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Julia Bassenger – Schuhfabrik bleibt! – Review

Mit „Schuhfabrik bleibt!“ legt Julia Bassenger ein bemerkenswert intensives Debüt vor, das tief in die autonome Kulturszene Wiens eintaucht, in all ihrer Widersprüchlichkeit, Wildheit und Wärme. Im Zentrum steht die gleichnamige „Schuhfabrik“, ein alternatives Kulturzentrum, das als Begegnungsort für eine Vielzahl unterschiedlicher Charaktere dient: Menschen, die oft zerrissen sind, auf der Suche, geprägt von familiären Abgründen und inneren Kämpfen.

Der ewige Kampf ums Erwachsenenwerden

Bassenger, selbst Musikerin und ehemals bei PHAL:ANGST am Bass aktiv und jetzt bei TEMPORÄRE OBJEKTE, fängt diese Welt mit großer Authentizität ein. Ihre Sprache ist direkt, schonungslos und zugleich offen für Zwischentöne. Sie schreibt über Jugendliche, die erwachsen werden, über Erwachsene, die sich noch immer fühlen wie in ihrer Jugend, unsicher, tastend, verletzlich. Es geht um die Kraft der Musik, um Eskapismus, um Selbstbehauptung, um die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Und auch die auf der Buchfront gestaltete blaue Ratte spielt eine Rolle und auch die einleitende, wenn auch flapsig formulierte, Triggerwarnung ist durchaus ernst gemeint.

Die Szenen wirken teils wie aus dem echten Leben gegriffen, so realistisch, dass sie fast dokumentarisch erscheinen. Diese Unmittelbarkeit verleiht dem Roman große Kraft. Bassenger benennt in „Schuhfabrik bleibt!“, was oft verdrängt wird: Missbrauch, toxische Strukturen, Selbstzerstörung, aber auch Solidarität, Zärtlichkeit und spontane Menschlichkeit. Obendrauf kommen charmante österreichische Idiome, die die Dialoge noch echter und ungeschliffener wirken lassen.

Die Notwendigkeit von Widerspruch

„Schuhfabrik bleibt!“ von Julia Bassenger verdeutlicht eindrücklich, wie wichtig solche autonomen Räume sind. Als Orte des Austauschs, der Reibung, der künstlerischen und persönlichen Entwicklung. Die „Schuhfabrik“ wird dabei nicht romantisiert. Sie bleibt ein widersprüchlicher Ort: chaotisch, herausfordernd, lebendig. Genau darin liegt ihre Bedeutung. Julia Bassenger gelingt also mit „Schuhfabrik bleibt!“ ein Roman, der nicht nur durch seine Themen bewegt, sondern auch durch seine sprachliche Klarheit und emotionale Wucht überzeugt. Ein starkes literarisches Debüt mit Haltung – roh, ehrlich und unbedingt lesenswert.

Seiten: 300
Verlag: Glitzer & Grind
ISBN-10: 3950567909
ISBN-13: 978-3950567908
VÖ: 10.03.2025

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