Leprous Aphelion Artwork

Leprous – Aphelion – Review

Mit ihrem mittlerweile siebten Album “Aphelion” breiten sich die norwegischen Progger von LEPROUS noch weiter aus. Wie beim Vorgänger “Pitfalls” widmet sich das Werk inhaltlich den Depressionen und Ängsten von Sänger und Keyboarder Einar Solberg. Damit rückt er noch offensichtlicher ins Zentrum, seine Stimmgewalt dominiert, mit neuen Facetten, alle Kompositionen.

Ohne ihn geht nichts bei LEPROUS, was nicht bedeutet, dass die überragenden Leistungen seiner Kollegen zum Beiwerk degradiert werden. Dem Pop hat sich die Band beinahe vollkommen entledigt, den wirklich lauten Momenten aber irgendwie auch. Stattdessen haben sie eine schon fast cineastische Orcherstralmacht eingerückt, die von Prog eher leise, aber natürlich beeindruckend wie eh und je, flankiert wird.

LEPROUS 2021, Credit: Troll Troftenes

Weit weg von der Sonne

“Aphelion”, so der Albumtitel, damit definiert man, bei einem Planeten oder Kometen, als den weitmöglichst von der Sonne entferntesten Punkt. Eine passende Analogie für das seelische Befinden des Fronters. Seine Texte sind offensiv traurig und halten die bisher dunkelsten Stunden Solbergs fest. Äußerlich stark, aber in sich selbst eingeschlossen. Gefangen in negativen Gedankenspiralen, jeglicher Zuversicht beraubt, oft schien für ihn alles ausweglos. Den Pomp dann als verstärkendes, musikalisches Stilmittel zu wählen und die Ängste durch die Überzeichnung ad absurdum zu führen, ist eine gute Idee. Wird aber alle, die schon die Entwicklung der letzten beiden Alben nicht mitgehen konnten, vollends abschrecken.

Rundumpräsentation notwendig

Dabei ist das einleitende, herrlich anschwellende und orientalisch beleuchtete “Running Low” nicht weniger, als eines von LEPROUS’ vielen Meisterwerken. Die Demonstration davon, wie man Gefühle in Töne umleitet und umgekehrt. Aber eben auch so sensibel und künstlerisch hochwertig inszeniert, dass die Durchschnittshörer*innen schon schwer andocken können. Das auf die andere Seite ziehende “All The Moments” ist einfach zu viel für normale Konzert- oder Festivalbühnen, irgendwo ins Line-up gequetscht zwischen Bier aus Pappbechern und den üblichen Rockstarposen – das verdient eine kleinteilig durchdachte Aufführung, die sich nicht (nur optisch vollends) an die Band schmiegt und nicht umgekehrt. Welche Momente für immer vergehen, lässt er übrigens offen. Wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer.

Intensive, einseitige Betrachtungsweise

Es gibt durchaus ohrwurmtaugliche Songs, aber eben sehr viel balladeske und äußerst fragile Momente. Aufgenommen wurde in unterschiedlichen Studios und über einen längeren Zeitraum. Zerschnitten wirkt das Album trotzdem nicht, wahrscheinlich standen aber die einzelnen Songs eher noch nie so selbstbewusst alleine da. Die Monothematik überlagert die Musik allerdings stark und richtige offensichtliche Hoffnungsanker werfen LEPROUS auch nicht aus. Man muss zuhören, sich damit intensiv auseinandersetzen.

Die Offenheit in allen Ehren, aber schwer zu sagen, ob bei allen die gewünschte Wirkung eintritt und nicht alles noch auswegloser erscheint. Dunkelheit, Abgründe, der Spaziergang im Kopflabyrinth, das alles kommt an und auch musikalisch ist das Spitzenniveau, weil LEPROUS auch gar nicht mehr anders können, aber “Aphelion” ist auch sehr davon abhängig, dass Menschen diese Thematik aufgreifen und verarbeiten können.

Dauer: 56:06
Label: Century Media
VÖ: 27.08.2021

Tracklist “Aphelion” von LEPROUS
Running Low
Out Of Here
Silhouette
All The Moments
Have You Ever?
The Silent Revelation
The Shadow Side
On Hold
Castaway Angels
Nighttime Disguise

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