Palm Reader Sleepless

Palm Reader – Sleepless – Review

Mit „Sleepless“ legen die Engländer von PALM READER ein außergewöhnliches, viertes Album vor. Eines, das man meint, direkt durchschaut zu haben. Vor allem dann, wenn man dazu neigt, alles was schreit und lärmt, in die gleichtönende Hardcore-Ecke zu schubsen. Und man muss schon sagen, ja PALM READER poltern mit dem Opener „Hold/Release“ ziemlich kompromisslos rein. Die hymnischen Flächen kommen schwer an, gegen die beinharten Riffs, die dominanten Basslines und den harschen Gesang. Scheint erstmal Standard zu sein, aber von wegen…

PALM READER 2021, Foto von Andy Ford

Mit Volldampf ins Dunkel

Mit dem folgenden „Stay Down“ djenten sich PALM READER standesgemäß ins Ohrwurmzentrum, reißen einen Graben nach dem anderen auf und lassen die Hörer*innen immer wieder unvermittelt ins vermeintlich Bodenlose fallen. Der Song steht massiv wie eine Betonwand und gibt trotzdem so gar keinen Halt. Dadurch erzeugt die Band eine Spannung, von der sich Genrekollegen wie ARCHITECTS heutzutage eine Scheibe abschneiden könnten. Doch schon mit „Ending Circles“ schlagen PALM READER ganz andere Töne an, werden stiller und breiten sich deutlich breiter aus. Aber eben mithilfe von Harmonien und vorgelegten Akkorden und weniger mit der anfänglich Brachialität.

Die Band dringt in alle Zwischenräume

Langsam wie Lava ergießen sich PALM READER in den folgenden Kompositionen immer mehr in alle Ritzen, werden immer zäher und immer unterschwelliger aggressiv. Der vermeintliche Liebessong „A Bird And Its Feather“ spielt herrlich mit den Gegensätzen, wirkt klaustrophobisch und trotzdem zart. Die vermeintlichen Glücksgefühle wandeln sich im Falle von Liebe manchmal in Abhängigkeiten und nicht selten wird man zu einem egoistischen Menschen, dem es nur noch darum geht „seine Liebe“ festzuhalten und so eng wie möglich an sich zu binden. Das zu vertonen, ist PALM READER perfekt gelungen.

Ein Album zu erarbeiten

Allerdings erreichen sie dieses Ziel auf Kosten der Eingängigkeit, denn „Sleepless“ ist mitnichten leicht zugänglich. Im Gegenteil, es dauert lange, bis man die Bläser am Songende genießen kann und bis man in viele Momenten die Bitterkeit der Inhalte richtig deutet. Das instrumentale „Islay“ scheint eine Art Zwischenraum zu symbolisieren. Eventuell auch das Loch, in das man nach emotionaler Anstrengung fällt? „False Thirst“ hat schon selbstzerstörerische Tendenzen, spätestens hier hat „Sleepless“ nichts mehr mit dem Anfang von PALM READERs aktuellem Album zu tun. (Anmerkung: Falls mir jemand sagen könnte, wie der Technosong heißt, von dem die Klaviermelodie 1:1 übernommen wurde, dann wäre ich sehr dankbar!)

An beiden Enden zerren

Der Gesang ist der einzige rote Faden und man muss sich durchbeißen, um die vielen Instrumente und Ideen, die im Verlauf des Albums addiert werden, als die Vertonung von Entfaltung und innerem Umbau zu verstehen. PALM READER haben es sich mit diesem Album nicht leicht gemacht und verlangen den Hörer*innen einiges an Fingerspitzengefühl ab, um die Tiefe erkennen und schätzen lernen zu kennen. Am Ende wirkt „Sleepless“ wie ein ungewolltes Konzeptalbum, das nur am Stück wirkt und mit „Both Ends Of The Ropes“ ein ungewöhnliches, an beiden Ende des Seiles zerrendes, Ende findet.

Dauer: 47:53
Label: Church Road Records
VÖ: 28.05.2021

Tracklist „Sleepless“ von PALM READER
Hold/Release
Stay Down
Ending Cycle
Willow
A Bird and Its Feathers
Islay
False Thirst
Brink
A Love That Tethers
Both Ends of the Rope

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