Nach vorn nach Süden Sarah Jäger

Sarah Jäger – Nach vorn nach Süden – Review

Die Autorin Sarah Jäger legt mit “Nach vorn nach Süden” ihren ersten Roman vor, der sich eher an eine junge Zielgruppe richtet. Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine zusammengewürfelte, junge Truppe Aushilfsmitarbeiter eines Supermarktes. Eine Gruppe, die zwar gerne gemeinsam Zeit im Hinterhof der Filiale verbringt, in der aber jeder und jede seine unausgesprochenen Komplexe, Ängste und grauen Gedanken mit sich spazieren trägt.

Als Jo plötzlich verschwunden ist, finden sich einige zu einem etwas unbeholfenen und schlecht ausgestatteten Suchtrupp zusammen. Jedes Reisemitglied hat andere Intentionen für die Teilnahme daran, welche genau, wird erst im weiteren Verlauf enthüllt.

Hürden vorprogrammiert

Dass komplexbeladene und finanziell nicht dick ausgestattete AushilfsmitarbeiterInnen nicht mühelos mit den unvermeidlich zu erwartenden Stresssituationen klar kommen, war zu erwarten. “Nach vorn nach Süden” baut genau auf diesen, teilweise charmanten, Unzulänglichkeiten auf. Sarah Jäger versucht ihre Charaktere auf diesem Weg und mit entsprechend tragischen Backstories den LeserInnen nahe zu bringen. Das funktioniert teilweise, vieles bleibt aber zu vage und kratzt nur an der Oberfläche.

Die zahlreichen popkulturellen Referenzen geben “Nach vorn nach Süden” eine unvermeidbare Haltbarkeitsdauer. Das Buch liest sich leicht, das zu erforschende Ende – Wo ist Jo? – hält die Aufmerksamkeitsspanne natürlich hoch. Nach und nach gesellen sich immer mehr Personen zum Suchtrupp und richtig kurzweilig wird “Nach vorn nach Süden” dann, als die Suche auf einem Festival eskaliert. Hier entwickelt sich ein liebenswertes, komisches Chaos und man bekommt zum ersten Mal etwas Zugang zu den einzelnen Charakteren. Eigentlich geht “Nach vorn nach Süden” erst im letzten Drittel richtig los.

Kurzweilig, aber ohne viel Nachhall

Das tatsächliche Ende hält dann leider nicht, was der Weg bis dahin in Aussicht gestellt hat. Die Charaktere sind nicht alle vollkommen blass, aber teilweise schrecklich egal und nicht fesselnd oder uninteressant. Es fehlt an Brüchigkeit und ein Drittel der beschriebenen Personen bringen die Geschichte überhaupt nicht weiter. Das gelang Wolfgang Herrndorf mit “Tschick” deutlich besser, da er auch die Anzahl der Charakter sinnvoll beschränkt hat. Sarah Jäger versucht aber so viel Diversität wie möglich einzubringen und bedient dabei leider einige wirklich platte Klischees. Für einen Nachmittag auf dem Balkon, im Schwimmbad oder in der Badewanne, ist “Nach vorn nach Süden” durchaus bestens geeignet. Wirklich berühren kann es allerdings nicht und der Kern der Sache ist zu überlagert von unnötigen Nebensträngen.

Seiten: 224
Verlag: Rowohlt
ISBN-10: 3499002396
ISBN-13: 978-3499002397
VÖ: 10.03.2020

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