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Musa Dagh – s/t – Review

Das isses also, das erste Album von MUSA DAGH, dem Trio bestehend aus Aydo Abay, Thomas Götz und Aren Emirze. MUSA DAGH ist ein Berg in der Türkei mit geschichtlicher Bedeutung. Ob und in welchem Zusammenhang das mit der kreativen Rockmusik der Band steht, erschließt sich mir nicht sofort. Wenn der Gesang von Aday im Zusammenhang mit MUSA DAGH ertönt, denkt man erst, dass er gegen die Instrumentalmacht eventuell gar nicht ankommen könnte. Doch weit gefehlt, er kann nicht nur mühelos bestehen, er trägt auch wieder einen Großteil der Kompositionen mit seinem besonderen Gesang und seiner sanften Standhaftigkeit.

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MUSA DAGH, Foto von Christoph Eisenmenger, 2021

Jeder in seinem Takt

Mindestens zwei große Bands lassen sich zu “s/t” von MUSA DAGH als Referenz anpinnen und müsste man das Album in ein Jahrzehnt verorten… hallo Mitte der Neunziger! “Plural Me” erinnert an die zurückgelehnten Momente von SMASHING PUMPKINS auf dem ultraguten Doppelschlag “Mellon Collie And The Infinite Sadness”. Und im mühelos Wände durchbrechenden “Halo” von MUSA DAGH sind wir gefühlt bei den Brachialattacken von QUEENS OF THE STONE AGE zu Zeiten von “Songs For The Deaf”. Aber das alles nur als Orientierungspunkte für die Hörerinnen und Hörer, denn das hier lärmende Trio ist meilenweit entfernt von wirklichen Zitaten.

Kontraste und Detailreichtum

MUSA DAGH sind – wie sollte es bei der Besetzung auch anders zu erwarten sein? – rhythmusbetont unterwegs, ohne dass man von Noise oder Math sprechen könnte. Nur welche individuelle Stimmung der Rhythmus der einzelnen Beteiligten hat, das lässt die Band untereinander offen. Genau dadurch entstehen spannende Kontraste. Und so trommelt Thomas in “Like/Love” einen hitzigen Takt, der leichtes Kribbeln und Spannung in die Nackenhaare bringt, während Aydo die süße Seite von Liebe und Leben betont. Die kleine Weisheit “love everything you don’t like” können sich gerne alle mal merken. Aren wird zum Weltenwandler, springt von einer Szene in die nächste und gemeinsam eskalieren die Drei den Song dann, in mehreren Wellen, zum finalen Höhepunkt.

Viel zu entdecken und zu verarbeiten

Es gibt so viel zu entdecken auf “s/t” von MUSA DAGH. Schon die sich überkreuzenden Melodien im Opener “Coin Bank” sind grandios, die 1:1 Übertragung von mehr Schmerz im Song “Less Morphine” durch doppelt verstärke Gitarren-Drum-Schübe ebenfalls. Den harschen Ska in “Life Fucked Balance”, der darin stattfindende Marsch oder die gefühlte Entmaterialisierung von Aday, der sich in diesem Song die Tonleiter hoch- und dann wieder herunter arbeitet… eigentlich war bei jedem Durchlauf wie von Geisterhand ein neues Detail da.

Mein Highlight ist aber das düstere Instrumental “Musa Dagh”, von Doom-Gitarren flankierte Streicher schaukeln sich zu einer kaum auszuhaltenden Spannung auf. Der Song zerfließt in einem traurigen Klassik-Outro, das ohne Worte alles ausdrückt und spätestens hier haben wir mit Sicherheit den direkten Bezug zu dem tatsächlichen Berg, der 1915 Geflohenen während es Völkermords an den Armeniern als Zuflucht diente. Wirklich ärgerlich an diesem Album ist nur, dass die Chance, diese Band live zu erleben, verschwindend gering ist.

Dauer: 33:15
Label: Hayk Records/Cargo
VÖ: 26.11.2021

Tracklist “s/t” von MUSA DAGH
Coin
Superhuman Gift Shop
Less Morphine
Halo
Plural Me
I’m Fine Thanks
Like/Love
Life Fucked Balance
Kool Aid
Musa Dagh

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