Lest die Review zu "Die Unerhörten" von MESSER bei krachfink.de

Messer – Die Unerhörten (A Rarities Compilation) – Review

Anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens veröffentlicht die Gruppe MESSER mit „Die Unerhörten“ eine bemerkenswert interessante Compilation. „Something new, something borrowed, something blue“ – puzzelt man die Fragmente zusammen, ergibt sich, stellvertretend für Deutschlands sperrigste Post-Punkband, ein authentisches Gesamtbild ihres ideenreichen Schaffens. Wer zur Schnellverurteilung neigt oder alles abseits des Üblichen sofort in eine Ecke schiebt, wird sowieso irritiert sein von Hendrik Otrembas ganzheitlicher Kreativität. Die prallt wiederum auf das intuitive Musizieren der anderen Bandmitglieder und deren absolut grenzenlos-orthodoxe Musikalität. Es ist schon ungewöhnlich, dass sich Pogo McCartney, Milek, Hendrik Otremba und Philipp Wulf auf die absurde Gleichung einigen können, dass bei MESSER eigentlich fast alles möglich ist und sich trotzdem eine derart markante musikalische Handschrift erspielen konnten.

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MESSER, 2024 Foto Trocadero

Ein Messer für jede Gelegenheit

„Die Unerhörten“ startet mit „Was ist das“, einem zum Aufbruch motivierenden, typischen MESSER-Song, der seine Fühler fernab von jeder Schublade in alle Richtungen auszustrecken scheint. Zeitgeistige Einordnung spielt bei dieser Band keine Rolle. Dass der Weg für die Band auch anders hätte verlaufen können, zeigt sich dann mit Demo-Aufnahmen von „Ich war tot“ und „Das Versteck der Muräne“. Was heute wie eine erfrischend ungezügelte Version von MESSER klingt, ist die zaghafte Annäherung an das Mögliche.

Ziemlich bald verwischten MESSER – parallel zum Wachsen ihrer Diskografie – jede in den Sand gezogene Grenze mit einem lässigen Fußstrich, entfernten sich strikt von irgendwelchen Hamburger Schulen und dem üblichen Post-Punk-Gähn. Kritikerinnen und Kritikern konnten nicht mehr dagegenhalten, als Otrembas näselnden Gesang zaghaft zu bemängeln. Oder eben ihren zwanghaften Drang, alles verstehen zu wollen. Vieles aus Richtung MESSER versteht man allerdings erst Jahre später, wenn man sich an das Gestern erinnert oder die Zukunft uns eingeholt und eines Besseren belehrt hat.

Unermessliche musikalische Kompetenz

Mit „Bonnie and Clyde“ transformieren Otremba und DAGOBERT zum verführerischen Verbrecherpaar. Kurioserweise pumpen die beiden den Song mit mehr zärtlicher Romantik und knisternder Spannung auf, als damals Serge Gainsbourg und Brigitte Bardot. Herausragend sind auch die beiden Cover von DIE ERDE, der ehemaligen Band von Tobias Gruben und Horst Petersen, anlässlich des Films „Die Liebe frisst das Leben – Tobias Gruben, seine Lieder und die Erde“, der Grubens Schaffen und seinen Drogentod thematisierte. Otremba begibt sich in „Heroin“ in die Rolle der Droge selbst, hält perfekt die Balance zwischen Lovebombing und niederträchtigem Einlullen. Die Band umschwirrt uns gefährlich dicht mit der tranceartigen Melodie gefährlich, beinahe so dämonisch wie das Gift selbst.

Punk mit echtem Schneid

Dass MESSER Musikmachen als Eskapismus und zentrale Ausdrucksweise verstehen, manifestieren sie auch in „Idylle feat. Vaovao“. Ihr Ansatz beißt sich auf dem Papier mit den hochwertigen Pop-Klangwelten, durch die uns VAOVAO in betörender Klarheit führt. Auf „Die Unerhörten“ fügen sich dann die beiden vermeintlichen Pole und entpuppen sich in ihren Grundzügen doch als verdammt passend. „Die Unerhörten“ von MESSER bietet mitnichten musikalisches Kehrgut. MESSER verewigen auf dieser Compilation ihre schier unermessliche musikalische Kompetenz.

Dauer: 70:01
Label: Trocadero
VÖ: 14.03.2025

15 Jahre MESSER-Tour:

14.03.2025 Münster, B-Side
15.03.2025 Köln, Radio 674fm
16.03.2025 Göttingen, Dots
17.03.2025 Berlin, Schokoladen
18.03.2025 Mainz, Schon Schön
19.03.2025 Ulm, Gold
20.03.2025 Freiburg, Slow Club
21.03.2025 Wasserburg, Kinowerkstatt
22.03.2025 Nürnberg, Club Stereo
Support: Timm Völker

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