Lest die Review zu "Drift" von PIANOS BECOME THE TEETH bei krachfink.de

Pianos Become The Teeth – Drift – Review

Mit “Drift” legt die amerikanische Rockband PIANOS BECOME THE TEETHS nach langer Zeit mal wieder ein Album vor, das von vorne bis hinten mit Können und Kreativität überzeugen kann. Einerseits haben sie sich deutlich vom ursprünglichen Sound entfernt, den sie mit anderen Bands im Rahmen der Bewegung “The Wave” bildeten, andererseits kann man ihn immer noch unterschwellig spüren.

Genau wie bei TOUCHÉ AMORÉ und LA DISPUTE hört man Post-Hardcore als stabiles Wurzelwerk deutlich heraus. Wenn David Haik Schlagzeug spielt, dann ist sein Spiel immer von dieser ganz besonderen Dynamik geprägt. Auch wenn der Gesang von Kyle Durfey ruhiger und wärmer klingt – und übrigens extrem an Morrissey erinnert – dann hat doch jede Silbe den nötigen und angemessenen Biss und Nachdruck.

Die Geschwindigkeit unter Kontrolle

“Drift” – unter anderem eine Technik aus dem Motorsport, bei dem man versucht trotz hoher Geschwindigkeit die Kontrolle zu behalten – ist herrlich vielschichtig, rhythmisch vertrackt und auch die Botschaften kreuzen sich. PIANOS BECOME THE TEETHS haben ihr Kompositionskaleidoskop aber fest im Griff, scheinen genau zu wissen, in welche Richtung man drehen muss, um Pracht und Fülle zu erschaffen. Ein Hauch in die falsche Richtung und Songs wie das in jeder Hinsicht perfekte “Genevieve” wären total überladen und unbrauchbar gewesen. Alles in “Drift” fasst ineinander, jedes Knistern, jeder Eulenruf, jedes Delay und jedes noch so banale Geräusch scheinen zwingend notwendig zu sein.

Das Album fühlt sich an, wie ein mentaler Absturz. Wie der Auftakt zum intensiven Blick nach innen und hinten, zum Grübeln und (beinahe) Verzweifeln. Die ausgefransten Songenden und das Fingerspitzengefühl für laut und leise, sorgen dafür, dass sich “Drift” so anfühlt, als würde es niemals enden. Trotzdem geht man gestärkt und schon fast gereinigt aus dem Album raus.

Easy, nur in schwer

“Easy” ist einer dieser auffallenden vielfältigen Songs, den man gerne exemplarisch hervorheben kann. Der klickende Drumtakt, den David Haik vorgibt, ist alarmierend und beruhigend zugleich. Darauf setzt sich eine zerbrechlich gezupfte, akustische Gitarrenmelodie, die auch alleine bestehen könnte. Nach und nach schließen sich Naturgeräusche und eine Ode an das Zweifeln an. Kyle Durfey fährt förmlich aus sich heraus und spaltez seinen Ausdruck in drei verschiedene Varianten.

Am Ende des Liedes ist man einfach nur geflasht von diesem schlichtweg überwältigen Geschick, wie ungewöhnlich verwirrend und gleichzeitig folgerichtig man einen Song aufbauen kann, der dann auch noch ironischerweise “Easy” heißt? PIANOS BECOME THE TEETHS trauen sich wirklich etwas, vertrauen vor allem auf ihr Können und beeindruckendes Zusammenspiel. Das offensiv rockende “Hate Chase” wirkt da allerdings schon fast baurig im Vergleich zu den anderen Songs.

Vertrauen in die Orientierungslosigkeit

Wenn “Mouth” im Refrain komplett auffächert, ist das ein schöner, aber auch gewöhnlicher Moment. Extravagant wird es dann im letzten Drittel, wenn die Band einen Beat in schimmernde Harmonien rennen lässt und man jegliche Orientierung für den Song verliert. Dann kann und muss man sich vollends fallen lassen, der Band vertrauen. Von hier an blind. Und es lohnt sich, denn getreu des Albumtitels, scheint die Band den “Drift” im Griff zu haben.

Ohne die Leistung von Kyle Durfely infrage zu stellen, aber diese Platte würde auch in vielen Momenten komplett ohne Gesang überzeugen können, denn es wird überwiegend oft nonverbal ausreichend kommuniziert (z.B.”Skiv”). “Drift” von PIANOS BECOME THE TEETHS ist ein wirklich außergewöhnliches Album, das mit Sicherheit gerade in den dunklen Tagen vermehrt zum Einsatz kommen wird.

Dauer: 37:04
Label: Epitaph | Indigo
VÖ: 26.08.2022

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