Lest die Review zu "Keine Zeit" von PLEIL bei krachfink.de

Pleil – Keine Zeit – Review

Es ist schon interessant zu merken, von wie viele Faktoren der Erfolg einer Platte abhängen kann. Wäre “Keine Zeit” des deutschen Singer-Songwriters PLEIL im gleichen düster-trüben Zeitraum erschienen wie der Vorgänger “Die Spur des Kalenders”, der Zugang wäre ein leichterer gewesen. Die aktive Introvertiertheit ist weiterhin interessant, aber aktuell wollen sich doch die meisten von dem schönen Schein blenden lassen, dass man eine trügerische Normalität mit Sommer, Sonne und Festivals leben kann.

PLEIL überzeugt aber weiterhin mit doppelten, lyrischen Böden, musikalisch ist er lockerer und einfallsreicher, allerdings gleichen sich die Gesangslinien der einzelnen Songs dieses Mal mehr.

Verpasste Abenteuer und eingegrenzt

“Depressive Komödianten” ist die höchstmögliche Ausprägung des maximalen Augenzwinkerns auf “Kein Zeit”, das Artwork der Platte versinnbildlicht tatsächlich eher die herrschende Stimmung. Das Motorrad unter der Haube steht sinnbildlich für das verpasste (oder vom Leben abgesagte) Abenteuer, alles in schwarz-weiß deutet auf eine melancholische und hoffnungslose Grundstimmung hin, die ganze Szene ist eingekesselt von ausschließenden und unterschiedlich angeordneten Grenzen, die wenig attraktiv wirken.

Bei der letzten Veröffentlichung war hier bei krachfink.de von “Anregung der Gedankenachterbahn” die Rede, dieses Mal gibt PLEIL uns Rätsel vor und kryptische Refrains an die Hand. Die Musik pendelt weiterhin in irgendeiner Art Zwischenwelt, zu groß für die Fußgängerzone und zu minimal für die schwenkenden Feuerzeuge.

PLEILs Kampf gegen die Tristesse

Mit seinem melodisch-melancholischen Gesang, scheint sich PLEIL gegen die eigene Tristesse lehnen zu wollen, wirkt wie der Fels in der Brandung mit seinem klaren Gesang. Einige Songs (“Der letzte Mensch”, “Und es brennt”) hätten aus meiner Sicht noch mehr Potenzial gehabt und eine viel dichtere Stimmung vertragen können. Weiterhin bleibt der Eindruck, dass PLEIL hier einen Haufen sehr gute und zu 95% fertige Demos vorlegt, aber dringend eine Band braucht, die ihm hilft, die Musik auszuschmücken und mit eigenen kreativen Ideen dichter und besser zu machen. “Keine Zeit” kann viel mehr sein, als ein Album, das eine Fußspitze über die Grenzen des Singer-Songwriter-Spektrums zu strecken.

Bin schon gespannt, wie sich “Keine Zeit” von PLEIL im Herbst anfühlt, wenn die Ernüchterung ballert und die Tage wieder grauer werden. Das wird auch der eingekesselte Sound wieder passen und sich behütend anhören.

Dauer: 29:26
Label: Timezone Records
VÖ: 01.07.2022

Tracklist “Keine Zeit” von PLEIL
Aus dem Off
Depressive Komödianten
Keine Zeit
Das neue Kino
Sohn des Zeus
Der Riese
Der letzte Mensch
Hundkatzemaus
Und es brennt
Schön dich zu sehen
Zimmer frei
Das Offensivmoment

Artikel, die Dir gefallen könnten:
PLEIL – Die Spur des Kalenders
THE WORLD IS A BEAUTIFUL PLACE & I AM NO LONGER AFRAID TO DIE – Thank You For Being Here
Podcast Folge 83 mit SEBASTIAN MADSEN über “Ein bisschen Seele”
EXAKT NEUTRAL – 13 Wunde Punkte
ACHT EIMER HÜHNERHERZEN – album
AUGUST AUGUST – Liebe in Zeiten des Neoliberalismus
Interview mit NATHAN GRAY über “Rebel Songs”
BRIAN FALLON – Local Honey
SEDLMEIR – Senioren gegen Faschismus
VAN KRAUT – Zäune aus Gold
Interview mit LINN KOCH-EMMERY über das Debüt “Being The Girl”
RADIO HAVANNA – VETO
ALEX MOFA GANG – Ende offen
TIGER LOU – Troube & Desire & B-Sides
LILLY AMONG CLOUDS live in der Halle 02 in Heidelberg am 18.12.2020
LILLY AMONG CLOUDS – Green Flash
ILGEN-NUR – Power Nap
Interview mit ACHT EIMER HÜHNERHERZEN zu “album”
MANCHESTER ORCHESTRA – The Million Masks Of God

PLEIL bei Facebook

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert