYS hat THEES UHLMANN geschrieben, ein großer Fan der Band. In einem seiner Bücher beschreibt der Musiker und Autor seinen eigenen Tanzstil. Bisschen grob, häufig mit geballter Faust und das ist auch die Marschrichtung, die JOSEPH BOYS mit ihrem knurrenden Bass und der schon fast stoischen Gitarrenwand vorgeben. Das ist Musik, die man zwar gemeinsam genießen kann, aber inhaltlich mit sich alleine ausmacht.
In dem Hit “Liebe du Schwein” schimmern Tendenzen zu MEAT WAVE durch. Eine amerikanische Noise-Punk-Band, der Gitarrist Andi S. nicht abgeneigt ist und die ihre Kompositionen auch rigoros bis auf das Nötigste minimiert. Die messerscharfen Paarreime, die Sänger Andi A. aus der Tasche zieht, sind schmerzhaft treffend und so naheliegend, dass man sie im Trott des Alltags doch fast immer übersieht. Dies eben nicht zu tun, ist die eigentliche Kunst.
Das Komplizierte ganz einfach erklärt
Und wieder finden JOSEPH BOYS Themen, die nicht schon mehrfach durchgenudelt wurden. “Superlativator” richtet sich an den Trend nicht nur den schönen Schein zu erhalten, sondern am besten noch heller und bunter strahlen zu wollen, als alle anderen. Egal, wie absurd die Steigerung ist. Das Phänomen von “Reisen Teilen Posten” kennen sicherlich auch viele. Schon während der Planung eines Urlaubes malt man sich im Kopf aus, wie cool dann die entsprechenden Bilder für Insta sein können. Nur doof, dass man bei der Positionierung im richtigen Winkel und im optimalen Licht vergessen hat, Land und Leute wirklich kennenzulernen, und ohne persönliche Bereicherung nach Hause kommt. Scheißegal, denn oft steht ja auch schon die caption (zu deutsch: Bildunterschrift) fest, bevor man in den Flieger gestiegen ist. Wir erkennen das bei anderen meistens, weil wir es selbst tun…
Braun und stinkt? Nein, kein Keks.
“Reflektor” von JOSEPH BOYS ist vorwiegend ein melodisches, tanzbares Album, wenn auch bewusst gehetzt und so dicht, dass man kaum atmen kann. In erster Linie ist es mal wieder superpeinlich, denn die JOSEPH BOYS ziehen uns, der ach so genialen Menschheit, mal die Hosen runter. Beim Opener “#Demokratie” steht alleine der grandiose Albumtitel für sich, merkste selber? Generell setzen uns die JOSEPH BOYS auf eine Gedankenschiene, die entlarvt, wie nah der Wahnsinn schon ist und wie doof grinsend wir ihn kollektiv befeuern.
Dauer: 33:43
Label: Rookie Records
VÖ: 05.08.2022
Tracklist “Reflektor” von JOSEPH BOYS
#Demokratie
Superlativator
Stadtdisko
Liebe Du Schwein
Minecraft
KennIchNicht
Detlef Dackel Bottrop
Reisen Teilen Posten
Brazilian Butt
Plastik
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