Leprous Teaser Stream

Leprous – Interactive Livestream im Cederberg Studio vom 09.10.2020 – Review

Die norwegische Prog-Band LEPROUS versucht sich mit ihrem Interactive Stream, direkt aus dem Cederberg Studio, von der Masse abzuheben. Mittlerweile sind Streams schon fast normal geworden, richtig gut sind nur wenige. Einfach die Instrumente einstöpseln und den Shit ins Netz ballern? Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Deshalb wird einiges für heute in Aussicht gestellt. Wer ein VIP-Ticket gekauft hat, darf am Voting für die 40 Songs starke Setlist teilnehmen und im Anschluss mit LEPROUS chatten. Vier einzelne Personen wurden zusätzlich per Los gezogen und können sich direkt einen Song wünschen.

02 Leprous Stream vom 09102020 Screenshot
“”Bei Prog geht es nur um Zählen, nicht um Gefühle”, Einar Solberg beim Livestream vom 09.10.2020

“Mehr dies. Mehr das, bitte”

Wie viele Menschen jetzt wirklich am Stream direkt teilnehmen, ist unklar. Aber die Kommentare prasseln von Anfang an in abartigem Tempo rechts über den Bildschirm. Man kann die Masse weder erfassen, noch die Kommentare richtig lesen. Aber man merkt sofort, dass es sich um kritisches Prog-Publikum handelt. Die Forderungen sind sehr konkret und fast ausschließlich auf den Sound bezogen: “Mehr dies. Mehr das, bitte”. Über normale PC-Lautsprecher ist der Sound wirklich nicht sonderlich prall und die backing vocals zu leise, über Kopfhörer allerdings ein Hochgenuss und die Kommentare kann man einfach ausschalten.

Baard von oben, LEPROUS Stream 09.10.2020, Screenshot

LEPROUS steigen mit “Chronic” ein, schon nach wenigen Minuten schwitzen alle unverhältnismäßig stark, was sicherlich an der Raumgröße liegt. Die Band ist in drei Ecken aufgeteilt, dazwischen tummeln sich Menschen mit Kameras, die man öfter im Bild sieht, was wirklich störend ist und – siehe BEHEMOTH vor einigen Wochen – auch vermeidbar gewesen wäre. LEPROUS scheinen etwas gehemmt zu sein, besonders Sänger/Keyboarder Einar schaut mehrmals verstohlen und unsicher in die Kamera. “Haben die Streamingdienste eigentlich auch eine Lösung für die peinliche Stille, die nach den Songs entsteht?”, will er wissen. Die Bands versucht mit Gesprächen untereinander zu überbrücken und überlegt, wie alt Drummer Baard Kolstad wohl bei der Entstehung von “Passing” war. Es stellt sich heraus; gar nicht mal so viel jünger als die anderen.

Über Kopfhörer grandioser Sound

Bassist Simen Børven ist der eindeutige Gewinner des Abends, so gut konnte man ihn wahrscheinlich auf noch keinem Konzert hören. Er scheint den Auftritt von Song zu Song mehr zu genießen und versinkt immer tiefer in seinem Spiel. Auch der Rest von LEPROUS wird immer lockerer. Der erste Gewinner wünscht sich “Echo”, der zweite möchte gerne “Slave” hören. Warum das so ist, begründet der Amerikaner in einer Videobotschaft sehr lange und euphorisch, aber deutlich zu ausführlich. Etwas ungeschickt, dass LEPROUS diese Pause zur Vorbereitung auf den nächsten Song und entsprechende Absprachen nutzen, ihr Ton aber weiterhin zu hören ist.

Zählen statt Fühlen

Es folgen überragende Performances von “Mirage” und “The Sky Is Red”. LEPROUS geben zu, nicht in bester körperlicher Verfassung zu sein. Simen kündigt einen lustigen Schwank an und die Kamera geht sofort in Volltotale auf Baard, der dementsprechend verwirrt, aber amüsiert, schaut. Vor “Acquired Taste” verfängt sich die Band in einem Fachgespräch, das kein wirkliches Ende findet. “Bei Prog geht es nur um Zählen, nicht um Gefühle”, setzt Einar einen klugen Punkt. Er fragt sich auch, warum die Fans genau die Songs in die Setlist wählen, mit denen sich die Band am schwersten tut. “Rewind” beherrschen LEPROUS allerdings blind und dementsprechend blasen sie das Publikum auch virtuell weg. Es gibt einige Momente, in denen die Band gemeinsam tief in ihrer Musik versinkt, dann kann man auch daheim einfach die Augen schließen.

Tricks abschauen, durch Nahaufnahmen.

Die Kamerafahrten sind immer ähnlich und alle Kameraverantwortlichen haben ständig Probleme, die Bandmitglieder auf Anhieb scharf zu stellen. Man hat den Eindruck, dass sich LEPROUS mit der Distanz nicht so wohlfühlen und am liebsten nur Songs gespielt hätten. Wunderkind Baard von oben zu beobachten, ist natürlich genial und auch die Detailaufnahmen auf Bass und Gitarre sind sehenswert. Alleine der Sound war schon den Stream wert und natürlich die Möglichkeit, die Band damit auch zu unterstützen, sodass auch nach der Pandemie wieder Livekonzerte stattfinden können.

Setlist “Interactive Livestream im Cederberg Studio” von LEPROUS
Chronic
Forced Entry
Moon
Passing
Echo
Slave
Mirage
The Sky Is Red
Acquired Taste
Down
Rewind
The Valley

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