Kollege Hartmann – Modus Mindestlohn – Review
Der Rapper KOLLEGE HARTMANN beschäftigt sich auf seinem neuen Album „Modus Mindestlohn“ mit den Tücken des Kapitalismus und dem daraus resultierenden Frust aller Arbeiter*innen, die für wenig Lohn ackern, damit anderen die Beute einsammeln dürfen. Allerdings spart er nicht aus, dass wir mit unserem ständigen Streben nach Anerkennung über Arbeit, Kohle und Statussymbole das ganze Spiel am Laufen halten. Klingt eigentlich nicht nach der besten Thematik, aber der KOLLEGE holt nicht nur inhaltliches einiges raus und besonders die musikalische Vielfalt kann überzeugen.
Work-Life-Balance im Ungleichgewicht
Man könnte ja hoffen, dass die Pandemie einige zum Umdenken gebracht hat. Viele konnten nun zum ersten Mal Luft schnappen, wurden durch die angeordnete Bremse dazu verdonnert, sich mit dem System auseinanderzusetzen und zu sehen, was passiert, wenn das Hamsterrad plötzlich stoppt. Mit seiner der lässigen Stop-and-Go-Autotune-Vorstellung „Mexikaner“ gibt KOLLEGE HARTMANN – aka Happy Harti – einen schönen Einstand. Seine Alltagsbeobachtungen (Schatz, bringst Du Brot mit von der Arbeit…) machen es leicht, an „Modus Mindestlohn“ anzuknüpfen.
Und mit dem hitzigen Beat-Dauerlauf von „Bike Punk“ lässt es sich auf jeden Fall schneller zur Frühschicht radeln. Allerdings vermischt KOLLEGE HARTMANN manche Themen echt wahllos, kommt von unterbezahlten Arbeiter*innen zum NSU, dreht Unterdrücktsein zum Punk. Das eine ist unfreiwillig, das andere hoffentlich freiwillig. Oder umgekehrt. Es geht ziemlich viel um Ballern, um die Unfähigkeit abzuschalten, seelische Überforderung und den Wunsch nach hemmungsloser Party, zum Ausgleich für das enge Alltagskorsett.
Ich muss mir Arbeit aufschreiben, aufschreiben, aufschreiben…
„Modus Mindestlohn“ von KOLLEGE HARTMANN wirkt wie ein grelles Paralleluniversum, gebaut aus einer spannenden Mischung aus Lässigkeit und Depression. Auch der KOLLEGE selbst wird in seinem Vortrag zum Chamäleon. Während er bei „Quality Time feat. LUISE FUCKFACE“ eher lasziv und cool wirkt, gibt er sich im darauf folgenden „Klaustrophobie feat. Luise Fuckface“ aufrichtig resigniert. Man sollte mit beidem was anfangen können oder auch einfach auf den Schein hereinfallen (wollen).
Dass man sich überhaupt für die unterschiedlichen Facetten von KOLLEGE HARTMANN interessiert, liegt daran, dass er alles beherrscht, was er anbietet. Egal ob Trap, Dance, Electro oder klassischen Hip Hop, alles ist stimmig, stark produziert und detailliert. Trotzdem hinterlässt „Modus Mindestlohn“ bei mir einen bitteren Nachgeschmack, wahrscheinlich weil ich die beschriebene Realität der (Selbst-)Ausbeutung eben so drastisch ehrlich ist.
Dauer: 39:31
Label: Eigenproduktion
VÖ: 23.07.2021
Tracklist „Modus Mindestlohn“ von KOLLEGE HARTMANN
Wankelmut
Schulterblick
Hämatom
Genuss feat. Haszcara
Trance
Mexikaner
Bike Punk
Dünnes Eis
Schnief
Quality Time feat. Luise Fuckface
Klaustrophobie feat. Luise Fuckface
Mindestlohn
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Ist Quality Time nicht auch mit Luise Fuckface? Genuss ist feat. HASZCARA.
Hi! Habe bei Harti direkt nachgefragt und du liegst richtig. Wurde angepasst. Gruß Nadine