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Manfred Groove – Hinter der Tapete – Review

MANFRED GROOVE. Ein Bandname, unter dem man sich eigentlich so gar nichts vorstellen kann. Es lohnt sich aber auf jeden Fall mal ein Ohr bei „Hinter der Tapete“ zu riskieren. Der Blick hinter die Tapete – in diesem Fall eine Metapher für die schöne Schicht, die über den wirklichen Untiefen der Menschheit gepappt wurde – ist gleichermaßen unterhaltsam und unangenehm entlarvend. Die beiden Manfreds Milf Anderson und YellowCookies geben den wirklichen Fick. Sie versuchen nicht zwanghaft cool zu sein und lassen den Zeitgeist auch musikalisch von rechts überholen, ohne angestaubt zu klingen.

MANFRED GROOVE, 2021

Ich lache und lauf gegen die Wand

Es geht um die Diskrepanz zwischen dem, was man gerne laut predigt, gerne für sich vereinnahmen möchte, aber unterm Strich doch so gar nicht ist. Ein Hoch mit dem Biokaffee auf den Mindestlohn auf der Plantage in Äthiopien. Wenn wir die Augen nur ganz doll zukneifen, dann wird sich schon alles zum Guten wenden. Aber was ist mit dem unangenehmen Blick in den Spiegel und den Schmerzen im eigenen Rücken („Schon komisch feat Stephan Sulke“)? Beides untrügliche Anzeichen für voranschreitendes Alter, genauso wie die Freude über eine blitzblanke Küche oder neue Socken zu Weihnachten.

Kapitalismus krault dir deine Eier

Doch MANFRED GROOVE pienzen nicht. Im Gegenteil sie feiern das Anderssein und achten immer auf das Groove in ihrem Namen. Das ganze Album ist ein dringender Tanzbefehl, ganz gleich ob doppelläufiger Funkalarm im Opener „Intron auch fein“, dicke Beats, lateinamerikanische heiße Rhythmen oder soulige Samples. Während der breitbeinigen Grooveflächen in „Ein Haus in den Bäumen feat. Jan Faati“ eher nach SEEED klingt, wünschen sich die Manfreds ein Haus in den Bäumen und kein „Haus am See“ wie damals PETER FOX. Einen Extrapunkt gibt es für die lässig gehauchte Panflöte in der ersten Strophe.

Den Zeitgeist ganz entspannt von rechts überholen lassen

Einige charmante, lyrische Perlen auf „Hinter der Tapete“ werden den Älteren vorbehalten sein. Die werden sich auch über alte Popwackelbeats wie den in „DreiZwoDreiZwo“ freuen. Direkt aus den Neunzigern eingeflogen, machen MANFRED GROOVE dicke Backen und verbreiten gute Laune. Wann ist im Takt Klatschen eigentlich peinlich geworden? Die deutlichen Worte in „Karl Heinz Riedle“, gegen alle, die gerne Scheiße labern, verstehen dann aber sicherlich wieder alle. Sechs Featuregäste lassen darauf schließen, dass MANFRED GROOVE gut vernetzt sind und sorgen für das ein weiteres Plus bei der Variabilität.

Langzeitwirkung durch Trendverweigerung

Mit frischen Sounds, wie dem Bassbrummen in „Lass mich“, beweist das Duo dann, dass sie nicht den Anschluss verloren haben, sondern ihren ungewöhnlich und teilweise herrlich anachronistischen Sound vollkommen bewusst so gewählt haben. Ähnlich wie der ICH-ZWERG – kennt denn noch jemand? – verweigern sich MANFRED GROOVE dem Trend. Da sie das auf hohem Niveau tun und mit Varianz gegensteuern, wirkt „Hinter der Tapete“ am Ende wohl länger als so manche ultrafreshe Hitplatte.

Dauer: 42:18
Label: Rummelplatzmusik / Kontor New Media – Edel
VÖ: 29.01.2021

Tracklist „Hinter der Tapete“ von MANFRED GROOVE
Intron Auch fein
Ein Haus in den Bäumen feat Jan Faati
Schon komisch feat Stephan Sulke
DreiZwoDreiZwo
Lass mich
Midtron 1 In der continental feat Bottom Lip
Es geht uns gut feat. Roger
Die Andern feat. Galv
Von was
Alles blinkt
Midtron 2 Beta Dreamboys feat. Jan Faati
Deine Meinung feat. Lemur Lena
Karl Heinz Riedle
Hinter der Tapete
Outron Flie Band Baby

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