Kontrolle – Zwei – Review
Als KONTROLLE – bestehend aus Daniel, Carsten und Andrew – mit ihrem Debütalbum „egal“ um die Ecke kamen, fielen sie sofort durch ihren ungewöhnlichen Sound und eine in jeder Sekunde spürbar kompromisslose Rigorosität auf. Kein Anbiedern, kein Schielen nach Trends. Einfach nur der pure Ausdruck von Frust, Beobachtungen und Kopfschütteln über den Irrsinn, den wir alle manchmal hinnehmen (müssen, um nicht komplett durchzudrehen). Nun stehen sie mit dem Nachfolger „Zwei“ in der Tür, das von Drummer Andrew gestaltete Artwork drückt den Kern der Kritik in das Gesicht aller, die nur einen kurzen Blick darauf werfen. Auch inhaltlich skandiert das Trio noch näher an der Wurzel, da wo es richtig weh tut. Sie setzen sich mit dem Abfuck aber auf einer ganz anderen Ebene auseinander, die nicht auf Anhieb für alle nachvollziehbar ist.
Kontern mit Überspitzung
Während sicher einige, die sich schon bei „Baumarkt“ am Kopf gekratzt haben, nun mit Daniels Texten gar nichts mehr anfangen können, kann ich eine bemerkenswerte Steigerung erkennen. Mit Dadaismus oder Tiefstapeln können sich KONTROLLE eigentlich nicht mehr herausreden. „Zugang zu Informationen“ ist eine durchdachte Schelle an die Verwirrten, die tatsächlich noch glauben, dass mit dem Feind zu schreien oder den Konsens nachzuplappern sie vor den zu erwartenden Konsequenzen retten könnte. Es geht darum, dass Diskussionen immer inhaltlich schwächer, komplexer, undurchsichtiger sind . Ablenkungen in unterschiedlichen Formen rücken dagegen immer näher und sind leichter greifbar. So treiben wir alle, mit unterschiedlicher Intensität und Intentionen, den nächsten Untergang mit an. Rot oder Blau? Am besten nimmt man doch einfach beide Kapseln.
Es bleibt karg
Zugegeben, die Texte von „Warentrenner“ und „Badeanstalt“ sind nicht auf den ersten Blick als ernsthafte Kritik erkennbar. Die Auseinandersetzung an einen solchen, vermeintlich absurden, Punkt zu führen, ist allerdings nur eine andere Variante des Widerstands. Der alte Grundsatz, dass man immer nur hört, was man hören will, trifft hier eindeutig zu. Aber klar ist, dass Daniel mit Sicherheit niemals beim Supermarkt um die Ecke die aktuellen Angebote einsprechen darf und auch keinen Abschluss in Warzenkunde anstrebt. Man darf KONTROLLE schon als destruktive Verweigerung gegen allgemeingültige Konventionen verstehen. Wieso sollte man eigentlich allen, die ungefiltert Müll rausplappern Verständnis entgegenbringen und ihre vermeintliche Argumentation ernsthaft aufgreifen?
Wer die deutsche Sprache nicht versteht, wird von den Kernkompetenzen der Band überzeugt. Neben der Vehemenz des Sängers punkten KONTROLLE auf „Zwei“ mit einem durchweg düsteren und massiven Wechselspiel aus Synthie-Wave und Post-Punk. Es ist Daniel, Carsten und Andrew tatsächlich gelungen, beide Extreme ihres Sound auszureizen. Mehr Dunkel-Punk („Ich drück mich aus“) auf der einen Seite, mehr hitziger Schrammel-Punk auf der anderen Seite („Aluminium“). Wenn ich KONTROLLE höre, habe ich das Bedürfnis, mich mehr zurückzuziehen und dem Drang zu erliegen, das Chaos einfach (vermeintlich) wissend und grinsend aus der Ferne zu beobachten. Einfach die Ansprüche bisschen herunterschrauben, dann geht vieles leichter.
Dauer: 42:44
Label: Holy Goat Records
VÖ: 18.06.2021 (digital), 23.06.2021 physisch
Tracklist „Zwei“ von KONTROLLE
Mein Platz bleibt leer
Zwei
Bleiben Sie ruhig
Freitag we’re in love
Warentrenner
Wir warten
Zugang zu Informationen
Badeanstalt
Minibar
Aluminium
Ich drück mich aus
Karg
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